Nachdem sich der US-Kongress nicht auf ein neues Konjunkturprogramm hat einigen können, ist Präsident Donald Trump selbst zur Tat geschritten. Hiesige Anleger sollten zudem auch die anhaltende Kapitalflucht aus hochverschuldeten Ländern der Eurozone nach Deutschland im Auge haben.

Am vergangenen Freitag, den 7. August 2020, war der Goldpreis auf einer kleinen Berg- und Talfahrt, dennoch notiert er weiterhin nur knapp unter dem Rekordhoch. Grund war, dass der Dollar und die US-Zinsen ein wenig gestiegen waren, womit die Notierung des Edelmetalls gleich aus zwei Richtungen Gegenwind hatte. Der Kursrückgang sollte allerdings nur von sehr kurzer Dauer sein, gab es doch keinerlei fundamentale Gründe für den jüngsten Anstieg des Dollar und der US-Zinsen, meiner Meinung nach war das lediglich eine Gegenbewegung nach der jeweiligen Talfahrt der vergangenen Monate.

Zwar sollen laut dem US-Arbeitsmarktbericht im Juli 1,76 Mio. Jobs geschaffen worden sein, was etwas über den Schätzungen der Volkswirte lag. Der genaue Zeitraum für den Bericht ist allerdings nicht der Monat Juli, sondern jener von Mitte Juni (inklusive der Woche des 12. Juni) bis Mitte Juli (inklusive der Woche des 12. Juli). Damit ist die Zahl der Arbeitslosen auf 16,34 Mio. gesunken, wodurch die Quote von 11,1 auf 10,2 % zurückgegangen ist. Damit wäre die Zahl gegenüber dem Vorkrisenmonat Februar angeblich um „nur“ 10,55 Mio. gestiegen.

Tatsächliche Zahl der Arbeitslosen ist doppelt so hoch wie offiziell ausgewiesen

Das Problem ist, dass die allwöchentlichen Daten zu den Empfängern von Arbeitslosenunterstützung (ALU), die jeweils donnerstags veröffentlicht werden, ein völlig anderes, viel schlechteres Bild zeigen. Demnach ist in der Woche, die am 18. Juli endete, die Zahl der Bezieher von ALU gegenüber der Vorwoche um rund 500.000 auf 31,31 Mio. gestiegen.

Das entspricht einer Quote von herben 19,5 %. Gegenüber Februar steht damit ein Sprung um horrende 29,42 Mio. zu Buche. Diese Zahl passt viel besser zur schwersten US-Rezession seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren als die obigen 10,55 Mio. oder?

Wo ist der Unterschied zwischen der Zahl der Arbeitslosen und der der Bezieher von ALU? Eigentlich könnte man meinen, dass die beiden Daten jeweils ungefähr gleich groß sein müssten. Als arbeitslos werden in den USA allerdings nur diejenigen Erwerbslosen gezählt, die in den vergangenen vier Wochen nach einem Job gesucht haben.

Millionen von arbeitslosen Amerikanern, die beispielsweise früher in Restaurants oder im Tourismusbereich gearbeitet haben, haben in den vergangenen paar Wochen aber keinen Job gesucht, weil sie wussten, dass es sinnlos ist. Demnach tauchen sie nicht als Arbeitslose in der Statistik auf.

ALU beziehen auch diejenigen, die zuletzt nicht nach einer Beschäftigung Ausschau gehalten haben, dennoch sind diese Menschen aber arbeitslos. Unterm Strich ist damit die tatsächliche Zahl an Arbeitslosen mit 31,31 Mio. rund doppelt so hoch wie die offizielle Zahl von 16,34 Mio., womit die Lage verheerend ist, was die Wirtschaft noch für eine lange Zeit belasten wird. Dass die Situation nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern für die Wirtschaft insgesamt verheerend ist – Grund ist der gigantische Schuldenberg –, können Sie in dem Beitrag „US-Zinsen nahe Rekordtiefs spiegeln miserable Wirtschaftslage wider“ nachlesen.

Trump unterzeichnet mehrere Erlasse

Das bringt Trump vor der Präsidentschaftswahl am 3. November gewaltig unter Druck. Nachdem sich die Republikaner und die oppositionellen Demokraten nicht auf ein fünftes Billionen Dollar schweres Konjunkturprogramm einigen konnten, hat Trump mehrere Erlasse unterzeichnet, um so die Konjunktur zu stützen und vor allem seine Chancen auf eine mögliche Wiederwahl zu verbessern.

Demnach wird die Aufstockung der Arbeitslosenunterstützung, die Ende Juli ausgelaufen ist, von 600 auf 400 Dollar pro Woche gekürzt. Das bedeutet, dass die Erwerbslosen im Schnitt mehr als 20 % weniger Geld in der Tasche haben als zuvor, was die Konjunktur deutlich dämpfen wird.

Gleichzeitig wird das Bezahlen der Sozialversicherungsabgaben für Arbeitnehmer mit einem Bruttoeinkommen von weniger als 100.000 Dollar pro Jahr von September bis Dezember ausgesetzt. Das ist allerdings keine Senkung für Arbeitgeber und -nehmer, weil sie die Abgaben später nachzahlen müssen, was erhebliche zusätzliche Belastungen bedeuten würde.

