Viele Experten reden andauernd von einem Boom der US-Wirtschaft. Dabei zeichnen die jüngsten Daten ein völlig anderes Bild und belasten den US-Dollar. Im Gegenzug hat der Goldpreis deutlichen Rückenwind.

Auf Viereinhalb-Monats-Hochs ist der Goldpreis gestiegen. Beflügelt wird er von einer Serie schwacher US-Konjunkturdaten, die für Abwärtsdruck auf die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sorgen. So liegen die Zinsen nach dem jüngsten Rückgang mit 1,60 % auf dem gleichen Niveau wie Mitte März – trotz der stark zunehmenden Inflationssorgen. Hierzu gleich mehr.

Die US-Verkäufe bestehender Häuser waren im April entgegen der Erwartung der allzeit optimistischen Volkswirte um 2,7 % gegenüber dem Vormonat auf eine auf das Jahr hochgerechnete Rate von 5,85 Mio. gesunken, während die Experten einen Anstieg um 1,0 % vorhergesagt hatten. Das war der dritte Monat in Folge mit einem Rückgang, womit der Absatz auf das niedrigste Niveau seit Juni 2020 zurückgegangen ist.

Für kräftigen Gegenwind sorgt, dass die Preise bestehender Häuser um 19,1 % auf durchschnittlich 341.600 US-Dollar nach oben geschossen sind – ein Rekord. Oder anders ausgedrückt: Dieselbe Immobilie ist um 54.800 US-Dollar teurer als vor einem Jahr – Wahnsinn. Daher fällt es vielen potenziellen Hauskäufern schwer, sich eine Immobilie zu kaufen, während gleichzeitig Immobilienbesitzer mit dem Verkauf warten, weil sie nächsten Monat schon deutlich mehr Geld für ihr Haus bekommen.

US-Dollar ist im Rückwärtsgang

Verantwortlich für die Preisexplosion sind die US-Regierung und die Fed. Nachdem sich der ehemalige US-Präsident Donald Trump im Januar mit einem Konjunkturprogramm von 900 Mrd. US-Dollar verabschiedet hatte, hat sein Nachfolger Joe Biden im März eines von 1,9 Billionen US-Dollar draufgesattelt. Inklusive der sonst üblichen Schuldensause dürfte daher das Haushaltsdefizit im Fiskaljahr 2020/21, das im September endet, laut meiner Schätzung einen Rekord von mehr als 3,5 Billionen US-Dollar erreichen – das sind rund 15 % der von Volkswirten vorhergesagten Wirtschaftsleistung, ein Rekord.

Gleichzeitig druckt die Fed weiterhin netto 120 Mrd. US-Dollar pro Monat. Die Folge: Durch die Schuldensause der Regierung und dem gigantischen Gelddrucken kommt es zur größten US-Dollar-Schwemme aller Zeiten, denn die Geldmenge M2 wächst um rund 25 % gegenüber dem Vorjahr, wodurch der US-Dollar immer schneller entwertet wird. Im Gegenzug explodieren die Preise vieler Güter und Dienstleistungen, nicht nur für Häuser, sondern auch für Gebrauchtwagen, Öl, usw.

In dem Umfeld ist der US-Dollar Index auf knapp unter 90 Punkte gesunken und notiert damit nur noch mickrige 0,5 % über dem niedrigsten Niveau seit Januar 2018. Das beflügelt den Goldpreis. Der US-Dollar Index stellt die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro dar.

Rapide steigende Inflationssorgen

Den starken Inflationsanstieg spiegelt auch der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia für die dortige Industrie klar wider. Er ist einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft, weshalb Analysten und Investoren üblicherweise stark auf ihn schauen. So ist die Komponente für die Preise, die die Unternehmen beim Verkauf ihrer Produkte selbst erzielt haben, im Mai von 34,5 Punkte auf 41 Punkte nach oben geschossen – das ist der stärkste Anstieg seit 40 Jahren.

