Nachdem die EZB bei der Sitzung im Dezember 2020 das Gelddruckprogramm kräftig aufgestockt hatte, sollte nun jene im Januar wenig spektakulär ablaufen. Allerdings kam es anders als erwartet.

Auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung, am 21. Januar 2021, hat Christine Lagarde versucht Optimismus zu verbreiten. Dabei führen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie dazu, dass die Wirtschaftsleistung der Eurozone im vierten Quartal wahrscheinlich gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist und sich „der Rückgang aus dem vierten Quartal in das erste Quartal (2021) fortsetzen wird“, sagte die EZB-Chefin. Die Zahlen für das vierte Quartal werden am 2. Februar veröffentlicht.

Damit wäre die Eurozone in einem „Double Dip“, nach einer kurzen Konjunkturerholung erneut in eine Rezession zurückgefallen. Genau davor hatte ich bereits Ende Oktober in dem Beitrag „Deutschland und Eurozone droht Rückfall in eine Rezession“ gewarnt.

„Die Risiken bezüglich des Konjunkturausblicks für die Eurozone sind abwärtsgerichtet, aber weniger ausgeprägt“, sagte die EZB-Chefin mit Blick auf den Start der Impfkampagnen in vielen Ländern. Zudem habe sich die EU auf einen Wiederaufbaufonds im Volumen von 750 Mrd. Euro geeinigt, während in den USA mit der Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten Joe Biden die politische Unsicherheit abgenommen habe.

Goldpreis tendiert seitwärts

In dem Umfeld hat der Goldpreis zuletzt weiter seitwärts tendiert und notiert bei rund 1.850 US-Dollar je Unze. Zwar sorgt die Rekordfahrt am US-Aktienmarkt und damit das weitere Aufpumpen der mit weitem Abstand größten Blase aller Zeiten am dortigen Aktienmarkt für Gegenwind beim Goldpreis.

Hingegen sorgt für Rückenwind, dass die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf 1,1 % gesunken sind, während der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter Anleihen mit 0,99 % in der Nähe des Rekordtiefs vom 4. Januar von minus 1,08 % liegt. Zudem ist der US-Dollar Index weiter auf Talfahrt und notiert damit nur noch knapp über dem Fünf-Jahres-Tief. Der Index spiegelt die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro, wider.

Lagarde betont „günstige Finanzierungsbedingungen“

Für unerwartetes Aufsehen bei Investoren hat gesorgt, dass die EZB in ihrer Pressemeldung zur Bekanntgabe der Sitzungsergebnisse diesmal einen neuen Absatz eingefügt hat. Falls „günstige Finanzierungsbedingungen“ gewährleistet werden könnten, ohne dass das Volumen des Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) ausgeschöpft werde, dann müsse es nicht ausgeschöpft werden. Ebenso könne allerdings das Volumen aufgestockt werden, um die „günstigen Finanzierungsbedingungen“ zu erhalten, „um die negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Inflation zu bekämpfen.“

Die EZB hatte im Dezember das PEPP um 500 Mrd. Euro auf insgesamt 1,85 Billionen aufgestockt und die Laufzeit bis März 2022 verlängert. Das können Sie in dem Beitrag „EZB stockt Gelddruckprogramm auf und drosselt es gleichzeitig“ nachlesen.

Das Gleiche hatte Lagarde zwar auf der Pressekonferenz im Dezember gesagt. Dass es nun aber explizit in der Meldung der EZB steht, erhöht die Bedeutung merklich. Auf der Pressekonferenz im Januar betonte Lagarde nun, dass es der EZB bei den „günstigen Finanzierungsbedingungen“ um einen „ganzheitlichen Ansatz“ gehe, um günstige Kredite für Verbraucher, Unternehmen und Staaten und nicht nur um letztere. Dass es der EZB tatsächlich aber vor allem darum geht, dass hochverschuldete Länder, allen voran Italien, aber auch Spanien und Frankreich, weiterhin zu extrem niedrigen Zinsen Schulden machen können, sollte jedermann klar sein, der das massive Gelddrucken der EZB und deren Anleihekäufe in den vergangenen Jahren verfolgt hat.

Zinsaufschlag für italienische Anleihen kollabiert

Schließlich hatte die EZB im Frühjahr 2020, als die Pandemie zum ersten Mal hochgekocht war, über PEPP deutlich mehr Anleihen gekauft, als die Zinsaufschläge für zehnjährige italienische gegenüber deutschen Anleihen auf knapp 300 Basispunkte (3,0 Prozentpunkte) nach oben geschossen waren. Damals hatten sich Investoren plötzlich Sorgen um die Schuldentragfähigkeit Italiens gemacht. So lag das monatliche Anleihekaufvolumen zeitweise bei mehr als 150 Mrd. Euro, während der Schnitt seit dem Start des Programms Ende März bei knapp über 80 Mrd. Euro liegt.

Und Papiere welchen Landes hat die EZB vor allem erworben? Italiens, was denn sonst? So beliefen sich die Käufe italienischer Anleihen bis Ende November 2020 – das sind die neuesten Zahlen – auf herbe 118,2 Mrd. Euro. Damit belegen diese Papiere Platz 2 hinter Bundesanleihen (160,6 Mrd. Euro) und vor Frankreich (111,8 Mrd.).

