Trotz der sich verschärfenden US-Bankenkrise und etlicher anderer Risikofaktoren sind die Aktienmärkte auf dem Weg nach oben. Umso wichtiger werden die US-Inflationsdaten.

Viele Anleger dürfte der Höhenflug an den Aktienmärkten ziemlich verwundern, gibt es doch zahlreiche Belastungs- und Risikofaktoren. Dennoch notiert der DAX in der Nähe der Marke von 16.000 Punkten und damit nur noch knapp unter den Rekordhochs von Anfang Januar 2022. Zudem sind S&P 500 und Nasdaq in die Nähe der Acht-Monats-Hochs geklettert. Dabei hatten vor allem die Quartalszahlen und der starke Ausblick von Apple zuletzt für einen Kurssprung an den Märkten gesorgt.

Ebenso wie die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks war zuletzt der Goldpreis auf dem Weg nach oben und nimmt mit Kursen von knapp 2.040 Dollar je Unze zusehends das Rekordhoch vom August 2020 bei rund 2.070 Dollar ins Visier. Der Grund: Im Umfeld der schwersten Bankenkrise in der Geschichte der USA flüchten viele Investoren in den sicheren Hafen Gold, gibt es doch bei physischem Gold kein Gegenparteirisiko. Da spielte es auch keine Rolle, dass die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zuletzt etwas gestiegen sind, während sich der Dollar ein wenig erholt hat.

US-Arbeitsmarkt ist alles andere als stark

Zu den obigen Belastungs- und Risikofaktoren für die Aktienmärkte werde ich gleich kommen, beginnen möchte ich allerdings mit dem US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag, 5. Mai der meiner Meinung nach alles andere als stark war. Demnach sind im April 253.000 Jobs geschaffen worden, das lag deutlich über den Erwartungen.

Dabei sind gleichzeitig die Zahlen für März um 71.000 nach und jene für Februar um 78.000 nach unten korrigiert worden. Das hat das US-Arbeitsministerium aber nicht davon abgehalten, herbe 253.000 Jobs für April auszuweisen, was auf einen florierenden Arbeitsmarkt hindeutet.

Das Problem an der Sache: Das Ministerium schätzt anhand des sogenannten „Birth-Death“-Modells wie viele Jobs durch die Gründung neuer Unternehmen entstanden sein könnten, abzüglich des Arbeitsplatzabbaus bei Firmen, die aufgelöst wurden. Auf Basis dieses Modells sollen im April 378.000 Jobs geschaffen worden sein.

Diese Zahl betrachte ich als Fake News! Im Umfeld der größten Bankenkrise in der Geschichte der USA, wobei sich Banken bei der Kreditvergabe stark zurückhalten, können unmöglich 378.000 Jobs entstanden sein. Meiner Meinung nach entstehen derzeit absolut keine Jobs in den USA. Zahlen über einen angeblich florierenden Arbeitsmarkt sind für mich eine reine Erfindung! Und diese Daten sollten spätestens bei der Revision im nächsten Jahr drastisch nach unten korrigiert werden.

US-Bankenkrise verschärft sich

Und damit zurück zu den Belastungsfaktoren, der größte ist die sich verschärfende US-Bankenkrise. Laut etlichen Berichten in den Massenmedien waren die Bankeinlagen in der Woche per 26. April um 10,9 Mrd. Dollar gestiegen, womit sich die Einlagen in den vergangenen Wochen stabilisiert hätten. Also alles gut an der Front.

Nichts liegt ferner der Realität, denn es gibt ein Problem dabei: die obigen Zahlen sind die saisonal bereinigten. Laut den nicht saisonal bereinigten, also den tatsächlichen, Zahlen sind die Bankeinlagen in der Woche um 113,2 Mrd. Dollar eingebrochen, womit der Kollaps der vergangenen Wochen ungebremst angehalten und sich damit die Krise in dem Sektor weiter verschärft hat.

Ein Einbruch um rund 100 Mrd. Dollar pro Woche bedeutet rechnerisch einen um 5,2 Billionen Dollar pro Jahr, wobei die Einlagen zuletzt bei 14,7 Billionen Dollar gelegen waren. Vor dem Hintergrund dieser Zahlen sollte jedermann klar sein, dass die Entwicklung bei den Bankeinlagen nicht nachhaltig sein kann. Vielmehr müssen das US-Finanzministerium, die Einlagensicherung FDIC und die Fed sich schleunigst etwas überlegen, um den Rückgang der Bankeinlagen schnellstmöglich stark zu bremsen, oder am Besten ganz zu beenden.

