Deutlicher Kursrutsch bei S&P 500 und DAX: Während der US-Index nach dem Kurseinbruch bei den Technologie-Aktien um rund 7 % unter dem Rekordhoch vom 2. September liegt, ist der DAX zuletzt dem S&P 500 nach unten gefolgt und hat seit damals um 5 % nachgegeben.

Etliche Experten führen dies nicht zuletzt auf die deutlich steigenden Corona-Zahlen in einigen Ländern Europas zurück. So waren jene in Frankreich und Spanien auf Rekordhochs nach oben geschossen in Großbritannien sind sie kräftig nach oben geklettert. Das schürt die Sorge vor einem erneuten Lockdown, einem weitgehenden Herunterfahren der Wirtschaft, was den Aktienmarkt belastet.

Dieses Argument der Experten überzeugt mich allerdings nicht, hat doch der vorherige deutliche Anstieg der Infizierten-Zahlen die Börsen doch zuvor auch kaum belastet. Da hatten die Investoren darauf gesetzt, dass die Fed im Zweifelsfall einschreiten würde – sprich ihr Gelddruckprogramm deutlich aufstocken würde – umso die Aktienmärkte wieder nach oben zu treiben. Umso mehr hat sich die Stimmung der Investoren seit der Fed-Sitzung vom 16. September verschlechtert.

Der Kursrutsch am Aktienmarkt hat zuletzt auch etwas den Goldpreis belastet. Denn weil Investoren Liquidität brauchen, haben sie auch Gold verkauft, woraufhin die Notierung des Edelmetalls auf rund 1.930 Dollar je Unze gesunken ist. Das sollte allerdings einmal mehr eine hervorragende Gelegenheit zum Nachkaufen sein, sind doch die Aussichten für das Edelmetall besser als je zuvor.

Kein US-Konjunkturprogramm vor der Wahl

Dabei hat die Fed nach der Einführung des neuen Inflationsziels auf dem Notenbankertreffen am 27. August in Jackson Hole – das können Sie in dem Beitrag „Goldpreis klettert trotz kräftig steigender US-Zinsen in Richtung Rekordhoch“ nachlesen – angekündigt, dass die Leitzinsen mindestens bis 2023 auf dem aktuellen Niveau von 0 bis 0,25 % bleiben werden – drei Jahre Nullzinsen! Gleichzeitig will die Fed weiterhin monatlich „mindestens“ 120 Mrd. Dollar drucken und dafür Staats- und Hypothekenanleihen kaufen, um so die Zinsen auf sehr niedrigem Niveau zu halten.

Allerdings hat Fed-Chef Jay Powell entgegen der Erwartung etlicher Investoren keine neuen Maßnahmen angekündigt, um die Inflation anzuheizen. Dabei soll sie laut den jüngsten Prognosen der Fed bis 2023 unter dem Zwei-Prozent-Ziel bleiben. Außerdem hat Powell trotz der kräftigen Erholung der US-Wirtschaft einmal mehr ein Konjunkturprogramm gefordert. „Ein weiterer fiskalischer Stimulus wird wahrscheinlich notwendig sein“, sagte Powell. „Klar besteht das Risiko“, dass sich die Konjunkturerholung ohne ein weiteres Programm abschwäche.“

Allerdings wird es immer unwahrscheinlicher, dass es noch vor der Präsidentschaftswahl am 3. November zu einer Einigung zwischen Präsident Donald Trump und seinen Republikanern auf der einen Seite, sowie den Demokraten auf der anderen Seite kommen dürfte. Denn die Demokraten haben keinerlei Interesse an einem Billionenschweren Konjunkturprogramm, das Trumps Wahlchancen verbessern würde.

Daher gehen inzwischen immer mehr Experten davon aus, dass sich Republikaner und Demokraten wohl bis Ende September nicht einigen dürften, und danach wird nichts mehr passieren, weil der Wahlkampf auf Hochtouren laufen wird. Das dämmert inzwischen immer mehr Investoren, was den S&P 500 und in dessen Fahrwasser auch den DAX zusehends belastet, weil sich die US-Konjunkturerholung ohne neue Billionen an staatlichen Transfers erheblich abschwächen dürfte.

