Liebe Leserinnen und Leser,

nach der Vorlage des US-Arbeitsmarktberichts ist der S&P 500 in Richtung des Rekordhochs nach oben geschossen, während gleichzeitig die US-Zinsen kräftig gestiegen sind. Im Gegenzug ist der Goldpreis eingeknickt. Der Rückgang sollte allerdings nur von kurzer Dauer sein, zumal die EZB ihr jüngstes Gelddruckprogramm kräftig aufgestockt hat.

Bei den Investoren am DAX und S&P 500 herrscht mehr Euphorie als selten zuvor. Die jüngste Stufe der Rakete zündete am vergangenen Freitag, 5. Juni 2020, als der US-Arbeitsmarktbericht für Mai veröffentlicht worden ist. Demnach sollen in dem Monat angeblich 2,5 Mio. Jobs geschaffen worden sein, während die Arbeitslosenquote von 14,7 auf 13,3 Prozent gesunken ist. Hingegen hatten Volkswirte einen Einbruch um rund 7,5 Mio. vorhergesagt.

Nach der Vorlage der überraschend guten Daten war der S&P 500 nach oben geschossen und liegt mit knapp 3.200 Punkten um lediglich rund fünf Prozent unter dem Spitzenwert vom 19. Februar. Gleichzeitig sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf 0,94 Prozent nach oben geschossen – das ist das höchste Niveau seit dem 19. März.

Aufgrund des Höhenflugs am US-Aktienmarkt und der kräftig gestiegenen US-Zinsen haben Investoren Gold verkauft, woraufhin der Preis eingeknickt ist. Mit knapp 1.700 Dollar je Unze liegt er auf dem Stand von Mitte April. Allerdings sollte der Rückgang nur von kurzer Dauer sein.

US-Arbeitsmarktbericht ergibt keinerlei Sinn

Allerdings konnte kein einziger Experte erklären, wieso die US-Arbeitsmarktzahlen so viel besser waren als erwartet und sich die Erholung quer durch alle Branchen gezogen haben soll. Angeblich waren 1,2 Mio. Jobs im Hotel- und Gaststättengewerbe entstanden, während der Bau ein Stellenplus von 464.000 verzeichnet habe. Diese kräftige Erholung am Arbeitsmarkt macht keinerlei Sinn – schließlich waren viele Bundesstaaten im Mai weiterhin von einem Lockdown, also Ausgangsbeschränkungen, betroffen. Wieso sollten in dem Umfeld die Unternehmen kräftig eingestellt haben?

Zur Erinnerung: Im gleichen Monat haben laut den offiziellen Zahlen 9,1 Mio. Amerikaner einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe gestellt. Und gleichzeitig sollen 2,5 Mio. Jobs geschaffen worden sein? Und noch eine Zahl lässt aufhorchen: So schätzt das Arbeitsministerium, dass im Mai 345.000 Arbeitsplätze bei neugegründeten Unternehmen entstanden sein sollen – ein Rekord! Und das während die Corona-Pandemie die größte Depression in den USA seit den 1930er-Jahren ausgelöst hat. Im Mai 2019 waren es in dem Bereich nur 209.000.

Um es klar zu sagen: Ich betrachte den jüngsten US-Arbeitsmarktbericht als reine Manipulation. Das sind Fake News, mit dem einzigen Zweck, die Chancen für eine Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump bei der Wahl im November zu verbessern. Kein Wunder, dass Trump gleich nach der Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts, den er euphorisch gefeiert hat, ein neues Konjunkturprogramm gefordert hat, gerade die massive Senkung der Sozialversicherungsbeiträge.

Dabei geht es um eine weitere Billion Dollar. Dabei beliefen sich die jüngsten zwei Programme bereits auf insgesamt 2,7 Billionen Dollar, wodurch die Staatsschulden von zuletzt 25,9 Billionen Dollar von einem Rekord zum nächsten eilen.

Steigender US-Aktienmarkt ist kein Grund Gold zu verkaufen

Vor dem Hintergrund macht der jüngste Sprung nach oben bei den US-Zinsen keinerlei Sinn, während der Höhenflug am Aktienmarkt meiner Meinung nach einzig und allein auf das gigantischste Gelddrucken der Fed aller Zeiten zurückzuführen ist. So ist die Bilanzsumme der Fed seit Ende Februar um horrende 3 Billionen Dollar explodiert, womit sie beim Rekord von 7,2 Billionen liegt. Damit geht es rapide in Richtung 10 Billionen, wie ich wiederholt prognostiziert habe.

Damit entwertet die Fed den Dollar aber immer mehr, weshalb er selbst gegenüber dem Euro deutlich im Rückwärtsgang ist. Diese gigantische Dollar-Schwemme sollte daher nicht nur den US-Aktienmarkt in die Stratosphäre treiben, sondern auch den Goldpreis deutlich beflügeln. Daher gehe ich davon aus, dass er schon sehr bald wieder kräftig nach oben drehen sollte.

