Die US-Verbraucherpreise sind im Oktober so stark gestiegen wie seit 31 Jahren nicht mehr, das hat die Inflationsängste der Investoren weiter geschürt. Dennoch will die Fed nur sehr langsam vom Gaspedal heruntergehen, was den Goldpreis nach oben treibt. Hingegen möchte EZB-Chefin Christine Lagarde von einer Verschärfung der Geldpolitik absolut nichts wissen, was die Talfahrt des Euro beschleunigt.

Kleiner Rückgang beim Goldpreis auf rund 1.855 Dollar je Unze: Grund war, dass die US-Einzelhandelsumsätze im Oktober etwas stärker gestiegen sind als Volkswirte vorhergesagt hatten. Daraufhin war der Zinsanstieg für zehnjährige US-Anleihen bis auf 1,65 Prozent weitergegangen, womit die Zinsen in der Nähe des Drei-Wochenhochs liegen.

Trotz des Rückgangs bei der Notierung des Edelmetalls ändert sich an dem zunehmend besser werdenden Umfeld für Gold nichts, denn die Folgen der aberwitzigen US-Fiskal- und Geldpolitik der vergangenen Jahre werden immer offensichtlicher. Im Oktober sind die US-Verbraucherpreise um 6,2 Prozent nach oben geschossen, das war der stärkste Anstieg seit Dezember 1990. Dabei haben die Behörden offen eingeräumt, dass es sich um einen breitangelegten Inflationsanstieg handelt, weil es neben dem rasanten Anstieg bei Energie, gebrauchten und neuen Autos sowie deutlich steigenden Kosten fürs Wohnen auch in vielen anderen Bereichen einen erheblichen Preisanstieg gibt.

Wie ich wiederholt betont habe, sind einzig und allein die US-Regierungen von Donald Trump und seinem Nachfolger Joe Biden sowie die Fed für die galoppierende Inflation verantwortlich. Trump und Biden haben innerhalb von nur 18 Monaten über 3 Konjunkturprogramme insgesamt 5 Billionen US-Dollar in die Wirtschaft gepumpt. Gleichzeitig hat die Fed seit dem Start der Pandemie im März 2020 mehr Geld gedruckt als jemals zuvor, wodurch die Bilanzsumme der Fed um horrende 4,5 Billionen US-Dollar explodiert ist.

Dieser Stimulus von insgesamt 9,5 Billionen US-Dollar hat den Kaufrausch der Amerikaner bei vielen Gütern und damit die weltweite Knappheit an Halbleitern, Rohstoffen und anderen Materialien verursacht. Zur Erinnerung: die US-Einzelhandelsumsätze liegen um 21,4 Prozent über dem damaligen Rekord vom Februar 2020! Dieser gewaltige Anstieg in Zeiten der zwischenzeitlich schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten ist alles andere als normal.

US-Realzins bricht auf 70-Jahres-Tief ein

Die Folge des rasanten Inflationsanstiegs: Zwar waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zwischenzeitlich auf 1,60 Prozent gestiegen. Abzüglich der Inflation von 6,2 Prozent lag der Realzins aber bei minus 4,6 Prozent, nachdem er in der vergangenen Woche zwischenzeitlich sogar bei minus 4,7 Prozent gelegen war. Damit war er auf das niedrigste Niveau seit Dezember 1974 eingebrochen, als der Realzins ebenfalls bei minus 4,7 Prozent gelegen war.

Abgesehen von diesem einen Monat liegt der Realzins damit in der Nähe des 70-Jahres-Tiefs, also auf dem Niveau des Jahres 1951, als die USA nach dem massiven Schuldenanstieg in Folge des Zweiten Weltkriegs mit extrem niedrigen Zinsen die Lage unter Kontrolle gehalten hatten. Offensichtlich ist die US-Wirtschaft derzeit so „stark“, dass sie mit dem niedrigsten Realzins seit fast 70 Jahren angekurbelt werden muss!

Das wiederum beflügelt den Goldpreis deutlich. Zudem konnte selbst der kräftige Anstieg des US-Dollar nicht verhindern, dass die Notierung des Edelmetalls am Dienstag, 16. November mit rund 1.875 Dollar je Unze in die Nähe des Fünf-Monats-Hochs geklettert war. Weil der Euro zudem auf Talfahrt gegenüber dem Dollar ist, ist der Goldpreis auf Euro-Basis auf mit rund 1.640 Euro je Unze auf ein Zwölf-Monats-Hoch gestiegen. Wieso ist der Euro auf Talfahrt? Weil EZB-Chefin Christine Lagarde im Gegensatz zu ihrem Fed-Kollegen Jay Powell von einer baldigen Verschärfung der Geldpolitik absolut nichts wissen und zudem eine mögliche Zinserhöhung für 2022 praktisch ausgeschlossen hat. Das hat Lagarde zuletzt wiederholt klargemacht.

Ich erwarte, dass der US-Realzins in den nächsten Monaten noch weiter in den Keller rutschen wird, weil die Inflationsraten weiter deutlich stärker steigen dürften als die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen. Zudem dürfte es in der nächsten Konjunkturkrise, die viel schneller heraufziehen dürfte, als viele „Experten“ erwarten, beim Realzins schnell in Richtung minus 6,0 oder minus 7,0 Prozent gehen. Das dürfte dennoch viele „Experten“ nicht davon abhalten, weiterhin von der „Stärke“ der US-Wirtschaft zu faseln – welcher Blödsinn!

US-Inflationserwartungen schießen auf Rekordhoch nach oben

Der Anstieg des Goldpreises sollte in den nächsten Wochen weitergehen, dämmert es doch vielen Investoren zusehends, dass die US-Inflation in den nächsten Jahren so hoch sein dürfte, wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr. So sind die Inflationserwartungen für die nächsten fünf Jahre zuletzt auf 3,25 Prozent nach oben geschossen – das ist ein Rekordhoch! Das sollte noch längst nicht das Ende der Fahnenstange sein! Wenn man in einem derartigen Umfeld kein Gold braucht, wann dann? Die Inflationserwartungen werden berechnet, indem man von den Zinsen für fünfjährige US-Anleihen (1,28 Prozent) die Zinsen für fünfjährige inflationsgeschützte US-Anleihen (minus 1,97 Prozent) abzieht.

Das Umfeld für Gold wird zusehends besser. Ich erwarte, dass der Goldpreis trotz möglicherweise weiter steigender Zinsen für zehnjährige US-Anleihen – aber weiter deutlich sinkender Realzinsen – und eines steigenden Dollars auf Dollar-Basis weiter zulegen dürfte. Gleichzeitig dürfte der Euro seine Talfahrt gegenüber dem Dollar beschleunigen, womit die Notierung des Goldpreises auf Euro-Basis zusätzlichen Aufwärtsdruck haben sollte. Umso mehr sollte es sich für Sie lohnen, die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.