Liebe Leserinnen und Leser,

trotz der Strafzinsen hat die Wirtschaft der Eurozone in den vergangenen Jahren erheblich geschwächelt. Fed-Chef Jay Powell und seine Kollegen haben daher wiederholt betont, dass sie keine Strafzinsen einführen wollten. Allerdings ist der Finanzmarkt zusehends anderer Meinung. Umso wichtiger ist es, sich gegen diese Entwicklung mit dem Besitz von physischem Gold zu schützen.

Nichts scheint die Börsenparty bei DAX und S&P 500 aufhalten zu können. Dass dabei die Blase immer größer wird, habe ich in dem Beitrag „Trotz weltweiter Depression wird Aktienblasse immer gigantischer“ klar aufgezeigt. Neben der Liquiditätsschwemme der Fed hat zuletzt „Optimismus im Handelskrieg“ die Aktienmärkte beflügelt.

Obwohl die Corona-Pandemie und der Einbruch der Weltwirtschaft die chinesische Wirtschaft schwer belasten, hat US-Präsident Donald Trump zuletzt China dazu gedrängt, die Verpflichtungen aus dem Phase-1-Deal einzuhalten und kräftig US-Produkte zu kaufen. Zuletzt hatten die Verhandlungsdelegationen beider Seiten telefoniert und dabei angeblich „gute Fortschritte“ gemacht.

Daraufhin haben Investoren kräftig bei Aktien zugegriffen, womit der Höhenflug beim S&P 500 weitergegangen ist. Im Gegenzug hat der Goldpreis etwas nachgegeben. Allerdings notiert er mit rund 1.700 Dollar je Unze weiterhin nur knapp unter dem Sieben-Jahres-Hoch. Wie es kurzfristig bei der Entwicklung des Edelmetalls weitergeht dürfte vor allem von Powells Rede am kommenden Mittwoch, den 13. Mai 2020, abhängen. Die mittel- und langfristigen Perspektiven des Edelmetalls werden derweil immer besser.

Die Hälfte aller Amerikaner arbeitet nicht

Die Rally am Aktienmarkt ist umso bemerkenswerter, wenn man den Einbruch der US-Wirtschaft und den Kollaps am Arbeitsmarkt sieht. So waren im vergangenen Monat 20,5 Mio. Jobs abgebaut worden, wodurch die Arbeitslosenquote von 4,4 auf 14,7 Prozent explodiert ist. Das ist das höchste Niveau seit 1940.

Weil das allerdings etwas unter den Schätzungen der Volkswirte von 22 Mio. lag, hat das dem Aktienmarkt zusätzlichen Rückenwind gegeben. Dabei hat das Arbeitsministerium mitgeteilt, dass wahrscheinlich ein Teil der Befragten fälschlicherweise als „beschäftigt, aber nicht bei der Arbeit“ eingestuft wurde, statt als temporär arbeitslos.

Wenn sie richtig eingestuft worden wären, wäre die Arbeitslosenquote um fast 5 Prozentpunkte höher gelegen – also bei knapp 20 Prozent. Das kapieren die Algorithmen, also der ständig zunehmende Computerhandel, aber nicht und kaufen daher Aktien.

Trumps Wirtschaftsberater Kevin Hasset hat gesagt, dass die Quote für Mai „bei rund 20 Prozent sein sollte.“ Eine Zahl aus dem Arbeitsmarktbericht hat allerdings bei Weitem nicht genug Aufmerksamkeit in den Massenmedien bekommen: Die Beschäftigtenquote. Sie ist um 8,7 Prozentpunkte auf das Rekordtief von 51,3 Prozent kollabiert. Die Zahl zeigt, dass nur etwas mehr als die Hälfte der Amerikaner im arbeitsfähigen Alter einer Beschäftigung nachgehen – ein verheerender Wert und ein Rekordtief. Und im laufenden wird er unter 50 Prozent sinken.

Finanzmarkt preist Strafzinsen ein

Während der Aktienmarkt feiert, sendet der Anleihenmarkt völlig gegenteilige Signale: So waren am Donnerstag, den 7. Mai 2020, die Zinsen für 2- und 5-jährige US-Anleihen auf Rekordtiefs gesunken. Damit schätzt der Anleihenmarkt die kurz- und mittelfristigen Perspektiven der US-Wirtschaft als so schlecht ein wie niemals zuvor. Wie soll es auch anders sein, wenn man auf eine ohnehin hochverschuldete Wirtschaft Billionen von Dollar an neuen Schulden draufpackt, gerade auf die Unternehmen?

