Fed-Chef Jay Powell, seine Kollegen und viele „Experten“ betonen immer, wie „stark“ die US-Wirtschaft sei. Komischerweise rauscht aber der S&P500 kräftig nach unten, während die Nachrichten aus den USA immer besorgniserregender werden. Kein Wunder, dass Gold plötzlich deutlich nach oben gedreht ist.

Die Nervosität bei Anlegern nimmt zusehends zu: Zwar hält sich der DAX in der Nähe der 14.000er-Marke. Das ist umso bemerkenswerter, weil der US-Aktienmarkt kräftig nach unten rauscht. So ist der S&P500 in der vergangenen Woche die 7. Woche in Folge gesunken, das ist die längste Negativserie seit 2001. Damit liegt der Index um 17,2 % unter dem Rekordhoch vom 3. Januar 2022, womit ein Bärenmarkt immer näher rückt. Er liegt bei einem Kursrückgang um mindestens 20 % gegenüber dem vorherigen Hoch vor. Gleichzeitig hat der Dow Jones die 8. Woche in Folge einen Rückgang verbucht, das ist die längste Negativserie seit 1923.

Offensichtlich ist am US-Aktienmarkt nichts mehr so wie in den vergangenen Jahren, als es das größte Gelddrucken aller Zeiten gegeben hatte, wodurch die Fed die mit weitem Abstand größte Blase aller Zeiten aufgeblasen hat. Nachdem die Fed seit ein paar Monaten die Geldpolitik aber verschärft, dreht sich nun die Spirale am US-Aktienmarkt umso schneller abwärts. Ich habe in den vergangenen Jahren wiederholt gewarnt, dass es keinen Ausstieg aus dem größten Gelddrucken aller Zeiten geben kann, ohne dass es zu einem Einbruch am Aktienmarkt kommt. Gegenteilige Beteuerungen von Fed-Chef Jay Powell und vielen seiner Kollegen waren Fake News!

Hingegen hat sich der Goldpreis zuletzt erholt und liegt bei rund 1.860 US-Dollar je Unze. Für Rückenwind hat der Einbruch der US-Zinsen gesorgt. So sind jene für zehnjährige US-Anleihen zuletzt bis auf knapp über 2,70 Prozent kollabiert. Das ist ein Rückgang um fast 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) seit dem Mehr-Jahres-Hoch vom 9. Mai 2022 von 3,20 %, also in gerade mal zweieinhalb Wochen. Das ist eine enorme Bewegung und spiegelt die stark zunehmenden Sorgen der Investoren vor einer US-Rezession wider. Die sinkenden US-Zinsen haben zudem den US-Dollar mit nach unten gezogen, womit die Notierung des Edelmetalls von einer 2. Seite her Rückenwind hatte.

Eine Reihe von US-Firmen geben Gewinnwarnungen ab

Geschürt wurden die Rezessionssorgen der Investoren anfangs vom US-Discounter Target, der nach dem größten US-Einzelhändler Walmart ebenfalls die Gewinnprognose deutlich gesenkt hat, woraufhin die Target-Aktie eingebrochen ist. Target hat gewarnt, dass die stark steigenden Preise für Nahrungsmittel und Benzin die Nachfrage nach diskretionären Produkten, wie TVs, Küchengeräten, Haushaltswaren und Kleidung drücken würden. Zudem würden Kunden von Hersteller- auf preisgünstigere Handelsmarken umsteigen.

Zudem haben der Konkurrent Ross Stores und die Warenhauskette Kohl’s jeweils den Umsatzausblick gesenkt, was Investoren schockiert hat. Schlussendlich hat das Social-Media-Unternehmen Snap, das für seinen Instant-Messaging-Dienst Snapchat bekannt ist, eine Gewinnwarnung abgegeben und damit dem gesamten Aktienmarkt einen neuen Tiefschlag verpasst. Snap hat gemahnt, dass sich die Konjunktur deutlich schneller und stärker abgeschwächt habe als erwartet, woraufhin auch die Aktien anderer sozialer Medien, wie Meta Platforms, Alphabet und Twitter eingebrochen sind. Der Grund: Den Investoren dämmert plötzlich, dass das Geschäft dieser Technologiefirmen zyklisch, also konjunkturabhängig ist, sie würden also eine US-Rezession deutlich zu spüren bekommen. Die Gewinnwarnung der Modekette Abercrombie & Fitch, woraufhin die Aktie kollabiert ist, sei nur am Rande erwähnt.

US-Konjunkturdaten zeigen heraufziehende Rezession klar an

Verstärkt wurden die Rezessionssorgen der Investoren durch eine Serie schwacher US-Konjunkturdaten, gerade vom Häusermarkt. Nachdem die Immobilienpreise seit dem Beginn der Pandemie um rund 35 % auf Rekordhochs nach oben geschossen sind, belastet der kräftige Anstieg der Hypothekenzinsen seit Jahresanfang den Sektor enorm. So waren die Verkäufe neuer Häuser im April auf eine Jahresrate von nur 591.000 Einheiten eingebrochen, während die Zahlen für März von ursprünglich 763.000 kräftig nach unten korrigiert worden sind auf nur noch 709.000. Die April-Daten lagen damit meilenweit unter den Schätzungen der Volkswirte von 749.000. Bei anhaltend hohen, oder gar weiter steigenden Hypothekenzinsen sollte sich die Talfahrt beim Absatz neuer Häuser in den nächsten Monaten beschleunigen, womit eine Krise am Immobilienmarkt immer schneller heraufzieht. Das signalisieren auch die Baugenehmigungen, die im April deutlich gesunken sind gegenüber dem Vormonat.