Gleichzeitig ist die Komponente für die Preise, die die Unternehmen beim Einkauf selbst bezahlt haben von 69,1 Punkte auf 76,8 Punkte explodiert – das ist das höchste Niveau seit März 1980. Und da fantasiert Fed-Chef Jay Powell immer davon, dass der Inflationsanstieg nur „vorübergehend“ sein werde – das glaubt Powell wohl selbst nicht.

Fed fantasiert von Drosselung der QE-Anleihekäufe

Normalerweise müssten derart starke Inflationssignale eigentlich zu einem kräftigen Anstieg der US-Zinsen führen, weil die Fed die Leitzinsen von aktuell 0 bis 0,25 % bald anheben müsste, woraufhin auch die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen steigen würden. Dass die Zinsen stattdessen im Rückwärtsgang sind, hat nicht zuletzt einen Grund: Die Investoren sind der Überzeugung, dass die Fed wegen der gigantischen Verschuldung von Staat, privaten Haushalten, Unternehmen und Banken von insgesamt mehr als 80 Billionen US-Dollar – das sind rund 400 % der jährlichen Wirtschaftsleistung – die Zinsen trotz der stark steigenden Inflationsraten eben nicht anheben dürfte.

Genau diesen Eindruck hat das Fed-Protokoll der Sitzung vom 28. April bestätigt. Zwar hat es Folgendes geschrieben: „Eine Reihe von (Fed-)Mitgliedern hat angedeutet, dass wenn die Wirtschaft weiterhin schnelle Fortschritte in Richtung der Ziele der Fed (hohe Beschäftigung und stabile Preise) machen sollte, es zu einem gewissen Punkt während der kommenden Sitzungen angemessen sein könnte, zu beginnen über einen Plan zu diskutieren, das Volumen der Anleihekäufe zu adjustieren.“

Im Klartext: Der Satz inklusive „eine Reihe von“, also nicht nur „einige“, signalisiert, dass die Fed-Mitglieder bei einer der nächsten Sitzungen – die nächste ist am 16. Juni – tatsächlich über eine mögliche Drosselung der Anleihekäufe („Tapering“) diskutieren und bei einer der folgenden Sitzungen (28. Juli, 22. September) ein „Tapering“ offiziell ankündigen könnten, woraufhin es beispielsweise im Oktober dieses Jahres oder im Januar 2022 starten würde.

Fed kann Anleihekäufe nicht drosseln

Allerdings hat das Protokoll auch folgendes betont: „Ein paar Teilnehmer (der Sitzung) haben darauf hingewiesen, dass wenn der Risikoappetit der Investoren zurückgehen sollte, ein damit verbundener Rückgang der Preise für Vermögenswerte (Aktien und Immobilien) in Verbindung mit einer hohen Verschuldung bei Unternehmen und im Finanzsektor adverse (negative) Auswirkungen auf die Realwirtschaft haben könnte.“

Im Klartext: Ein Platzen der gigantischsten Blase aller Zeiten am US-Aktien- und Immobilienmarkt birgt das große Risiko, dass die Realwirtschaft schnell in eine Rezession abstürzen würde. Genauso habe ich in den vergangenen Monaten und Jahren wiederholt argumentiert. Um einen Einbruch der „Realwirtschaft“ zu verhindern, muss die Fed unter allen Umständen einen Rückgang der Preise für Vermögenswerte, also ein Platzen der Blase am Aktien- und Immobilienmarkt, unter allen Umständen verhindern.

Seitwärts tendierende oder sogar sinkende Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bei gleichzeitig deutlich steigenden Inflationsraten bedeutet aber, dass der Realzins sinkt, was den Goldpreis beflügelt. Der Realzins wird errechnet, indem man vom Nominalzins die Inflationsrate abzieht.

Die Aussichten für Gold sind besser als je zuvor. Ich erwarte, dass die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen im Rückwärtsgang bleiben werden und der US-Dollar Index schon sehr bald auf Mehr-Jahres-Tiefs einbrechen wird. Umso mehr sollte sich die Erholung des Goldpreises beschleunigen. Jetzt ist die Zeit, um Ihre Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.