Obwohl die EZB bei der jüngsten Sitzung kaum etwas anderes angekündigt hat, als Investoren erwartet hatten, hat der DAX anschließend etwas nachgegeben. Zudem sind die US-Zinsen gesunken. Dennoch ist der Goldpreis zum Start in die neue Handelswoche ein wenig unter Druck.

Nachdem EZB-Chefin Christine Lagarde für die Sitzung am Donnerstag, den 10. Dezember 2020, ein großes Maßnahmenpaket in Aussicht gestellt hatte, waren die Erwartungen der Investoren entsprechend hoch. Sie sind allerdings enttäuscht worden.

Das hat kurzfristig dazu geführt, dass der Euro gegenüber dem Dollar weiter gestiegen ist, woraufhin der DAX zusätzlichen Gegenwind hatte und der Index eingeknickt ist. Denn durch einen weiteren Anstieg des Euro verschlechtern sich die Exportchancen deutscher Unternehmen in die USA. In dem Umfeld haben Investoren bei US-Staatsanleihen zugegriffen, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf 0,9 % gesunken sind.

Zum Start in die neue Handelswoche erholt sich der DAX allerdings etwas, nachdem Großbritannien und die EU weiter über ein Handelsabkommen debattieren. Daraufhin verkaufen einige Investoren Gold, weshalb es auf knapp über 1.830 Dollar je Unze gesunken ist. Umso gespannter warten Investoren auf die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch, den 16. Dezember 2020. Von ihr wird abhängen, ob die zwischenzeitliche Erholung des Goldpreises weitergehen könnte.

Längere Laufzeit verunsichert Investoren

Nach ihrer Sitzung hat die EZB angekündigt, dass das Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) um 500 Mrd. Euro auf 1,85 Billionen Euro aufgestockt wird. Zudem wird das Programm um neun Monate, bis mindestens März 2022, verlängert, während viele Investoren mit einer Verlängerung von sechs Monaten bis Ende 2021 gerechnet haben.

Auf den ersten Blick mag sich März 2022 positiv anhören, würde das Programm doch drei Monate länger laufen als erwartet. Genau das Gegenteil ist allerdings der Fall: 500 Mrd. Euro verteilt auf sechs Monate hätte ein Gelddrucken von durchschnittlich 83,3 Mrd. Euro pro Monat bedeutet. Verteilt man allerdings die 500 Mrd. Euro auf neun Monate sind das „nur“ 55,6 Mrd. pro Monat.

In einer Welt, in der die Schuldenblase in der Eurozone aber jeden Tag immer gigantischer wird, ist das Letzte, was Investoren hören möchten, dass das Gelddrucken – auf Monatsbasis gerechnet – gedrosselt werden soll. Denn dann gäbe es nicht mehr so viel Abwärtsdruck auf die in vielen Ländern ohnehin rekordniedrigen Zinsen. Sie müssen allerdings immer weiter sinken, um die Schuldenblase am Leben zu halten.

Nicht mehr ganz so viel Gelddrucken wie bisher

Schauen wir uns die Zahlen mal etwas Genauer an. Ich will Sie damit nicht langweilen, sondern Ihnen zeigen, warum die Ankündigungen der EZB den Euro nach oben und damit den DAX nach unten getrieben haben und zudem auch Auswirkungen auf den Goldpreis haben. Seit dem Start des PEPP-Programms Ende März 2020 hat die EZB laut eigenen Angaben bis Ende November für insgesamt 700,0 Mrd. Euro Anleihen gekauft – das sind durchschnittlich 87,5 Mrd. Euro pro Monat.

Damit bleiben rechnerisch 1,15 Billionen für den Zeitraum Dezember 2020 bis zum möglichen Ende des Programms im März 2022 übrig. Bei 16 Monaten entspricht das 71,9 Mrd. Euro pro Monat. Damit würde die EZB auf Basis des PEPP-Programms künftig 15,6 Mrd. Euro pro Monat weniger drucken als bislang, was einer Drosselung entspricht. Wenn die Euro-Schwemme allerdings nicht mehr ganz so groß ist wie bislang, sorgt das zwangsläufig für einen Aufwärtsdruck beim Euro gegenüber dem Dollar. Ein sinkender Dollar stützt den Goldpreis.

