Liebe Leserinnen und Leser,

auf dem Notenbankertreffen am 27. August in Jackson Hole hat die Fed ihr neues Inflationsziel bekanntgegeben und damit einen historischen Strategiewechsel eingeleitet. Gerade mal einen Monat später wollen die ersten Mitglieder der EZB bereits dem „Vorbild“ der US-Notenbank folgen.

Nach einer weiteren verlustreichen Börsenwoche nimmt die Nervosität bei Anlegern deutlich zu. So ist der DAX in der vergangenen Woche um 4,9 % eingebrochen. Das hat einmal mehr gezeigt, dass es ohne immer neue und größere Geldspritzen der Notenbanken, allen voran der Fed, keinen Aufwärtstrend an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks geben kann.

Die weiteren Gründe für die aktuelle Börsenschwäche, gerade die rapide schwindenden Aussichten auf ein US-Konjunkturprogramm, können Sie in dem Beitrag „US-Wahl schürt Sorge vor Ausweitung des Kurseinbruchs am weltweiten Aktienmarkt“ nachlesen. Ebenso wie der Aktienmarkt war zuletzt auch der Goldpreis unter deutlichem Verkaufsdruck. Das können Sie in dem Beitrag „Erholung des Dollar und Einbruch am Aktienmarkt drücken Gold auf Zwei-Monats-Tief“ nachlesen.

Geldmenge in der Eurozone wächst rasant

Umso gespannter verfolgen Investoren allmonatlich die Veröffentlichung der EZB zur Geldmengenentwicklung. Denn umso schneller die Geldmenge steigt, umso schneller wird der Euro entwertet und umso mehr treibt das die Preise von Sachwerten wie Aktien, Immobilien und Gold nach oben.

Laut der EZB ist die breitgefasste Geldmenge M3 im August um 9,5 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen, nach 10,1 % im Vormonat – eine erhebliche Euro-Schwemme und das während sich die Wirtschaft von der schwersten Rezession seit Jahrzehnten erholt. Dabei trugen einmal mehr die Kredite an die Länder der Eurozone mit 6 Prozentpunkten den Löwenanteil bei – sprich die massiven Käufe von Staatanleihen durch die Banken, die die Papiere prompt an die EZB weiterverkaufen.

Immobilienpreise explodieren

Die horrenden Folgen dieser Euro-Schwemme kann jeder sehen, der regelmäßig zum Einkaufen geht oder darüber nachdenkt sich ein Haus zu kaufen. So waren die Immobilienpreise in Deutschland im August – obwohl die Wirtschaftsleistung trotz der kräftigen Erholung noch weit unter dem Niveau von vor dem Beginn der Corona-Pandemie liegt – nach oben geschossen und haben damit einmal mehr ein Rekordhoch erreicht.

Laut dem Europace-Preis-Index sind die Preise für Eigentumswohnungen im August um 11,4 % gegenüber dem Vorjahr explodiert, bei neuen Ein- und Zweifamilienhäusern lag das Plus bei 8,0 % und bei bestehenden sogar bei herben 12,4 %. Der Index basiert auf den Transaktionsdaten des Europace-Marktplatzes. Über ihn werden jährlich Finanzierungen von mehr als 60 Mrd. Euro abgewickelt.

Damit pumpt die EZB die Immobilienblase in Deutschland immer weiter auf, denn auf der verzweifelten Suche nach Rendite stecken Investoren und Sparer ihr Geld in Immobilien. Bei einem Geldmengenwachstum von rund 10 % sollte ein Anstieg der Immobilienpreise um rund 10 % niemanden überraschen oder?

EZB will dem „Vorbild“ der Fed folgen

Offensichtlich genügt der EZB diese massive Geldentwertung aber nicht, die EZB will die Inflation noch viel stärker anheizen als ohnehin schon. So hat der Chef der französischen Notenbank und EZB-Mitglied Francois Villeroy de Galhau laut der Nachrichtenagentur Bloomberg zuletzt die Bereitschaft signalisiert, das Inflationsziel der EZB zu ändern. Nach der Fed unterzieht nun die EZB ihre geldpolitische Strategie einer Überprüfung.

Das aktuelle Ziel von „unter, aber nahe 2 %“ werde oft als eine Obergrenze missdeutet, es solle aber als ein symmetrisches Ziel interpretiert werden. „Als Konsequenz daraus könnten wir bereit sein für einige Zeit Inflationsraten von mehr als 2 % zu akzeptieren“, sagte de Galhau. Das Ergebnis dieser Politik wäre praktisch das gleiche wie das neue Inflationsziel der Fed von durchschnittlich 2 %.