Damit machen italienische Papiere 18,1 % sämtlicher PEPP-Käufe der EZB aus. Wie „praktisch“, dass sich die EZB bei diesem Programm nicht an den Kapitalschlüssel der Notenbank halten muss, liegt er doch für Italien bei lediglich 11,8 %, im Vergleich zu 18,4 % für Deutschland und 14,2 % für Frankreich. Die Folge der massiven Käufe italienischer Anleihen: Der Zinsaufschlag gegenüber Bundesanleihen lag zuletzt trotz der Regierungskrise in Italien bei lediglich 123 Basispunkten (1,23 Prozentpunkten).

Notenbank will Zinsen für hochverschuldete Länder niedrig halten

Warum war das Thema „günstige Finanzierungsbedingungen“ so hochgekocht? Weil die Nachrichtenagentur Bloomberg am 20. Januar, einen Tag vor der EZB-Sitzung, nach einem Gespräch mit Verantwortlichen der EZB berichtet hatte, die Notenbank kaufe Anleihen, um die Zinsaufschläge zwischen „den stärksten und den schwächsten Ländern zu begrenzen“ – sprich zwischen denen wie Deutschland mit relativ niedriger Verschuldung und den hochverschuldeten. Die EZB habe sogar bestimmte Vorstellungen, welche Aufschläge angemessen wären.

Da glaubt rund ein Dutzend Leute von der EZB und deren Volkswirte sie wüssten besser, wie hoch – oder inzwischen muss man ja sagen wie niedrig – die Zinsen für hochverschuldete Länder sein sollten, als die zigtausenden von Investoren und Anleger, die alltäglich Anleihen kaufen und verkaufen. Das wissen die Damen und Herren von der EZB garantiert nicht besser. Was sie allerdings wissen ist, dass sie massiv Papiere hochverschuldeter Länder, allen voran Italiens, kaufen müssen, weil das Land ansonsten längst pleite wäre, womit der Euro am Ende wäre.

Zur Erinnerung: Italiens Schulden sind auf den Rekord von horrenden 2,6 Billionen Euro gestiegen – während die EU-Kommission prognostiziert, dass die Schulden bis Ende 2020 auf rund 160 % der jährlichen Wirtschaftsleistung explodiert sein sollen – gegenüber 135 % für Ende 2019. Dennoch liegen die Zinsen für zehnjährige italienische Anleihen bei mickrigen 0,7 %.

Aus dem Gelddrucken der EZB kann es keinen Ausstieg geben

Der Artikel von Bloomberg bestätigt das, was Sie, ich und viele andere Bürger längst vermutet haben, was nun aber schwarz auf weiß steht, weshalb es nicht mehr auch nur den Hauch eines Zweifels geben kann: Die EZB drückt die Zinsen für hochverschuldete Länder in den Keller, damit die Schuldensause dort ungebremst weiter gehen kann. Und weil die Staaten aufgrund der viel zu niedrigen Zinsen keine Reformen erbringen müssen – und daher auch nicht werden –, kann die EZB aus ihren Gelddruckprogrammen – neben dem PEPP läuft noch das APP (siehe „EZB stockt Gelddruckprogramm auf und drosselt es gleichzeitig“) – nie ausstiegen, sondern muss das PEPP ein weiteres Mal verlängern oder dass APP massiv aufstocken.

Denn ansonsten könnten die Zinsen entweder nach oben schießen, woraufhin die Schuldensause zu Ende wäre. Oder die Zinsen sinken deutlich, weil eine niedrige Liquidität bedeutet, dass die Wirtschaft weniger angekurbelt würde, woraufhin das ab Frühjahr erwartete Wirtschaftswachstum schnell auslaufen würde und die EZB die Notenpressen daraufhin wieder schneller laufen lassen müsste.

Das Ergebnis ist immer das Gleiche: Massives Gelddrucken und damit eine anhaltend kräftige Entwertung der Fiat-Währung Euro, während es bei Bundesanleihen Strafzinsgen geben dürfte soweit das Auge reicht. In dem Umfeld wird es immer wichtiger werden, physisches Gold zu besitzen.

Es wird noch schlimmer werden

Inzwischen argumentieren etliche „Experten“ und selbst führende deutsche Vermögensverwalter, dass die Zinsen für die hochverschuldeten Länder und für Deutschland auf dem gleichen Niveau liegen sollten – sprich es keinen Zinsaufschlag mehr geben sollte – weil es kein Ausfallrisiko für die Anleihen hochverschuldeter Länder gäbe, weil die EZB jederzeit in praktisch unbegrenztem Umfall deren Papiere kaufen könne. Aber leider sollte es genau in diese Richtung in den nächsten Monaten und Jahren weitergehen.

Nun warte ich entspannt auf die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch, den 27. Januar 2021. Dann dürfte Fed-Chef Jay Powell versuchen, Investoren weiszumachen, dass zwar unter Biden alles besser werden dürfte, aber die Fed dennoch weiterhin „mindestens 120 Mrd. US-Dollar“ pro Monat drucken müsse, um die Konjunktur weiter zu stützen. Dass es einzig und allein darum geht zu verhindern, dass die größte Blase aller Zeiten am Anleihen- und damit am Aktienmarkt platzt, hatte ich wiederholt aufgezeigt. Daher sind die Aussichten für Gold besser als je zuvor.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.