Trotz einer Serie starker US-Konjunkturdaten und damit zunehmender Inflationssorgen sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen deutlich auf dem Weg nach unten. Im Gegenzug ist der Goldpreis im Aufwind.

Damit haben wohl nur die wenigsten Investoren gerechnet: Die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sind in der vergangenen Handelswoche um 8 Basispunkte (0,08 Prozentpunkte) auf 1,59 % eingebrochen – das war der größte Rückgang auf Wochenbasis seit Juni 2020, ehe es zum Start in die neue Handelswoche sogar bis auf 1,56 % abwärts geht. Und das trotz einer Reihe besser als erwarteter US-Konjunkturdaten, während die Impfkampagne in den USA immer schneller voranschreitet und die Inflationsängste der Anleger rapide zunehmen. So war die Inflationsrate im März auf 2,6 % nach oben geschossen – das höchste Niveau seit August 2018. In den nächsten Monaten dürfte es schnell in Richtung 4,0 % gehen.

Gleichzeitig ist der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter US-Anleihen um 13 Basispunkte auf minus 0,77 % kollabiert, was dem Goldpreis kräftigen Auftrieb gegeben hat. Mit Kursen von rund 1.775 US-Dollar je Unze notiert er am Sieben-Wochen-Hoch. Zumal die sinkenden US-Zinsen den US-Dollar mit nach unten gezogen haben, womit der Dollar Index am Sechs-Wochen-Tief notiert. Der Index bildet die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro, ab.

Rätselraten über die Gründe für den US-Zinseinbruch

Der deutliche Rückgang der US-Zinsen ist vor dem Hintergrund einer Serie starker US-Daten sehr bemerkenswert. So waren die US-Einzelhandelsumsätze im März um 9,8 % gegenüber dem Vormonat nach oben geschossen, was deutlich über der Vorhersage der Volkswirte von 5,8 % lag. Zugleich fiel der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia, einer der wichtigsten Frühindikatoren für die gesamte US-Wirtschaft, ebenso deutlich besser aus wie jener der Notenbank von New York. Lediglich die Zahlen zur Industrieproduktion waren deutlich schwächer als erwartet, was Analysten schnell mit der Knappheit von Halbleitern abtaten.

Umso mehr haben Investoren über die möglichen Gründe für den Zinseinbruch gerätselt. Könnte es daran liegen, dass sich die US-Wirtschaft nach dem aktuellen Boom in den nächsten Monaten umso mehr abkühlen sollte? Er ist durch den Versand der Stimulus-Schecks von 1.400 US-Dollar je Erwachsenen und Kind ab Mitte März nach dem Inkrafttreten des 1,9 Billionen US-Dollar schweren Konjunkturprogramms von US-Präsident Joe Biden weiter angeheizt worden.

Allerdings hat das US-Finanzamt zuletzt bekannt gegeben, dass erst 159 Mio. Amerikaner ihre Schecks bekommen haben, was nur rund der Hälfte der US-Bevölkerung entspricht. Damit wird dem Rest in den nächsten Wochen und Monaten eine Menge Geld vom Staat ins Haus flattern, womit die Amerikaner weiter kräftig konsumieren können, was die Einzelhandelsumsätze und viele andere US-Daten in den nächsten Monaten weiter stützen sollte. Zudem werden die Finanzämter ab Juli Schecks mit dem Kinderfreibetrag von 300 US-Dollar monatlich für Kinder unter 6 Jahre und von 250 US-Dollar von 6 bis 17 Jahren verschicken.

Vielleicht werden sich die Gründe für den US-Zinseinbruch erst in einigen Wochen im Nachhinein herausstellen. Ich hatte in dem Beitrag „Einbruch der US-Zinsen stützt kurz Erholung des Goldpreises“ erklärt, warum die Zinsen meiner Meinung nach in den nächsten Monaten trotz zunehmender Inflationssorgen deutlich sinken sollten. Das dürfte den Goldpreis beflügeln.

China erhöht Importquoten für Gold

Für zusätzlichen Rückenwind beim Goldpreis hat am vergangenen Freitag, den 16. April 2021, die Meldung der Nachrichtenagentur Reuters gesorgt, demnach China einheimischen und ausländischen Banken erlaubt habe, große Mengen an Gold zu importieren. So habe die Notenbank die Importquoten erhöht und damit grünes Licht für Einfuhren von rund 150 Tonnen im Wert von insgesamt rund 8,5 Mrd. US-Dollar gegeben. Die Menge soll im April und Mai importiert werden. Das wäre „eine Menge Holz“, nachdem China seit Februar 2020 lediglich Gold im Volumen von 10 Tonnen pro Monat eingeführt hatte.

Wie ich in den vergangenen Monaten wiederholt geschrieben habe, dürfte allerdings die US-Zinsentwicklung und in deren Fahrwasser die Performance des US-Dollar der wichtigste Treiber für die Entwicklung des Goldpreises bleiben. Ich gehe davon aus, dass die US-Zinsen in den nächsten Monaten – entgegen der Prognose vieler Experten – deutlich gegen Süden tendieren sollten, was dem Goldpreis merklichen Rückenwind geben sollte. Zuletzt hat sich auch das charttechnische Bild verbessert, nachdem die Notierung des Edelmetalls die 50-Tage-Linie von knapp über 1.750 US-Dollar nach oben durchbrochen hat und schon sehr bald die 100-Tage-Linie bei rund 1.805 US-Dollar in Angriff nehmen sollte. Jetzt ist die Zeit, um Ihre Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.