Der US-Pharmariese Pfizer und das Mainzer Unternehmen BioNTech haben vielversprechende Daten zu einem Corona-Wirkstoff veröffentlicht, woraufhin S&P 500 und DAX einen kräftigen Kursprung nach oben machten. Im Gegenzug knickte der Goldpreis ein, das sollte allerdings nur von sehr kurzer Dauer sein.

Euphorie beim DAX zum Start in die neue Handelswoche: Nachdem der Index am Montagfrüh, 9. November 2020, wegen des Wahlsiegs von Joe Biden mit Kursgewinnen von 2 % in den Handel gestartet war, zündete gegen 12.45 Uhr die nächste Stufe der Rakete, woraufhin der DAX um insgesamt rund 6 % auf mehr als 13.200 Punkte nach oben geschossen ist. Grund waren Daten zu einer Phase-3-Studie zu einem möglichen Corona-Impfstoff.

So hatten der US-Pharmariese Pfizer und die Mainzer Firma BioNTech gemeldet, dass deren Impfstoff einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid-19 biete. Ein Impfschutz werde eine Woche nach der zweiten Injektion erreicht. Schwere Nebenwirkungen seien nicht registriert worden. Der Antrag für eine Notzulassung könne bereits in der kommenden Woche bei der US-Arzneimittelbehörde FDA gestellt werden.

Weil sich durch die Hoffnung auf den Wirkstoff die Konjunkturperspektiven erheblich aufhellen, sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben geschossen und liegen mit knapp über 0,90 % auf dem höchsten Niveau seit Mitte März 2020. Im Gegenzug ist der Goldpreis auf rund 1.880 Dollar je Unze eingebrochen. Das ist allerdings kein Grund zur Nervosität, sondern sollte sich einmal mehr als hervorragende Kaufgelegenheit herausstellen.

Fed kann kräftigen Zinsanstieg nicht zulassen

Wenn sich die Aussichten für die US- und die Weltwirtschaft derart stark verbessern, könnte die Fed doch glatt ihre massiven Anleihenkäufe von 120 Mrd. Dollar pro Monat drosseln oder gar einstellen, und die Leitzinsen anheben oder? Das würde zweifellos den Goldpreis belasten. Allerdings gibt es überhaupt keinen Anlass für eine derartige Sorge, vielmehr muss die Fed in einem Umfeld kräftig steigender Zinsen die Geldpolitik noch viel stärker lockern als geplant – sprich das Gelddrucken ausweiten – um die Zinsen wieder nach unten zu bringen.

Denn die hochverschuldete US-Wirtschaft kann einen kräftigen Zinsanstieg unter keinen Umständen verkraften. Zur Erinnerung: Private Haushalte und Unternehmen hatten zur Jahresmitte Schulden von insgesamt 27,1 Billionen Dollar – das sind knapp 130 % der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA.

Daher hätte ein kräftiger Zinsanstieg dramatische Folgen. Schließlich koppeln viele US-Banken die Zinsentwicklung für die Hypotheken-, Auto- oder Konsumentenkredite an die Zinsentwicklung bei Staatsanleihen. Wenn die „Renditen“ für Staatsanleihen nach oben schießen, steigen auch die Zinsen für Hypothekendarlehen unweigerlich. Das kann die Fed aber unter keinen Umständen zulassen, würde doch die gigantische Blase am Häusermarkt kollabieren, womit die Wirtschaft in eine Rezession abrutschen dürfte.

Einigung auf neues US-Konjunkturprogramm wird schwierig

Die Fed dürfte zudem schon bald noch aus einem anderen Grund unter Zugzwang kommen, das Gelddrucken weiter aufzustocken: wegen des Ausgangs der US-Wahl. Zwar hat Biden die Präsidentschaftswahl gewonnen, allerdings ist es entgegen der Prognose vieler Experten nicht zu einer „blauen Welle“ gekommen, Bidens Demokraten haben also nicht den Senat erobern können. Das können Sie in dem Beitrag „Trotz Wahl-Chaos in den USA schießen S&P 500 und DAX nach oben“ nachlesen.

Zwar dürfte Biden alles versuchen, um ein Billionen schweres Konjunkturprogramm durch den Kongress zu bringen, allerdings hat der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, bereits signalisiert, dass es dabei eher um rund 500 Mrd. Dollar gehen dürfte und nicht um bis zu 1,8 Billionen Dollar, die der derzeitige Präsident Donald Trump vor der Wahl angestrebt hatte. Denn plötzlich haben die Republikaner das Thema „Sparen“ entdeckt.

Je kleiner allerdings das US-Konjunkturprogramm ausfallen wird, umso stärker wird die Fed versuchen die Konjunktur zu stützen – sprich den Aktienmarkt nach oben zu treiben, denn nur darum geht es der Fed. Ein Umfeld, in dem die Notenpressen der Fed schneller laufen sollten als derzeit, sollte ein prächtiges Umfeld für Gold sein.

US-Arbeitsmarkt ist schwach

Wieso braucht die US-Wirtschaft einmal mehr ein Konjunkturprogramm? Weil die bisherigen vier im Volumen von insgesamt rund 3 Billionen Dollar jeweils nur ein Strohfeuer ausgelöst haben. Gleichzeitig läuft die Aufstockung des Arbeitslosengeldes spätestens am 6. Dezember aus, wobei die Bundesregierung bislang 300 Dollar pro Woche drauflegt, während einzelne Bundesstaaten weitere 100 Dollar beisteuern. Anschließend halbiert sich allerdings die durchschnittliche Arbeitslosenunterstützung auf nurmehr rund 333 Dollar pro Woche.

Eine verheerende Nachricht für viele Amerikaner ohne Job. Zwar ist die Zahl der Arbeitslosen im Oktober auf 11,1 Mio. gesunken, das entspricht eine Quote von lediglich 6,9 %. Diese Zahl spiegelt die tatsächliche Lage am Arbeitsmarkt aber keineswegs wider, beruht der allmonatliche Arbeitsmarktbericht doch auf Umfragen.

Laut den tatsächlichen Daten der Arbeitsämter haben sie zuletzt 21,5 Mio. Amerikanern Arbeitslosenunterstützung gezahlt, das entspricht einer Quote von 13,4 %. Entgegen den Behauptungen von Trump ist die Lage am US-Arbeitsmarkt trotz der Erholung der vergangenen Monate weiterhin katastrophal.

Talfahrt des Dollar beflügelt Goldpreis

Von dem jüngsten Kurseinbruch bei Gold sollten Sie sich daher nicht verunsichern lassen. Zwar kann sich der Kursrückgang noch etwas ausweiten, gerade wenn die Rally bei S&P 500 und DAX noch etwas weiter gehen sollte, womit allerdings die größte Blase aller Zeiten noch weiter aufgepumpt würde. Allerdings müsste bei einem anhaltend kräftigen Zinsanstieg die Fed umso schneller einschreiten, erst einmal verbal, um die Zinsen nach unten zu reden, was den Goldpreis beflügeln sollte.

Zudem sollte er von einer weiteren Seite Rückenwind bekommen: Von einer anhaltenden Talfahrt des Dollar, bedingt durch die Aussicht auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die Fed. Behalten Sie daher bitte die Entwicklung des Dollar, gerade gegenüber dem Euro, im Auge. Ein derartiges Umfeld sollte einmal mehr eine hervorragende Gelegenheit sein, um die eigenen Goldbestände weiter aufzustocken – wohlwissend, dass die Fed und die EZB in den nächsten Jahren alles in ihrer Macht stehende tun werden, um Dollar und Euro durch immer aggressiveres Gelddrucken weiter zu entwerten.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.