Die Fed hat angekündigt, Mitte November mit der Drosselung der QE-Anleihekäufe zu beginnen. Bemerkenswerterweise steigen die US-Zinsen aber nicht, sondern sind vielmehr trotz der Vorlage guter US-Konjunkturdaten eingebrochen. Umso schneller bessert sich das Umfeld für Gold.

Eine außergewöhnliche Börsenwoche liegt hinter uns. Vielleicht haben Sie die Entwicklungen genau so beobachtet wie ich. Am Tag der Fed-Sitzung, am vergangenen Mittwoch 3. November, waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen um 4 Basispunkte (0,04 Prozentpunkte) auf 1,60 % nach oben geschossen, während der S&P500 auf ein neues Rekordhoch geklettert war. Wie ich in dem Beitrag „Inflation in der Euro-Zone steigt auf höchstes Niveau seit Euro-Einführung“ geschrieben hatte, sollte der kräftige US-Zinsanstieg das Signal der Fed an die Investoren sein, dass die Drosselung der QE-Anleihekäufe am Aktienmarkt eingepreist sei und Anleger sich daher keine Sorge über einen möglichen Kurseinbruch machen müssten.

Komischerweise sind aber die US-Zinsen am Folgetag, sowie am Freitag, 5. November, als der US-Arbeitsmarktbericht veröffentlicht worden war, umso stärker eingebrochen und haben die Handelswoche bei nur 1,45 % abgeschlossen. Das signalisiert eine kräftige Eintrübung der Aussichten für die US-Wirtschaft. Dabei waren die US-Arbeitsmarktdaten deutlich besser als erwartet.

US-Arbeitsmarktbericht deutlich besser als erwartet

Im Oktober waren 531.000 Jobs geschaffen worden, das lag deutlich über den Schätzungen der Volkswirte von 450.000. Zudem sind die Zahlen für die beiden Vormonate um insgesamt 235.000 Jobs nach oben korrigiert worden. Die überraschend starken Daten haben bei Investoren allerdings die Sorge geschürt, dass die Fed die Anleihekäufe ab Januar 2022 möglicherweise stärker drosseln könnte als um jene 15 Mrd. US-Dollar netto, um die die Käufe jeweils im November und Dezember 2021 reduziert werden sollen. Damit würden die Nettokäufe im November auf 105 Mrd. US-Dollar zurückgehen und im Dezember auf 90 Mrd. US-Dollar.

Wenn die Fed durch die stärkere Drosselung aber weniger Liquidität als bislang geplant in das Finanzsystem und damit teilweise in die Realwirtschaft pumpen würde, würden sich die Aussichten für die US-Wirtschaft schnell eintrüben, weshalb die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen völlig zurecht eingebrochen sind. Das hat den Goldpreis nach oben schießen lassen, zumal zuletzt auch der US-Dollar etwas nachgegeben hat. Mit rund 1.825 US-Dollar je Unze notiert der Goldpreis damit in der Nähe des Vier-Monats-Hochs. Dass im Umfeld einer Drosselung der Anleihekäufe die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nicht etwa steigen, sondern nach unten rauschen müssten, habe ich in den vergangenen Monaten zahllose Male geschrieben.

US-Produzentenpreise steigen so stark wie selten zuvor

Die rapide zunehmenden Sorgen um die US-Konjunktur – meiner Meinung nach ist sie schnell auf dem Weg in eine Stagflation, also eine Kombination aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation – spiegelt auch die Zinsstrukturkurve klar wider. So ist der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber zweijährigen auf 103 Basispunkte kollabiert. Das ist ein Rückgang um rund 25 Basispunkte gegenüber 20. Oktober.

Zum Anfang der laufenden Handelswoche hat sich das Spiel am US-Anleihenmarkt fortgesetzt. Nachdem das Repräsentantenhaus am Samstag, 6. November dem Infrastrukturprogramm von US-Präsident Joe Biden von 1,2 Billionen US-Dollar zugestimmt hatte, waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen am darauffolgenden Montag wegen der zunehmenden Inflationssorgen der Investoren kurz nach oben geschossen.

Am Dienstag, 9. November sind die Zinsen aber kräftig nach unten gedreht, nach der Veröffentlichung der US-Produzentenpreise hat sich die Talfahrt dann beschleunigt. So waren die Produzentenpreise, also die Preise die Unternehmen untereinander verrechnen, im Oktober um herbe 8,6 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen, womit der Preisanstieg das Rekordhoch des Vormonats egalisiert hatte. Üblicherweise geben die Unternehmen die kräftig steigenden Kosten schlussendlich an die Verbraucher weiter, was zwangsläufig die Inflation anheizt.

Die Reaktion der Investoren ließ nicht lange auf sich warten. Der kräftige Anstieg der Produzentenpreise hat bei Investoren die Sorge geschürt, dass die Fed ihre Anleihekäufe stärker drosseln könnte als bislang geplant und schon sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen wieder nach unten gerauscht und liegen aktuell bei 1,45 %. Insgesamt bedeutet das einen Zinsrückgang um rund 10 Basispunkte innerhalb von nur 4 Handelstagen – das ist eine enorme Bewegung! Das entspricht einem Rückgang um rund 50 Basispunkte pro Monat hochgerechnet! Umso mehr bessert sich das Umfeld für Gold.

US-Zinsen im Auge behalten

Umso gespannter warte ich auf die nächsten US-Konjunkturdaten, wie das Verbrauchervertrauen, das die Universität Michigan am Freitag um 16 Uhr veröffentlichen wird. Sollten die Daten überraschend stärker ausfallen als erwartet, könnten die Sorgen der Investoren vor einer stärkeren Drosselung der QE-Anleihekäufe zunehmen, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sinken dürften. Falls die Daten hingegen schwächer ausfallen sollten als erwartet, könnten auch in diesem Fall die US-Zinsen nach unten rauschen, weil die Konjunktursorgen der Investoren zunehmen würden.

Ich werde die Entwicklung der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen in den nächsten Wochen weiterhin ganz genau beobachten. Ich gehe davon aus, dass die Zinsen in den nächsten Wochen kräftig sinken werden und wahrscheinlich erst kurz vor der nächsten Fed-Sitzung am 15. Dezember nach oben drehen werden. Denn dann muss die Fed den Investoren wieder weismachen, dass mit der Konjunktur alles in Ordnung sei, weshalb die Fed mit der Drosselung weitermachen könne.

Je schneller aber die US-Zinsen nach unten rauschen sollten, umso schneller wächst das Risiko eines Kurseinbruchs beim S&P500. Meiner Meinung nach wird die Fed bei einem Kursrückgang um maximal 10 bis 15 % beim S&P500 die Drosselung auf Eis legen – dann sollte auch dem letzten Investor endgültig klar sein, dass die Fed aus dem massiven Gelddrucken nicht aussteigen kann, ohne dass es zu einem Crash am Aktienmarkt und kurz darauf zu einer Rezession der US-Wirtschaft kommen würde. Etwas Derartiges will die Fed unter allen Umständen vermeiden.

Meiner Meinung nach sollte sich daher die Erholung des Goldpreises in den nächsten Wochen beschleunigen. Es macht absolut keinen Sinn, dass die Notierung des Edelmetalls trotz des jüngsten Anstiegs um rund 5 % unter dem Niveau von Ende 2020 liegt, obwohl die US-Geldmenge seit Jahresanfang um horrende 1,7 Billionen US-Dollar explodiert ist. Daher sollte es sich lohnen, die aktuellen Kurse zu nutzen, um Ihre Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.