Nach monatelanger Talfahrt ist der Dollar zuletzt etwas gestiegen. Andere Belastungsfaktoren sorgten für zusätzlichen Verkaufsdruck auf den Goldpreis. Dennoch dürfte er schon bald zu einer Trendwende nach oben ansetzen.

In Krisen- und turbulenten Börsenzeiten flüchten Investoren in den Dollar – diese Börsenweisheit hat sich im aktuellen Umfeld einmal mehr bestätigt. So ist der Dollar Index gegenüber dem Zweieinhalb-Jahres-Tief von Ende August um 2,4 % gestiegen – eine deutliche Bewegung. Der Index spiegelt die Entwicklung des Dollar gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro, wider. Im Gegenzug ist der Goldpreis auf rund 1.850 Dollar je Unze eingeknickt – das ist ein Zwei-Monats-Tief.

Wieso hat der Greenback zuletzt überraschend ein Comeback gefeiert? Ein Grund sind die kräftig steigenden Corona-Zahlen in Europa, wodurch sich die Aussichten für die Wirtschaft und damit den Euro eingetrübt haben. So ist die Zahl der Neuinfizierten in Frankreich und Spanien auf Rekordhochs nach oben geschossen, während sie in Großbritannien kräftig geklettert ist, woraufhin die Regierung von Premierminister Boris Johnson neue Beschränkungen angekündigt hat.

Wirtschaft der Eurozone droht Stagnation

Die sich eintrübenden Konjunkturperspektiven spiegeln etliche Konjunkturdaten aus der Eurozone klar wider. Zwar erholt sich der Industriesektor in vielen Ländern gerade wegen der steigenden Nachfrage aus China kräftig. Umso mehr belastet die Pandemie den Dienstleistungsbereich.

Zwar ist der Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Eurozone, den die englische Researchfirma IHS Markit veröffentlicht, im September auf 53,7 Punkte gestiegen und zeigt damit eine Beschleunigung des Wachstums an. Die Marke von 50 Punkten ist die Grenze zwischen Schrumpfen und Wachstum. Durch die steigenden Infizierten-Zahlen dürften sich die Aussichten für den Sektor in den nächsten Monaten allerdings deutlich eintrüben.

Hingegen ist der Index für den Dienstleistungsbereich auf 47,6 Punkte eingebrochen und zeigt damit ein Schrumpfen an. Damit ist der Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft der Eurozone, also Industrie plus Dienstleistungen, von 51,9 auf nur mehr 50,1 Punkte gesunken – das ist ein Drei-Monats-Tief und signalisiert eine Stagnation der Wirtschaft. Die zwischenzeitlich kräftige Erholung ist also ausgelaufen, was bei Experten die Sorge schürt, dass die Wirtschaft im vierten Quartal erneut schrumpfen könnte.

Steigender US-Realzins belastet den Goldpreis

Für zusätzlichen Abwärtsdruck auf den Euro – und damit für Aufwärtsdruck auf den Dollar bzw. Gegenwind für den Goldpreis – sorgen etliche EZB-Mitglieder und deren Chefin Christine Lagarde, die bei jeder Gelegenheit vor dem vorherigen Anstieg des Euro warnen und damit Spekulation über eine mögliche weitere Lockerung der Geldpolitik – sprich das Aufstocken des ohnehin massiven Gelddruckens – schüren. Gleichzeitig bereitet meiner Meinung nach die englische Notenbank die Einführung von Strafzinsen für den Fall eines harten Brexits vor, also eines Austritts Großbritanniens aus der EU ohne Handelsabkommen, was dem Dollar zusätzlichen Rückenwind gibt.

Gegenwind bekommt der Goldpreis zudem dadurch, dass der US-Realzins auf Basis 10-jähriger inflationsgeschützter US-Anleihen auf minus 0,92 % gestiegen ist – das ist ein Zwei-Monats-Hoch. Dass es in den vergangenen Jahren eine sehr hohe negative Korrelation zwischen dem US-Realzins und dem Goldpreis gegeben hat, habe ich wiederholt geschrieben, beispielsweise in dem Beitrag „Kurseinbruch bei Gold bietet hervorragende Kaufgelegenheit“. Der Realzins wird errechnet, indem man vom Nominalzins die Inflationsrate abzieht.

Kursrutsch am Aktienmarkt löst Margin Calls aus

Neben der Erholung des Dollar belastet zudem der Kursrutsch am weltweiten Aktienmarkt den Goldpreis, werden doch dadurch Margin Calls ausgelöst. Während der S&P 500 um rund 10 % gegenüber dem Rekordhoch vom 2. September eingeknickt ist, steht beim technologielastigen Nasdaq Index ein Rückgang um 12 % zubuche, bei etlichen Einzelwerten aus dem Technologie-Bereich beläuft sich das Minus sogar auf 25 bis 30 %. Dass da mancher Anleger nervös ist, ist klar.

Bei Margin Calls müssen Investoren, die etwa am Aktienmarkt auf Kredit spekuliert hatten, wegen stark gestiegener Verluste plötzlich Geld nachschießen. Das beschaffen sie sich, indem sie beispielsweise einen Teil ihrer Aktien-, Anleihen- oder Goldbestände liquidieren.

Trotz dieser kurzfristigen Belastungsfaktoren könnte der Goldpreis schon bald nach oben drehen, zumal die mittel- und langfristigen Perspektiven für das Edelmetall besser sind denn je. Denn nach einem Kursrutsch um 11 % gegenüber dem Rekordhoch von Anfang August ist Gold ähnlich stark überverkauft wie während des Kurseinbruchs im März. Gleichzeitig notiert der Preis derzeit in der Nähe der 100-Tage-Linie von rund 1.846 Dollar je Unze.

Zudem hat die Fed versprochen, dass sie in den nächsten drei Jahren die Zinsen nicht erhöhen wird, wohingegen die Fed durch massives Gelddrucken von mindestens rund 1,5 Billionen Dollar pro Jahr den Dollar weiter rapide entwerten und die Inflation anheizen will. Lassen Sie sich daher bitte durch den jüngsten Kursrutsch bei Gold nicht verunsichern, sondern nutzen ihn zu Ihrem Vorteil.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.