Die EZB hat in den vergangenen 10 Jahren mit massivem Gelddrucken die Inflation stark angeheizt. Nun hat die Notenbank vor dem Hintergrund einer schnell heraufziehenden Rezession allerdings begonnen, die Zinsen anzuheben. Das dürfte die EZB aber nicht lange durchhalten.
Die Talfahrt an den Aktienmärkten beschleunigt sich, womit sich der DAX zügig den 22-Monats-Tiefs nähert. Verantwortlich dafür sind zwei Faktoren: Einerseits hat Fed-Chef Jay Powell auf dem Notenbankertreffen Ende August in Jackson Hole unmissverständlich klar gemacht, dass die Fed die Leitzinsen weiter deutlich erhöhen will. Daher schießen die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben, woraufhin im Gegenzug S&P500 und DAX nach unten rauschen.
Andererseits hat Russland am vergangenen Freitag, 2. September einen zeitlich unbefristeten Gas-Stopp über Nord Stream 1 angekündigt. Damit nimmt das Risiko eines Gasmangels und damit einer -rationierung im Winter und somit die Sorgen vor einer Rezession in Deutschland und der gesamten Euro-Zone rapide zu, wenn viele Industriebetriebe, wie aus dem Stahlbereich ihre Produktion stark drosseln müssen. Dabei leiden die Unternehmen ohnehin unter der Explosion bei den Strom- und Gaspreisen.
Die kräftigen Zinserhöhungen in den USA und die stark zunehmenden Sorgen vor einer Rezession in der Euro-Zone treiben zudem den Dollar kräftig nach oben, weil Investoren in den sicheren Hafen Dollar flüchten. Daher ist der Dollar Index auf 20-Jahres-Hochs nach oben geschossen. Er spiegelt die Entwicklung des Dollar gegenüber sechs wichtigen Währungen, gerade gegenüber dem Euro wider. Damit hat der Goldpreis gleich von zwei Seiten Gegenwind und ist knapp unter 1.700 US-Dollar gesunken. Damit notiert das Edelmetall in der Nähe des 29-Monats-Tiefs.
Das hätte ich mehr ehrlich gestanden noch vor wenigen Wochen nicht vorstellen können. Allerdings hatte ich auch nicht mit einen derart starken US-Zinsanstieg gerechnet, der zwangsläufig den Dollar kräftig mit nach oben zieht.
Euro fällt auf 20-Jahres-Tief
In dem Umfeld ist der Euro zwischenzeitlich auf unter 0,99 US-Dollar je Euro gesunken, das war ein 20-Jahres-Tief. Die Gründe: Einerseits hat die Fed die Leitzinsen in den vergangenen Monaten kräftig erhöht, womit sie bei 2,25 bis 2,50 % liegen. Zudem hat die Fed den Abbau der Bilanzsumme beschleunigt, und lässt seit September Staatsanleihen im Volumen von netto 60 Mrd. US-Dollar auslaufen, ohne das Geld in neue Papiere zu investieren. Hinzu kommt der Abbau von netto 35 Mrd. US-Dollar an Hypothekenanleihen. Damit zieht die Fed monatlich 95 Mrd. US-Dollar Liquidität aus dem Finanzmarkt und damit teilweise aus der Realwirtschaft ab.
Hingegen war die EZB wie gewohnt sehr zögerlich und hat die Zinsen um lediglich 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) nach oben geschraubt, womit die Leitzinsen bei mickrigen 0,5 % liegen. Und das bei einer rekordhohen Inflation von 9,1 % für August in der Euro-Zone! Welcher Irrwitz! Andererseits ist die USA praktisch energieunabhängig, und könnte eine Rezession durch Konjunkturprogramme oder möglichen Zinssenkungen der Fed bekämpfen. Hingegen kann die Euro-Zone den drohenden Gas- und möglicherweise Strommangel nicht schnell lösen, das dürfte vielmehr Jahre dauern.
Laut den Berechnungen von Goldman Sachs könnte die Energierechnung, also für Strom und Gas, für italienische Haushalte in diesem Winter auf 500 bis 600 Euro je Monat nach oben schießen, gegenüber rund 160 Euro vor einem Jahr. Gleichzeitig könnte die Rechnung für Europa für diesen Winter auf insgesamt 2 Billionen Euro explodieren – das wären rund 15 % der jährlichen Wirtschaftsleistung.