Fed sind die Hände gebunden

Das würde Anleger nicht weiter stören, wenn die Fed jederzeit einschreiten könnte. Das kann sie aber nicht, weil ihr die Demokraten sonst vorwerfen würden, dass die Fed mit einer weiteren Lockerung der Geldpolitik – sprich noch mehr Gelddrucken – Trumps Wahlchancen verbessern würde. Obwohl viele Mitglieder der US-Notenbank Anhänger der Demokraten sind, versucht die Fed so zu tun, als ob sie parteipolitisch unabhängig sei.

Daher sind der Fed in den nächsten Wochen und Monaten die Hände gebunden. Meiner Meinung nach dürfte sie weder bei der nächsten Sitzung am 4./ 5. November – das ist lediglich ein Tag beziehungsweise zwei Tage nach der Präsidentschaftswahl – noch bei der übernächsten am 16. Dezember neue Maßnahmen beschließen. Denn die Amtsübernahme des neuen – oder im Falle der Wiederwahl Trumps des alten – Präsidenten findet am Mittwoch, den 20. Januar 2021 statt.

In der Zwischenzeit dürfte die Fed kaum dazwischenfunken, woraufhin sich der Kursrückgang bei S&P 500 und DAX deutlich ausweiten könnte. In den vergangenen Monaten habe ich wiederholt geschrieben, dass der vorherige V-förmige Anstieg am Aktienmarkt diesseits und jenseits des Atlantiks allein auf dem gigantischsten Gelddrucken der Fed aller Zeiten beruht.

Umso gefragter sollte der sichere Hafen Gold nach einem meiner Meinung nach höchstens kurzfristigen Preisrückgang sein. Zumal sich die Fed auch sehr gut überlegen dürfte, bei der Sitzung am 27. Januar 2021, also eine Woche nach der Amtsübernahme des Präsidenten, neue Maßnahmen bekanntzugeben. Je länger der Aktienmarkt keine Unterstützung durch neue Geldspritzen der Fed bekommt, umso größer sollte der Abwärtsdruck an der Börse werden.

Oberstes Gericht der USA beklagt Todesfall

Verschärft wird die Lage durch den Tod von Ruth Bader Ginsburg, Richterin am Obersten Gericht, am 18. September. Trump will ihren Posten noch vor der Präsidentschaftswahl neu besetzen und dazu bereits in dieser Woche eine Nominierung bekanntgeben. Damit versucht Trump seine Anhänger zu mobilisieren, nachdem nach Ginsburgs Tod, die dem liberalen Flügel zugeordnet wurde, ein Patt von jeweils vier Anhängern der Republikaner und der Demokraten im Supreme Court entstanden ist.

Trumps Vorhaben polarisiert die Stimmung zwischen den zwei politischen Lagern weiter. Dabei wächst das Risiko, dass das Oberste Gericht schlussendlich entscheiden muss, wer die Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Denn sowohl Trump als auch die Demokraten haben angekündigt, dass sie eine mögliche Wahlniederlage nicht akzeptieren würden. Umso verworrener wäre die Lage, wenn sich das Oberste Gericht anschließend nicht auf ein Urteil einigen könnte, weil der 9. Posten in dem Gremium noch nicht besetzt ist. Diese Aussicht sorgt für zusätzlichen Verkaufsdruck am Aktienmarkt.

Zwar könnte bei einer Ausweitung des Kursrutsches am Aktienmarkt der Goldpreis kurzfristig noch etwas nachgeben. Allerdings sind die mittel- und langfristigen Aussichten für das Edelmetall besser denn je zuvor. Während die Fed aktuell 120 Mrd. Dollar pro Monat druckt und so den Dollar rapide entwertet, was den Goldpreis stützt, dürfte es nach der US-Präsidentschaftswahl ein weiteres Billionenschweres Konjunkturprogramm geben, das einmal mehr durch die Notenpressen der Fed finanziert werden müsste. Damit würden die Geldpressen künftig noch schneller laufen.

Um sich gegen die Entwertung des Dollar und anderer Fiat-Währungen wie dem Euro zu schützen, ist es notwendig die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.