Ich bleibe daher der festen Überzeugung, dass eine US-Rezession noch im Sommer beginnen dürfte. Oder hat sie möglicherweise schon begonnen? Darauf deuten die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe hin, die Ende März mit rund 170.000 pro Woche auf das niedrige Niveau seit März 2020, also dem Start der Corona-Pandemie gesunken waren, und seit Anfang April 2022 allmählich nach oben gedreht sind auf zuletzt 218.000. Das deutet auf eine heraufziehende Schwäche am Arbeitsmarkt hin, wobei er ein nachlaufender Indikator ist. Zuerst schwächt sich das Geschäft der Unternehmen ab, danach treten sie auf die Einstellungsbremse beziehungsweise kündigen ihren Mitarbeitern, woraufhin die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe beginnen zu steigen. Umso genauer werde ich in den nächsten Wochen die US-Arbeitsmarktdaten analysieren.

Zudem werde ich die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen genau beobachten. Je aggressiver Powell und seine Kollegen in dem schwachen Konjunkturumfeld auf kräftige Zinserhöhungen drängen sollten, umso mehr sollten die Zinsen für zehnjährige Anleihen nicht etwa steigen, sondern nach unten rauschen und damit die Rezessionsängste der Investoren widerspiegeln. Bei stark zunehmenden Rezessionssorgen dürften Investoren nämlich in zehnjährige US-Anleihen flüchten, woraufhin die Kurse steigen und die Zinsen weiter einbrechen sollten. Das sollte für deutlichen Auftrieb beim Goldpreis sorgen.

Lagarde signalisiert Zinserhöhungen

Ebenso wie die Bürger in den USA leiden auch jene in der Euro-Zone unter der hohen Inflation enorm, weshalb EZB-Chefin Christine Lagarde, die sich in den vergangenen Quartalen mit Händen und Füßen gegen eine mögliche Zinswende gesträubt hatte, sie nun doch allmählich einleiten will. So sollen die Anleihekäufe gleich zu Beginn des 3. Quartals, also Anfang Juli auslaufen. Anschließend will die EZB die Einlagenzinsen für die Banken, die bei minus 0,50 % liegen, bis zum Ende des 3. Quartals beenden. Demnach dürfte die EZB die Leitzinsen bei der Sitzung am 21. Juli um mickrige 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) anheben. Bei der darauffolgenden Sitzung am 8. September dürfte die nächste Erhöhung um 25 Basispunkte folgen. Laut Lagarde seien anschließend weitere Zinserhöhungen möglich.

Zur Erinnerung: die letzte Erhöhung der Einlagenzinsen hatte es im Juli 2011 gegeben, als sie um 25 Basispunkte auf 0,75 % angehoben worden waren. In den folgenden Jahren ging es dann nur in eine Richtung: abwärts und immer tiefer unter die Nulllinie. Welche irrwitzige Geldpolitik! Das war der Preis dafür, dass sich die hochverschuldeten Länder, wie Italien, Spanien, Griechenland und Frankreich zu Mini-Zinsen finanzieren und weiterhin kräftig Schulden machen konnten.

So sehr ich mich als Sparer über diese nun möglicherweise bevorstehenden mickrigen Zinserhöhungen freue, zweifle ich, dass die EZB diese Pläne schlussendlich in die Tat umsetzen wird, wenn schnell eine Rezession in der Euro-Zone heraufziehen sollte. Das ist leider meine große Sorge. Die kleinsten Zinserhöhungen würden die ohnehin schwächelnde Konjunktur in den hochverschuldeten Ländern enorm belasten. Umso größer ist das Risiko, dass die EZB nach möglicherweise ein oder zwei mickrigen Zinserhöhungen, weitere schnell auf Eis legen könnte. Umso mehr würde dann die hohe Inflation die Konjunktur abwürgen, weil sich die Verbraucher bei kräftig steigenden Preisen für ihr Geld weniger kaufen können als zuvor. Die EZB hat also die Wahl zwischen Pest und Cholera! Aber in diese Position hat sich die EZB mit ihrem gigantischen Gelddrucken selbst manövriert!

Die Aussichten für Gold sind besser als je zuvor. Je mehr schwache US-Konjunkturdaten und Gewinnwarnungen von US-Unternehmen die Rezessionssorgen der Investoren schüren sollten, umso mehr sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach unten rauschen und damit im Gegenzug den Goldpreis nach oben treiben. Zumal wenn die sinkenden Zinsen den Dollar mit nach unten ziehen, was dem Goldpreis zusätzlichen Rückenwind geben würde. Da sich in dem Umfeld die Talfahrt beim S&P500 beschleunigen dürfte, sollte Gold zudem als sicherer Hafen gefragt sein. Daher ist jetzt die Zeit, um die meiner Meinung nach weiterhin günstigen Preise zu nutzen, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.