Nachdem die Inflation in den vergangenen Jahren häufig unter dem bisherigen Zwei-Prozent-Ziel der Fed lag, will sie die Leitzinsen bis mindestens 2023 selbst dann nicht erhöhen, wenn die Inflation über einen längeren Zeitraum über der Marke von 2 % liegen sollte. Trotz gegenteiliger Beteuerungen sämtlicher Fed-Mitglieder hat diese irrwitzige Politik nur einen Sinn: Den gigantischen Schuldenberg der Amerikaner durch möglichst hohe Inflation zu entwerten.

Fed will gigantischen Schuldenberg weginflationieren

Allein die Staatsschulden sind auf den Rekord von 26,8 Billionen Dollar explodiert. Inklusive der Schulden der privaten Haushalte, der Unternehmen und der Banken summiert sich der Schuldenberg auf horrende 77,8 Billionen Dollar – das sind herbe 400 % der jährlichen Wirtschaftsleistung. Um zu verhindern, dass diese gigantische Schuldenblase platzt, druckt die Fed so viel Geld als gäbe es kein Morgen. Die Folge: Die Geldmenge M3 ist im Juli – das sind die neuesten Zahlen – um 23,3 % explodiert, das ist der mit weitem Abstand höchste Anstieg aller Zeiten.

Gleichzeitig liegt der Goldpreis mit aktuell 1.860 Dollar je Unze um 24 % über dem Vorjahresniveau. Bemerkenswert oder? Das sollte allerdings noch längst nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Wenn die EZB schon bald dem „Vorbild“ der Fed folgen sollte, dann dürfte die EZB ihre Gelddruckprogramme weiter aufstocken, womit die Geldmenge noch rasanter wachsen dürfte als ohnehin schon. Entsprechend würde die EZB die Sparer noch stärker enteignen als in den vergangenen Jahren, während die Immobilienblase hierzulande immer größer wird.

Ich bekräftige nochmal meine Einschätzung, dass die EZB bereits bei der übernächsten Sitzung am 10. Dezember ihr Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) von 1,35 Billionen Euro, das bis Mitte 2021 laufen soll, erneut aufstocken und verlängern dürfte. Dann dürfte sich das Geldmengenwachstum in der Eurozone beschleunigen und in Richtung der 23 % der USA gehen – umso wichtiger ist es sich mit physischem Gold gegen diese immer dramatischere Entwertung des Euro zu schützen.

Gespanntes Warten auf letzten US-Arbeitsmarktbericht vor der US-Wahl

Die nächsten Kursimpulse für den Goldpreis dürften spätestens am kommenden Freitag erfolgen, wenn der US-Arbeitsmarktbericht veröffentlicht wird, der letzte vor der US-Wahl. Laut den Schätzungen der Volkswirte sollen im September 875.000 Jobs geschaffen worden sein. Im August war die Zahl der Arbeitslosen auf 13,55 Mio. eingebrochen, was einer Arbeitslosenquote von lediglich 8,4 % entspricht.

Dabei beziehen laut den Daten des Arbeitsministeriums derzeit 26,0 Mio. Amerikaner Arbeitslosenhilfe, womit die tatsächliche Erwerbslosenquote rund doppelt so hoch ist wie offiziell angegeben. Der Unterschied zwischen den zwei Zahlen ist, dass nur derjenige als Arbeitsloser gezählt wird, der in den vergangenen vier Wochen nach einem Job gesucht hat.

Mich würde es nicht wundern, wenn die September-Zahlen viel besser ausfallen sollten als erwartet und die offizielle Arbeitslosenquote damit sogar unter 7 % einbrechen könnte, womit US-Präsident Donald Trump einmal mehr vom Boom am US-Arbeitsmarkt faseln dürfte. Lassen Sie sich bitte davon nicht täuschen, sondern schauen Sie auf die Entwicklung der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen.

Sollten die Zinsen trotz eines womöglich „tollen“ Arbeitsmarktberichts bei aktuell 0,66 % stabil bleiben oder gar weiter in Richtung des Rekordtiefs von 0,5 % sinken, würde das signalisieren, dass die Investoren am Anleihenmarkt den Arbeitsmarktdaten misstrauen, was den Goldpreis beflügeln könnte. Dass die Zinsen derzeit ohnehin nur knapp über dem Rekordtief liegen zeigt, dass der Anleihenmarkt die langfristigen Perspektiven der hochverschuldeten US-Wirtschaft als so schlecht einschätzt wie selten zuvor – völlig zurecht.

Wie immer die US-Arbeitsmarktdaten auch ausfallen mögen – Fed und EZB werden weiterhin alles in ihrer Machtstehende tun, um die Fiat-Währungen Dollar und Euro so schnell wie irgend möglich zu entwerten. Umso wichtiger ist es, die eigenen Bestände an physischem Gold trotz kurzfristiger Preisschwankungen weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.