Viele Experten behaupten, dass die US-Wirtschaft boomen würde, weshalb die Zinsen steigen müssten. Komischerweise sind allerdings die US-Konjunkturdaten reihenweise schwächer als erwartet, was der jüngste Arbeitsmarktbericht klar untermauert. Das beflügelt im Gegenzug den Goldpreis.

Eine herbe Enttäuschung ist der US-Arbeitsmarktbericht für Mai, der am vergangenen Freitag, den 4. Juni veröffentlicht worden ist. In dem Monat waren lediglich 559.000 Jobs neu geschaffen worden. Das lag deutlich unter den Schätzungen der Volkswirte von rund 650.000, manche hatten sogar von einer Mio. geträumt. Warum viele Analysten nach einer Serie schwacher US-Konjunkturdaten optimistisch waren für den Arbeitsmarkt, bleibt allerdings das Geheimnis der Experten. Der Bericht bezieht sich zwar nicht auf den Monat Mai, sondern wie üblich auf den Zeitraum von der Woche inklusive des 12. April bis zu jener inklusive des 12. Mai. Das sei allerdings nur am Rande erwähnt.

Für Ernüchterung bei den Investoren hat zudem gesorgt, dass von den entstandenen 559.000 Jobs 186.000 auf Kellner und Barkeeper entfallen sind. Mit diesen üblicherweise schlecht bezahlten Arbeitsplätzen kann man die Wirtschaft nicht ankurbeln, oder? Nach der Veröffentlichung des Berichts waren daher die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen eingebrochen und beendeten den Handelstag mit 1,56 % nur 4 Basispunkte (0,04 Prozentpunkte) über dem Drei-Monats-Tief vom 10. März von 1,52 %.

Im Gegenzug ist der Goldpreis nach oben geschossen und hat sich der Marke von 1.900 US-Dollar genähert, zumal der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter Anleihen auf minus 0,84 % kollabiert ist und sich damit zusehends dem Rekordtief von minus 1,08 % vom 4. Januar 2021 nähert. Der Realzins ist üblicherweise ein wichtiger Einflussfaktor für den Goldpreis. Je tiefer der Realzins sinkt, umso höher steigt die Notierung des Edelmetalls.

Durch den Einbruch der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen ist der US-Dollar Index mit nach unten gerissen worden. Mit Kursen von knapp über 90 Punkten notiert er nur noch um ein Prozent über dem niedrigsten Niveau seit Dezember 2014. Der US-Dollar Index bildet die Entwicklung des US-Dollar gegenüber sechs wichtigen Währungen, gerade dem Euro ab. Ein sinkender Realzins und ein sinkender US-Dollar sind ein prächtiges Umfeld für steigende Goldpreise.

US-Inflationsanstieg beschleunigt sich

Umso gespannter warten Investoren auf die US-Inflationsdaten für Mai, die am kommenden Donnerstag, 10. Juni veröffentlicht werden. Laut den Schätzungen der Volkswirte hat sich der Inflationsanstieg weiter beschleunigt. Demnach soll die Inflationsrate für Mai auf 4,6 % gestiegen sein, nach 4,2 % für April, was der höchste Wert seit September 2008 war. Wenn ich mir allerdings anschaue, wie stark die Preise vieler Güter und Dienstleistungen steigen, würde es mich nicht wundern, wenn für Mai eine 5 vor dem Komma stehen würde.

Eine derartige Entwicklung würde der Fed einen hervorragenden Vorwand liefern, um die Spekulationen über eine mögliche Drosselung der Anleihekäufe („Tapering“) weiter anzuheizen. Zuletzt hatten einige Fed-Mitglieder, wie der Vizechef der Fed, Richard Clarida, gesagt, die Notenbank könne bei einer der nächsten Sitzungen über ein „Tapern“ nachdenken. Die nächste ist am 16. Juni.

Allerdings würde die Fed dies, meiner Meinung nach, nicht tun um gegen den rapiden Inflationsanstieg gegenzusteuern. Der einzige Grund, warum die Fed trotz einer Serie schwacher Konjunkturdaten plötzlich ein „Tapern“ ins Spiel gebracht hat, ist, dass sie mit einem wochen- und monatelangen Gerede darüber versuchen möchte, den US-Dollar zu stabilisieren. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Fed mit diesem Schachzug nicht erfolgreich sein wird und die Talfahrt der US-Zinsen und damit des US-Dollars weitergehen dürften, was den Goldpreis beflügeln sollte.

Gespanntes Warten auf EZB-Sitzung

Bereits am kommenden Donnerstag, 10. Juni findet die Sitzung der EZB statt. Dabei veröffentlicht sie neue Prognosen zu Wirtschaftswachstum und Inflation für 2021 und 2022. Während der Ausblick für das Wirtschaftswachstum für 2021 nach dem schwachen ersten Quartal mit 4,0 % gleichbleiben sollte, dürfte die EZB den Ausblick für die Inflationsrate von zuletzt 1,5 % deutlich anheben.

Zudem dürfte EZB-Chefin Christine Lagarde klarmachen, dass eine Drosselung der Anleihekäufe des Pandemie-Notfallaufkaufprogramms PEPP von zuletzt netto 80,1 Mrd. Euro für April für die EZB absolut kein Thema ist, zumal die Zinsen in den vergangenen Monaten, beispielsweise für zehnjährige Bundesanleihen deutlich gestiegen sind. Für die EZB sind seit 2020 „günstige Finanzierungsbedingungen“ von großer Bedeutung. Im Klartext: Hochverschuldete Länder wie Italien, Spanien und Frankreich sollen sich weiterhin zu mickrigen Zinsen finanzieren können, damit die staatliche Schuldensause weitergehen kann.

Viele Sparer wie Sie und ich wissen daher, dass es in der Euro-Zone Strafzinsen geben dürfte, solange das Auge reicht und die EZB weiterhin massiv Geld drucken wird. Umso wichtiger ist es physisches Gold zu besitzen und die eigenen Bestände weiter aufzustocken, um sich gegen diese verheerende Politik der EZB zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.