EZB-Sitzung im Fokus
Umso mehr rückt die EZB-Sitzung am Donnerstag, 8. September auf die Agenda der Investoren. Dabei steckt die EZB enorm in der Klemme: Wenn die EZB die Zinsen kräftig anheben würde, würde die Notenbank die Inflation etwas stärker bekämpfen. Umso tiefer würde allerdings die Wirtschaft in eine Rezession abrutschen. Wenn die EZB die Zinsen allerdings nur wenig anhebt, wird die Inflation noch weiter nach oben schießen und damit die Wirtschaft noch weiter abwürgen.
Auf dem Notenbankertreffen Ende August in Jackson Hole hatten sich EZB-Chefin Christine Lagarde und Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel überraschend falkenhaft gegeben. Dennoch spekulieren Investoren, ob die EZB die Zinsen um 50 oder um 75 Basispunkte anheben dürfte, schließlich hatten die Notenbanker aus den hochverschuldeten Südländern in den vergangenen 10 Jahren jegliche Zinserhöhungen verhindert, ehe die EZB die Zinsen bei der Sitzung am 21. Juli 2022 um 50 Basispunkte angehoben hat. Von großer Bedeutung für die Finanzmärkte wird diesmal zudem das Signal für die darauffolgende Sitzung am 27. Oktober sein.
Im Gegensatz zur Fed ist für die EZB ein möglicher Abbau der absolut kein Thema, zumal die Zinsen für zehnjährige Anleihen für das hochverschuldete Italien zuletzt auf knapp 4 Prozent und damit in die Nähe des höchsten Niveaus seit Januar 20214 nach oben geschossen sind.
EZB erhöht Zinsen in eine Rezession hinein
Umso gespannter werden Investoren darauf achten, mit welchen Maßnahmen die EZB im Rahmen des geplanten „Transmission Protection Instrument“-Programms (TPI) einen kräftigen Zinsanstieg für Italien und die anderen hochverschuldeten Länder verhindern will. Sollte die EZB keine genauen Details des TPI liefern, dürfte der kräftige Zinsanstieg für Italien weitergehen, und damit die Sorgen vor einer dortigen Rezession weiter schüren, was für zusätzlichen Abwärtsdruck auf den Euro sorgen sollte.
Wie immer dem auch sei: die EZB erhöht die Zinsen mitten in eine heraufziehende Rezession hinein. Ich bezweifle, dass die Notenbank diesen Kurs im Umfeld einer anhaltenden Rezession durchhalten kann. Vielmehr besteht das Risiko, dass die Zinserhöhungen innerhalb weniger Monate auslaufen dürften, was die ohnehin hohe Inflation weiter anheizen würde.
Umso wichtiger ist es, sich dagegen mit physischem Gold zu schützen, zumal die Talfahrt des Euro auf absehbare Zeit weitergehen dürfte. So notiert der Goldpreis auf Euro-Basis um 6,7 % über dem Stand von Ende 2021. Das kann sich in dem Umfeld mehr als sehen lassen!
Gold bleibt unverzichtbar
Um es offen zu sagen: Bei weiter kräftig steigenden US-Zinsen und deutlich steigendem Dollar dürfte die Talfahrt des Goldpreises auf Dollar-Basis erst einmal weitergehen. Niemand kann sagen, wo möglicherweise das Tief bei der Notierung des Edelmetalls sein wird. Eines sollte allerdings auch klar sein: je länger die Fed mit der Verschärfung der Geldpolitik, also Zinserhöhungen und dem Abbau der Bilanzsumme, weitermacht, umso stärker muss die Fed anschließend umschwenken, die Leitzinsen wieder auf null senken und ein massives QE-Gelddruckprogramm starten.
Schließlich belastet der Zinsanstieg die hochverschuldete Wirtschaft sehr. So haben sich die Hypothekenzinsen gegenüber dem Stand von vor einem Jahr verdoppelt auf 6,1 %. Dass in den USA damit eine Immobilienkrise schnell heraufzieht, sollte niemanden überraschen. Nun müssen also die dortigen und die weltweiten Investoren zusehen, wie sich das Vermögen an US-Aktien, -Anleihen und -Immobilien schnell in Luft auflöst, deren Wert wird also deutlich sinken. Vielen anderen Ländern, gerade der Euro-Zone, droht das gleiche Schicksal.
Viele Gold-Fans dürften eine Beruhigung der Lage beim Goldpreis abwarten und dann ihre Bestände weiter aufstocken. Denn auf mittlere und lange Sicht sollte physisches Gold dessen Besitzer vor dem anhaltenden Verfall der Fiat-Währungen, gerade dem Euro, und der herben Inflation weiterhin gut schützen können und damit deren Kaufkraft erhalten.