Am gleichen Tag sind die Fed Funds-Futures, also Derivate auf die US-Leitzinsen, gestiegen, womit die Zinsen für die Futures ab November 2020 zum ersten Mal unter die Nulllinie gesunken sind – damit haben die Futures eingepreist, dass es innerhalb von 6 Monaten Strafzinsen bei den US-Leitzinsen geben werde.

Alle Augen sind auf Powells Rede gerichtet

Das Strafzinsen verheerende Folgen haben, ist vielen Deutschen schon lange klar. Die Strafzinsen belasten die Banken enorm, weshalb der Branchenindex Euro Stoxx Banks Index, der die Kursentwicklung der Banken der Eurozone widerspiegelt, in der Nähe des Rekordtiefs notiert.

Gleichzeitig entgehen Sparer Jahr für Jahr zig Mrd. an Zinseinnahmen, weshalb die Sparer weniger Geld für den Konsum haben, was die Wirtschaft der Eurozone schwächt. Zudem treiben Strafzinsen die Immobilienpreise und damit die Mieten in die Stratosphäre.

Kein Wunder, dass Anleihen-„König“ Jeff Gundlach zuletzt gewarnt hat Strafzinsen seien „fatal.“ Powell und seine Kollegen von der Fed haben wiederholt betont, dass sie angeblich keine Strafzinsen einführen wollten. Für umso mehr Aufsehen hat die Fed am vergangenen Freitagabend, den 8. Mai 2020, gesorgt, als sie für kommenden Mittwoch überraschend eine Rede von Powell zum Thema „Aktuelle Wirtschaftsthemen“ angekündigt hat.

Etliche Investoren gehen davon aus, dass Powell bei dem Vortrag eine mögliche Einführung von Strafzinsen dementieren könnte, woraufhin die Zinsen etwas gestiegen sind und jene für Fed Funds-Futures ab November 2020 nun knapp oberhalb der Nulllinie liegen, also keine Strafzinsen mehr anzeigen.

Zuerst kommt das Dementi

Anleger sollten allerdings nicht vergessen, wie oft die Fed in den vergangenen ein bis zwei Jahren umgeschwenkt ist. Üblicherweise dementiert die Fed zuerst etwas energisch, um es nur wenige Wochen oder Monate später dann schlussendlich doch zu tun. Je energischer Powell am kommenden Mittwoch die Einführung von Strafzinsen dementieren sollte, umso zügiger dürfte die Fed meiner Meinung nach bereits die Einführung vorbereiten und umso früher dürften die Strafzinsen eingeführt werden.

Damit würde die Fed auf die Entwicklung des Anleihenmarktes regieren, sowie die Fed es in den vergangenen Jahren wiederholt gemacht hat. Die Fed führt nicht etwa den Anleihenmarkt, sondern er führt die Fed. Ich gehe vielmehr davon aus, dass es nicht bis zum Jahresende dauern dürfte bis Strafzinsen eingeführt werden, vielmehr könnte es bereits im Sommer soweit sein.

Denn wegen der sehr hohen Arbeitslosigkeit und des Einbruchs der Wirtschaft dürfte Trump immer neue Rettungsprogramme auflegen, die immer mehr durch die Notenpressen der Fed finanziert werden müssen. Da wird sie auf die Dauer an Strafzinsen kaum vorbeikommen, schließlich sind die Staatsschulden zuletzt auf 25,1 Billionen Dollar nach oben geschossen und bewegen sich rapide in Richtung der Marke von 30 Billionen. Und wenn es erstmal Strafzinsen bei den Leitzinsen gibt, dürfte es auch schnell Strafzinsen bei 2-, 5- oder 10-jährigen US-Anleihen geben.

Wenn es nach der Eurozone, Japan und etlichen anderen Ländern wie der Schweiz auch Strafzinsen in den USA geben würde, würde sich das ohnehin prächtige Umfeld für Gold weiter verbessern, zumal Strafzinsen in den USA für Abwärtsdruck auf die Zinsen im Rest der Welt sorgen würgen. Viele von Ihnen wissen längst, dass es soweit das Auge reicht Strafzinsen in der Eurozone geben dürfte – künftig wahrscheinlich noch viel mehr als derzeit ohnehin schon. Umso wichtiger ist es, sich dagegen mit dem Besitz von physischem Gold zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.