Die Wirtschaft hierzulande und in der Eurozone hat sich im dritten Quartal kräftig erholt. Mit den alltäglich neuen Rekordzahlen an Corona-Neuinfizierten trüben sich die Perspektiven allerdings rapide ein. Umso gespannter schauen Investoren auf die EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag.

Bin ich froh, wenn die US-Wahl am 3. November endlich vorbei ist. Dann ist die alltägliche Farce, ob sich Republikaner und Demokraten noch vor dem Urnengang auf ein Billionenschweres Konjunkturprogramm einigen können, endlich vorbei. Zwar tut Nancy Pelosi, die Mehrheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, jeden Tag so, als ob das noch gelingen könnte.

Allerdings tut Pelosi meiner Meinung nach weiterhin alles in ihrer Macht stehendende, um einen Deal zu verhindern, würde er doch die Chancen für eine mögliche Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump verbessern – das will Pelosi unter allen Umständen verhindern. Auf Basis der aktuellen Wahlumfragen, die Trumps Herausforderer Joe Biden deutlich in Führung sehen, setzen allerdings viele Investoren darauf, dass Biden nach einem möglichen Wahlsieg ein Billionenschweres Konjunkturprogramm verabschieden wird, das mehr oder minder mit der Notenpresse der Fed finanziert werden müsste.

Weil das die Inflationserwartungen kräftig anheizt, sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen mit knapp 0,84 % auf Viereinhalb-Monats-Hochs gestiegen, was den Goldpreis belastet. Hingegen ist der Dollar wegen der Aussicht auf eine weitere Dollar-Schwemme auf Talfahrt, was den Goldpreis beflügelt. In dem Umfeld tendiert die Notierung des Edelmetalls seit vier Wochen seitwärts und liegt bei rund 1.900 Dollar je Unze.

Noch kurz etwas zur US-Wahl: Ich gehe weiterhin davon aus, dass Trump die Wahl gewinnen dürfte, zumal die Umfragen nicht repräsentativ sind. Denn durch die Steuerung der Meinungsinstitute ist bei den Befragten der Anteil der Anhänger der Demokraten teilweise um 8 bis 10 Prozentpunkte höher als der der Republikaner. Vor dem Hintergrund sollte es niemanden überraschen, dass die Umfragen Biden vorne sehen. Ich bin hingegen völlig anderer Meinung, zumal viele Befragte nicht offen zugeben dürften, dass sie Trump wählen würden.

Pandemie schickt den Dienstleistungssektor auf Schrumpfkurs

Hingegen bereitet vielen Bürgern hierzulande die Zahl der Corona-Neuinfektionen, die in Deutschland und vielen anderen Ländern der Eurozone alltäglich auf neue Rekordhochs nach oben schießen, großes Kopfzerbrechen. Die Zahlen sind der Grund weshalb sich die Konjunkturerholung in Deutschland schnell abschwächen dürfte, während sie in der Eurozone bereits ausgelaufen ist, wie beispielsweise die vielbeachteten Einkaufsmanagerindizes der englischen Researchfirma IHS Markit für den Monat Oktober zeigen. Letzteres wird die exportabhängige deutsche Wirtschaft schnell in Mitleidenschaft ziehen.

„Der Index für die Industrie (der Eurozone) steigt überraschend von 53,7 auf 54,4 Punkte“, schrieb Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Je weiter oberhalb der 50er-Marke das Barometer liegt, umso stärkeres Wachstum zeigt es an. „Die Dienstleistungsbranche leidet hingegen besonders deutlich unter der zweiten Corona-Welle. Der entsprechende Index fällt von 48 auf 46,2 (Punkte). Der Service-Sektor liegt damit deutlich in der Kontraktionszone“, so der Experte. Im Klartext: die Wirtschaftsleistung im Dienstleistungsbereich schrumpft zusehends.

Konjunktur der Eurozone dreht wieder nach unten

Die Folge: „Der aggregierte Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (Industrie) und den Dienstleistungssektor in der Eurozone fällt im Oktober von 50,4 auf 49,4 (Punkte)“, schrieb Gitzel. Demnach schrumpft die Gesamtwirtschaft der Eurozone leicht. Weil die Zahl der Corona-Infizierten weiter deutlich steigen dürfte, wächst das Risiko erheblich, dass die Wirtschaft nach der kräftigen Erholung im dritten Quartal im vierten erneut den Rückwärtsgang einlegen, sprich schrumpfen dürfte.