Gleichzeitig soll die Rückzahlung der Studienkredite bis zum Jahresende ausgesetzt werden. Zur Erinnerung: Das Volumen an Studienkrediten beläuft sich auf den Rekord von 1,7 Billionen Dollar.

Konjunkturerholung läuft aus

Allerdings haben Demokraten und Experten kritisiert, dass Trump überhaupt nicht das Recht habe das Geld auf diese Weise auszugeben. Denn nach der US-Verfassung hat eigentlich nur der Kongress die Hoheit über Steuern und Staatsfinanzen und muss daher sämtliche derartige Maßnahmen bewilligen. Das ficht Trump allerdings nicht an – er versucht den Kongress zu umgehen, um dennoch seinen Kopf durchzusetzen.

Je länger sich eine mögliche Einigung mit den Demokraten hinziehen sollte, umso mehr nehmen die Konjunkturrisiken für die US-Wirtschaft, die durch die anhaltend hohe Zahl an Corona-Neuinfektionen ohnehin deutlichen Gegenwind hat, weiter zu. Das sollte in den nächsten Wochen für deutlichen Abwärtsdruck auf die US-Zinsen sorgen, weshalb jene für zehnjährige US-Anleihen schon bald auf neue Rekordtiefs sinken dürften. Das bisherige lag am 9. März bei 0,50 % auf Schlusskursbasis.

Das sollte auch den Dollar weiter belasten, denn der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber Bundesanleihen dürfte weiter kleiner werden. Zuletzt waren es nurmehr 106 Basispunkte (1,06 Prozentpunkte), das lag in der Nähe des niedrigsten Niveaus seit März 2014. In dem Umfeld sollte der Goldpreis von zwei Seiten Rückenwind haben, weshalb der Höhenflug der Notierung des Edelmetalls nahtlos weitergehen dürfte.

Kapitalflucht nach Deutschland hält an

Wenig erfreulich ist auch der Blick in die Eurozone. Obwohl sich die Staats- und Regierungschefs am 21. Juli auf einen 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds geeinigt haben, hält die Kapitalflucht aus hochverschuldeten Euro-Ländern nach Deutschland an. Bemerkenswert oder?

Einerseits geben sich Versicherungen und Pensionsfonds beispielsweise mit irrwitzigen Mini-Zinsen von 1,0 % für zehnjährige italienische Anleihen zufrieden. Grund dafür ist allerdings nur, dass die EZB gerade im Rahmen des auf 1,35 Billionen Euro aufgestockten Pandemie-Notfallankaufprogramms (PEPP) kräftig italienische Anleihen kauft und so die Zinsen auf absurd niedrige Niveaus drückt.

Andererseits ist der Target2-Saldo der Bundesbank von Juni auf Juli um 24,1 Mrd. Euro auf den Rekord von 1,02 Billionen Euro gestiegen. Damit hat die Kapitalflucht nach Deutschland angehalten, wobei das Geld gerade aus hochverschuldeten Ländern, wie Italien und Spanien, abgezogen worden sein dürfte. Dabei spiegelt ein positiver Target2-Saldo eine Forderung der Notenbank eines Landes, beispielsweise Deutschlands, gegenüber der EZB wider, während ein negativer Saldo eine Verbindlichkeit gegenüber der EZB widerspiegelt.

So war der Target2-Saldo Italiens im Juni – das sind die neuesten Zahlen – auf den Rekord von minus 637,2 Mrd. Euro gestiegen, gegenüber 517,4 Mrd. für Mai. Gleichzeitig war der Saldo Spaniens auf den Rekord von minus 462,4 Mrd. geklettert, gegenüber 451,8 Mrd. im Vormonat. Im Juli dürfte der Negativtrend gerade aus Italien angehalten haben. Kein Wunder, spiegelt doch der Kollaps der dortigen Bankaktien, gemessen am FTSE Italia All-Share Banks Index, das rapide schwindende Vertrauen der Investoren klar wider.

Besitz von physischem Gold ist unentbehrlich

Wie ich in den vergangenen Quartalen wiederholt geschrieben habe, wird das ohnehin prächtige Umfeld für Gold immer besser, weshalb die Rekordfahrt anhalten sollte. So kann die Fed ihr gigantisches Gelddruckprogramm nicht zurückschrauben, weil ansonsten die hochverschuldete und damit auf enorme Liquiditätszuflüsse angewiesene US-Wirtschaft – und vor allem der Aktienmarkt – schnell kollabieren würde.

In der Eurozone läuft ebenfalls eine gewaltige Schuldensause, die nur mit den Notenpressen der EZB finanziert werden kann, weshalb sie die Strafzinsen in den nächsten Jahren auf immer neue Rekordtiefs drücken dürfte – damit müssten Sparer immer mehr Strafzinsen bezahlen. Umso wichtiger ist es, dass Sie sich gegen diese schlechten Aussichten schützen und Ihre Bestände an physischem Gold weiter aufstocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.