Investoren spielen Reflation

Zumal Investoren plötzlich darauf setzen, dass die gigantische Dollar-Schwemme die Inflation anheizen und es zu einer Reflation, also steigenden Inflationsraten, kommen dürfte. Darauf deutet nicht nur der kräftige Anstieg der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen hin, sondern auch, dass die US-Inflationserwartungen zuletzt deutlich nach oben gedreht sind und damit bei knapp 1,6 Prozent liegen. Das ist beinahe eine Verdoppelung gegenüber dem Mehr-Jahres-Tief vom 19. März 2020 (0,86 Prozent). Eine deutlich steigende US-Inflation sollte den Goldpreis beflügeln.

Allerdings gehe ich davon aus, dass die Hoffnung der Investoren auf eine Reflation nicht lange anhalten dürfte, sondern dass vielmehr zumindest kurzfristig aufgrund der weltweit kräftig gestiegenen Arbeitslosigkeit und drohender Unternehmenspleiten eine Deflation, also ein Umfeld sinkender Verbraucherpreise, bevorstehen dürfte. Weshalb das dennoch ein gutes Umfeld für Gold sein sollte, können Sie in dem Beitrag „Aufkeimende Inflationssorgen beflügeln den Goldpreis“ nachlesen.

Notenbanken finanzieren Schuldenexplosion mit Geldpressen

Für deutlich höhere Goldpreise spricht auch, dass nicht nur die US-Regierung immer gigantischere Schulden macht, die zusehends durch die Notenpresse finanziert werden, sondern viele andere Länder das Gleiche tun. So haben laut den Analysten der Bank of America die Regierungen weltweit in diesem Jahr Konjunkturprogramme von umgerechnet rund 10 Billionen Dollar angekündigt, während die Notenbanken geldpolitische Stimulusprogramme von mehr als 8 Billionen Dollar aufgelegt haben. Damit entwerten die Länder allerdings ihre Fiat-Währungen immer schneller, weshalb es umso wichtiger wird, physisches Gold zu besitzen.

Zuletzt hat die Bundesregierung unter Angela Merkel ein Konjunkturprogramm von 130 Mrd. Euro aufgelegt. Dabei soll der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von 7 auf 5 Prozent gesenkt werden. Dadurch soll der Konsum angekurbelt werden. Zudem gibt es einen Kinderbonus von einmalig 300 Euro pro Kind. Teil des Programms ist auch ein Zukunftspaket zur Förderung von Technologien und Klimawende.

EZB stockt Gelddruckprogramm kräftig auf

Weil sich im Gegensatz zu Deutschland viele hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien und Frankreich den kräftigen Schuldenanstieg zur Bekämpfung der Pandemie aber kaum leisten können, ist die EZB einmal mehr in die Bresche gesprungen und hat auf der Sitzung vom 4. Juni 2020 ihr neues „Pandemie-Notfallankaufprogramm“ (PEPP) zum Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen um herbe 600 Mrd. auf 1,35 Billionen Euro aufgestockt. Das ist mehr als jene 500 Mrd., die etliche Experten vorhergesagt hatten.

Zudem wurde das Programm um 6 Monate bis mindestens Ende Juni 2021 verlängert. Außerdem wird die EZB das Geld aus auslaufenden Anleihen mindestens bis Ende 2022 in neue Papiere reinvestieren. Damit werden die Notenpressen der EZB weiterhin auf Hochtouren laufen – welcher Irrwitz! Aber nur so kann ein Kollaps des gigantischen Schuldenhauses verhindert werden.

Noch größere Sorgen bereiten mir die Inflationsprognosen der EZB: So sollen die Verbraucherpreise 2021 um lediglich 0,8 Prozent und 2022 um lediglich 1,3 Prozent steigen. Das ist für die EZB, die ein Ziel von knapp unter 2 Prozent hat, viel zu niedrig. Die Notenbank will, dass der Euro viel schneller an Wert verliert. Der einzige Sinn dieser Übung: Die gigantischen Schulden sollen entwertet werden.

Weiteres Aufstocken des Gelddruckens droht

Diese Inflationsprognose geben der EZB den Vorwand, um das PEPP-Programm spätestens im März 2021 weiter aufzustocken oder zu verlängern. Allerdings sollte jedermann klar sein, dass das die Wirtschaft der Eurozone genauso wenig ankurbeln dürfte wie die anderen bisherigen Programme der EZB. Wenn sie und die Strafzinsen so gut funktionieren würden, dann hätte die Wirtschaft der Eurozone vor der Pandemie geboomt. Das hat sie aber nicht, und das wird sie auch mit Hilfe des PEPP-Programms nicht tun.

Zwar kann sich bei einem anhaltenden Höhenflug des S&P 500 der Kursrückgang beim Goldpreis noch etwas ausweiten. Allerdings spricht die anhaltende Schuldenexplosion in den USA und der Eurozone, die immer stärker von der Fed und der EZB finanziert werden, für eine weitere drastische Entwertung der Fiat-Währungen Dollar und Euro in den nächsten Jahren. Daher sollte sich der jüngste Kursrückgang des Goldpreises einmal mehr als hervorragende Kaufgelegenheit herausstellen, zumal der jüngste Anstieg des Euro gegenüber dem Dollar den Goldpreis auf Euro-Basis zusätzlich nach unten gedrückt hat.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.