Das könnte der Auftakt für eine erneute Rezession sein. Daher könnte ein Thema in den nächsten Wochen verstärkt in den Fokus der Investoren rücken: „Double Dip.“ Es bedeutet, dass die Wirtschaft nach einer kurzen Erholung zum zweiten Mal („double“ bedeutet „zweifach, doppelt“, „to dip“ bedeutet „eintauchen, abtauchen“) in eine Rezession abrutscht.

Für das dritte Quartal sagen Volkswirte ein Wachstum von 9,0 % gegenüber dem Vorquartal vorher – die Zahlen werden am Freitag, den 30. Oktober, veröffentlicht, nachdem die Wirtschaft im zweiten Quartal wegen der Beschränkungen aufgrund der Pandemie um 11,8 % eingebrochen war. Das war das zweite Quartal in Folge mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, womit die Wirtschaft offiziell in einer Rezession war.

Deutscher Wirtschaft droht heftiger Gegenwind

Welch tiefe Spuren die Pandemie bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU) hierzulande hinterlässt, zeigt das Mittelstandspanel der KfW unmissverständlich. Demnach rechnen die KMU für das laufende Jahr mit einem Umsatzeinbruch von 12 %. In dem Umfeld könnten sie bis zu 1,1 Mio. Arbeitsplätze abbauen. Welche Folgen das für die Wirtschaft insgesamt hätte, kann sich jeder selbst ausmalen, zumal die Firmen auf Jahre hinaus auf die Investitionsbremse treten könnten.

Gleichzeitig drückt die rasant steigende Zahl an Corona-Fällen auf die Stimmung der Verbraucher, was den privaten Konsum in den nächsten Quartalen merklich belasten dürfte. Damit fiele ein wichtiger Stützpfeiler der Wirtschaft aus, während viele Experten erwarten, dass es frühestens im Sommer nächsten Jahres einen Corona-Wirkstoff geben dürfte.

Die Freude über die guten Zahlen für das dritte Quartal, die ebenfalls am Freitag , veröffentlicht werden, könnte daher schnell verblassen. Volkswirte sagen ein kräftiges Wachstum von 7,2 % gegenüber dem Vorquartal für die deutsche Wirtschaft vorher, nachdem sie im zweiten um 9,7 % eingebrochen war. Allerdings dürften die Sorgen vor einem möglichen „Double Dip“ schnell zunehmen.

Gespanntes Warten auf die EZB-Sitzung

Umso gespannter warten Investoren auf die EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag, den 29. Oktober. Zwar dürfte EZB-Chefin Christine Lagarde diesmal noch nicht die Geldpolitik lockern. Allerdings dürfte Lagarde signalisieren, dass sie bei der darauffolgenden Sitzung am 10. Dezember zur Tat schreiten wird. Das können Sie in dem Beitrag „EZB-Chefin Lagarde strebt noch mehr Strafzinsen und Ausbau der Schuldenunion an“ nachlesen.

Damit würde die EZB die Verschärfung der Corona-Pandemie als glänzenden Vorwand verwenden, um noch viel mehr Geld zu drucken. Allerdings hätten die Notenbanker die Geldschleusen meiner Meinung nach auch dann noch weiter geöffnet, wenn es gar keine Pandemie gegeben hätte. Die EZB kann schlicht und einfach nicht mehr mit dem Gelddrucken aufhören, weil ansonsten die Zinsen für viele hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien oder Frankreich, nach oben schießen würden, woraufhin die Schuldensause sehr schnell zu Ende wäre und die Wirtschaft einbrechen würde.

Stattdessen dürfte uns die EZB einmal mehr weismachen, dass sie sich gegen die drohende Konjunkturabkühlung stemmen und dazu die Geldschleusen noch viel weiter öffnen müsse. Das ist nichts als eine Ausrede. Umso wichtiger ist es, die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken und sich so gegen noch mehr Strafzinsen und eine noch stärkere Entwertung des Euro zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.