Nach dem Euro-Anstieg intervenierte daher der französische Notenbankchef und EZB-Rat Francois Villeroy de Galhau gleich am darauffolgenden Freitag, den 11. Dezember 2020 und trieb so die Gemeinschaftswährung etwas nach unten. Die EZB sei mit Blick auf den Kurs des Euro „sehr wachsam“, so de Galhau.

Weiteres Programm wird gedrosselt

Nach ihrer Sitzung hat die EZB zudem angekündigt, dass ein weiteres ihrer Anleihenkaufprogramme, das Asset Purchase Programm (APP), ab Januar 2021 mit Nettokäufen von monatlich 20 Mrd. Euro weiterlaufen werde. Dabei erwirbt die Notenbank Papiere, wie Staatsanleihen oder forderungsbesicherte Wertpapiere (Asset-Backed Securities).

Diese Pläne bedeuten allerdings, dass neben dem PEPP auch das APP künftig gedrosselt wird, hatte die EZB das laufende APP doch Mitte März 2020 um vorübergehende Nettokäufe von 120 Mrd. bis Ende 2020 aufgestockt. Das entsprach durchschnittlich 12,6 Mrd. Euro pro Monat, womit sich die gesamten Nettokäufe bei APP in den vergangenen Monaten auf durchschnittlich 32,6 Mrd. Euro pro Monat belaufen haben. Eine Weiterführung mit 20 Mrd. bedeutet, dass künftig 12,6 Mrd. Euro pro Monat weniger gedruckt werden als bislang.

Die Sache sieht wie folgt aus: Künftig druckt die EZB im Rahmen von PEPP 15,6 Mrd. Euro pro Monat weniger als bislang, beim APP werden es 12,6 Mrd. weniger sein. Damit werden künftig pro Monat knapp 30 Mrd. Euro weniger aus den Notenpressen der EZB in das Finanzsystem gepumpt – das entspricht einem Rückgang um 23,5 % gegenüber dem bisherigen Niveau von durchschnittlich 120,1 Mrd. Euro pro Monat. Zudem sind das rund 350 Mrd. Euro, die auf das Jahr hochgerechnet fehlen werden. Darüber ist der Aktienmarkt begeistert.

EZB vergrößert die Ungleichheit zwischen Arm und Reich

Etwas Derartiges wollen die Investoren absolut nicht hören. Viele von Ihnen wünschen sich eine immer weitere Aufstockung des Gelddruckens – gerade auf monatlicher Basis gerechnet. Das hält die Schuldenblase am Leben, allerdings werden die Sparer mit immer mehr Strafzinsen stärker enteignet, während sie die Preise für Aktien und Immobilien in die Stratosphäre treiben.

Manche Investoren waren daher enttäuscht, dass die EZB zudem die Einlagenzinsen beim Rekordtief von minus 0,5 % belassen und nicht auf minus 0,6 % gesenkt hat. Aufgeschoben ist allerdings nicht aufgehoben. Wenn der Euro trotz der verbalen Interventionen von EZB-Mitgliedern nicht bald und deutlich nach unten drehen sollte, könnte die EZB jederzeit das Gelddrucken kräftig aufstocken – nicht nur nominell, sondern auch auf monatlicher Basis gerechnet – und zudem die Zinsen senken. Umso wichtiger ist es dann, physisches Gold zu besitzen.

Nun warte ich gespannt auf die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch. Zwar könnte die US-Notenbank diesmal noch nichts unternehmen, allerdings eine weitere Lockerung der Geldpolitik für Anfang nächsten Jahres in Aussicht stellen – falls sich der Kongress weiterhin nicht auf neues Konjunkturprogramm einigen kann. Daraufhin könnte der Goldpreis deutlich nach oben drehen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.