Ansonsten wird sich die Krise bei den Regionalinstituten schnell weiter verschlimmern, was auch zusehends Sorgen um die großen Banken schüren würde. Behalten Sie daher bitte den KBW Regional Banking Index, der die Kursentwicklung der kleinen und mittleren Geldhäuser widerspiegelt, genauso im Auge, wie den KBW Nasdaq Bank Index, der von den großen dominiert wird.

Dass beide Indizes in der Nähe des 28-Monats-Tiefs liegen, sollte niemanden überraschen. Eine weitere Verschärfung der US-Bankenkrise sollte meiner Meinung nach den Goldpreis deutlich beflügeln.

Etliche Risikofaktoren für die Aktienmärkte

Und damit zurück zu den Belastungs- und Risikofaktoren für die Aktienmärkte und von den Themen gibt es mehr als genug. Sei es die US-Bankenkrise, die Sorge vor einer heraufziehenden US-Rezession, der Abbau der Bilanzsumme der Fed, wodurch die Liquidität im Finanzsystem und damit teilweise in der Realwirtschaft verringert wird.

Oder das Schrumpfen der US-Geldmenge, das das Wirtschaftswachstum zwangsläufig dämpft, oder dass es weiterhin keine Erhöhung der US-Schuldenobergrenze gibt. Früher oder später müssen sich die Politiker aber auf letzteres einigen, ansonsten käme es zum Kollaps der US-Wirtschaft, wenn der Staat seine Rechnungen bei den Unternehmen nicht mehr bezahlen und seine Anleihen nicht mehr bedienen könnte.

Hingegen gibt es nur wenige Chancen, also Nachrichten, die die Märkte nach oben treiben könnten. Wie, dass sich die Politiker doch völlig überraschend auf eine Erhöhung der Schuldengrenze einigen könnten. Oder dass der Ölpreis einbricht, woraufhin der Inflationsdruck stark abnehmen würde und die Fed – entgegen ihren bisherigen Beteuerungen – im zweiten Halbjahr den Leitzins kräftig senken könnte.

Warten auf US-Inflationsdaten

Umso wichtiger werden die US-Inflationsdaten, die am Mittwoch, 10. Mai um 14.30 Uhr veröffentlicht werden. Laut den Schätzungen der Volkswirte sollen die Verbraucherpreise im April um 0,4 Prozent gestiegen sein. Zudem soll die Inflationsrate im Jahresvergleich bei 5,0 Prozent stagnieren.

Zudem sollen die Preise gemessen an der Kernrate, also bereinigt um Nahrungsmittel und Energie, im April um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat geklettert sein. Im Jahresvergleich wird ein leichter Rückgang erwartet auf 5,5 Prozent für April, nach 5,6 Prozent für März. Derartige Zahlen würden anzeigen, dass es weiterhin einen enormen Inflationsdruck in den USA gibt.

Sollten die Inflationsdaten besser ausfallen als erwartet, gerade bei der Kernrate, könnte das die Aktienmärkte nach oben treiben. Auf der anderen Seite dürfte auch der Goldpreis Rückenwind haben, weil in dem Umfeld die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sinken dürften, womit Gold weniger Gegenwind von der Seite hätte. Sollten die möglicherweise sinkenden Zinsen den Dollar mit nach unten ziehen, hätte der Goldpreis gleich von zwei Seiten Rückenwind.

Tags darauf am Donnerstag werden die US-Produzentenpreise bekanntgegeben, also jene Preise, die die Unternehmen untereinander weiter verrechnen. Sollten diese Preise besser ausfallen als erwartet, könnte das wiederum Aktienmärkte und den Goldpreis beflügeln. Ich werde daher sowohl die Daten zu Inflation, als auch jene zu den Produzentenpreisen mir genau anschauen.

Für mich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der Goldpreis einen Angriff auf das Rekordhoch startet. Das Edelmetall bekommt von etlichen Themen Auftrieb, längst nicht nur von der US-Bankenkrise. Daher ist jetzt die Zeit, die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.