Der kräftige Anstieg der US-Zinsen und damit die Erholung des US-Dollar hatte im ersten Quartal für einen Kursrutsch beim Goldpreis gesorgt. Experten hatten erwartet, dass die Trends im zweiten Quartal anhalten würden. Nun kommen an diesem Szenario aber plötzlich Zweifel auf.

Für etliche Experten scheint es ausgemachte Sache zu sein: Die Staatsschulden der USA würden weiter explodieren, was für anhaltenden Aufwärtsdruck auf die Zinsen sorgen werde, weshalb jene für zehnjährige Anleihen in den nächsten Monaten weiter in Richtung 2,0 % klettern würden. Schließlich hatte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch, 31. März sein 2,25 Billionen US-Dollar schweres Infrastrukturprogramm vorgestellt, das er im Sommer im Kongress durchsetzen möchte. Zudem will er in ein paar Wochen die Details des geplanten „American Family Act“ zur Unterstützung von Familien präsentieren, das leicht auf ein Volumen von einer Billion US-Dollar, oder mehr kommen könnte.

Biden will also immer neue Billionen von US-Dollar auf die US-Wirtschaft draufwerfen, um deren Probleme zu „lösen“. Als ob gigantisches Schuldenmachen für eine Volkswirtschaft wie die der USA, die ohnehin bis Unterkante Oberlippe verschuldet sind, eine „Lösung“ wäre. Zur Erinnerung: Ende Dezember 2020 waren die Schulden der Regierung in Washington auf den Rekord von 27,75 Billionen US-Dollar gestiegen. Das waren horrende 129 % der jährlichen Wirtschaftsleistung, was in der Nähe des Rekordhochs lag. Zuletzt ist ein neuer „Spitzenwert“ von 28,1 Billionen erreicht worden.

Mitte März 2021 war bereits Bidens Konjunkturprogramm von 1,9 Billionen US-Dollar in Kraft getreten, nachdem Schecks von 1.400 US-Dollar je Erwachsenen und Kind verschickt worden waren, woraufhin die Amerikaner das Geld mit vollen Händen rausgeworfen haben. Wenn man als Familie mit 2 Kindern vom Staat insgesamt 5.600 US-Dollar für lau bekommt, dann gibt man das Geld kräftig aus, für iPhones, Flachbildfernseher, oder als Anzahlung für ein neues Auto, oder?

Um es klar vorwegzusagen: Auch ich bin der festen Überzeugung, dass die US-Staatsschulden in den nächsten Quartalen und Jahren auf immer neue Rekordhochs explodieren werden! Ob es dadurch zu einem kräftigen Zinsanstieg kommen wird, was weiteren Gegenwind für den Goldpreis bedeuten würde, ist die entscheidende Frage.

Viel weniger Stimulus als früher

Der Haken an der Sache ist, dass Bidens Infrastrukturprogramm von 2,25 Billionen US-Dollar über einen Zeitraum von 8 Jahren laufen soll – das ist ein Stimulus von nur 280 Mrd. US-Dollar jährlich. Damit wäre er viel kleiner als in den Vorjahren. So war die US-Wirtschaft im Frühjahr 2020 durch das Konjunkturprogramm „CARES Act“ im Volumen von 2,2 Billionen US-Dollar angekurbelt worden.

Im Januar 2021 hatte sich der damalige US-Präsident Donald Trump mit einem weiteren Programm von 900 Mrd. US-Dollar verabschiedet, woraufhin Biden im März ein weiteres im Volumen von 1,9 Billionen draufgesetzt hatte, wobei das Geld weitgehend bis zum September ausgegeben werden wird. Insgesamt wird die Wirtschaft damit im laufenden Jahr um insgesamt 2,8 Billionen US-Dollar angekurbelt. Das wären rund 12 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung von erwarteten knapp 23 Billionen US-Dollar – das ist mit weitem Abstand Rekord. Nie zuvor ist die Wirtschaft per Stimulus so stark angeheizt worden wie in diesem Jahr.

Dieser Stimulus würde im nächsten Jahr – ohne die möglichen Ausgaben des „American Family Act“ – auf nur noch 280 Mrd. US-Dollar einbrechen. Was mit einer Volkswirtschaft passiert, der im kommenden Jahr rund 2,5 Billionen US-Dollar weniger an Stimulus zugeführt werden würde als in diesem Jahr, können Sie sich leicht selbst ausrechnen. Diese Volkswirtschaft, sprich die USA, würde in einem derartigen Szenario in eine schwere Rezession abstürzen.

US-Zinsen drehen nach unten

Das beginnen die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen meiner Meinung nach allmählich einzupreisen, weshalb sie zuletzt bis auf 1,62 Prozent eingebrochen waren, ehe sie sich etwas erholt haben. Das hat zuletzt den Goldpreis gestützt, woraufhin er bis auf rund 1.750 US-Dollar je Unze geklettert war, ehe er etwas nachgegeben hat. Zumal die sinkenden US-Zinsen zuletzt auch den US-Dollar ein wenig mit nach unten gezogen haben.

Ich werde die Zinsentwicklung weiterhin genau im Auge halten. Sollte es noch mehr Investoren in den nächsten Monaten dämmern, dass der für die nächsten Monate erwartete US-Konjunkturboom nur ein sehr kurzes Strohfeuer sein dürfte und sich aufgrund des viel geringeren Stimulus die Aussichten für die US-Wirtschaft für 2022 stark eintrüben, sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen deutlich nach unten drehen – trotz des für die nächsten Monate erwarteten kräftigen Inflationsanstiegs. Das sollte für eine kräftige Erholung des Goldpreises sorgen. Umso wichtiger ist es die aktuell günstigen Preise zu nutzen, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.