Etliche Fed-Mitglieder haben in den vergangenen Tagen erfolglos versucht, den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten zu dämpfen. Umso entspannter warten Investoren auf die Veröffentlichung des Fed-Protokolls am Mittwochabend. Nicht zuletzt davon wird es abhängen, wie es kurzfristig bei Aktien und Gold weitergeht.

Hat die Jahresendrally schon begonnen? Das dürften sich viele Anleger fragen. Wenn es nach ihnen geht, kann der kräftige Kursanstieg der vergangenen Wochen an den Börsen in den kommenden Wochen nahtlos in eine Jahresendrally übergehen, schließlich notiert der DAX noch um knapp 10 Prozent unter dem Stand von Ende 2021. Beim S&P 500 steht sogar ein Rückgang um 16,0 Prozent zu Buche.

Für Rückenwind an den Aktienmärkten sorgte zuletzt der Rückgang der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen, im Gegenzug haben Investoren bei Aktien zugegriffen. Mit 3,75 Prozent nähern sich die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen den Zwei-Monats-Tiefs. Und das, obwohl etliche Fed-Mitglieder in den vergangenen Tagen versucht haben, die Zinsen nach oben zu reden und so den Aktienmarkt etwas nach unten zu drücken.

Dennoch und trotz einigen überraschend guten US-Konjunkturdaten, wie den Einzelhandelsumsätzen, spekulieren Investoren aber offenbar verstärkt auf eine „Zinspause“ der Fed bei ihren Zinserhöhungen. Die sinkenden Zinsen haben auch den Dollar mit nach unten gezogen.

Obwohl das dem Goldpreis eigentlich von 2 Seiten hätte Rückenwind geben müssen, ist die Notierung des Edelmetalls gesunken. Das macht meiner Meinung nach absolut keinen Sinn! Offenbar sind aber viele Investoren der Überzeugung, dass sie im Umfeld einer Rally an den Aktienmärkten kein Gold brauchen. Wenn sie sich da mal nicht täuschen, könnten doch die Turbulenzen an den Börsen schneller zurückkehren als derzeit viele Anleger erwarten.

Kein Ende der Corona-Lockdowns in China in Sicht

Die Party an den Märkten konnten selbst die Nachrichten aus China kaum bremsen. So war die Zahl der Corona-Infizierten in dem Land zuletzt deutlich gestiegen und nähert sich zügig dem Rekordhoch. Vor dem Hintergrund kann man die zwischenzeitlich geplanten Lockerungen der Corona-Lockdowns meiner Meinung nach völlig vergessen, stattdessen haben etliche Städte vielmehr mit einer Verschärfung der Maßnahmen begonnen, was die ohnehin schwächelnde Wirtschaft zusätzlich belastet.

Dabei war die Hoffnung auf eine Lockerung der Lockdowns in China hinter jener auf eine „Zinspause“ der Fed in den vergangenen Wochen der zweitwichtigste Treiber für die Aktienmärkte nach oben. Wenn die China-Hoffnung nun aber plötzlich wegfällt, belastet das die Börsen komischerweise dennoch nicht. Das macht offenbar wenig Sinn, oder?

US-Anleihenmarkt sendet stärkstes Rezessionssignal seit 40 Jahren

Abgesehen von ein paar US-Konjunkturdaten, die nicht so schlecht waren wie erwartet, steuert meiner Meinung nach die US-Wirtschaft weiterhin zügig auf eine Rezession zu, zumal die Lage am Häusermarkt wegen der hohen Hypothekenzinsen immer schlechter wird. Zur Erinnerung: Der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber zweijährigen ist auf minus 76 Basispunkte (minus 0,76 Prozent) kollabiert – das ist das niedrigste Niveau seit mehr als 40 Jahren. Damit schätzt der Anleihenmarkt die Aussichten für die US-Wirtschaft als so schlecht ein, wie seit 40 Jahren nicht mehr.

Das und das Risiko einer weltweiten Rezession im Jahr 2023 und damit dem drohenden Einbruch der Gewinnschätzungen für die Unternehmen aus S&P 500 und DAX ist in den Indizes meiner Meinung nach in keiner Weise eingepreist. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für den S&P 500 immer noch bei herben 17,2. Beim KGV wird der Börsenwert der Unternehmen aus dem Index durch deren erwartete Gewinne dividiert, wobei die Analysten die 2023er-Schätzungen zügig eindampfen. Und der Boden ist dabei noch längst nicht in Sicht.

Dafür spiegelt meiner Meinung nach der Ölpreis die zunehmenden Rezessionssorgen umso stärker wider. So ist jener für die US-Sorte WTI ebenso wie jener für die Nordseesorte Brent jeweils in die Nähe des Zehn-Monats-Tiefs nach unten gerauscht. Und was machen die Aktienmärkte? Party, weil sie umso stärker auf eine „Zinspause“ der Fed setzen- Wahnsinn! Die Bullen können nur hoffen, dass die Wette aufgeht, ansonsten dürfte es ein böses Erwachen an den Börsen geben, womöglich schon Anfang nächsten Jahres. Dann droht ein umso stärkerer Kater nach der aktuellen Party.

Warten auf Fed-Protokoll

Umso wichtiger wird das Fed-Protokoll, das am Mittwochabend, 23. November veröffentlicht wird. Sollte die Fed in der Mitschrift der Sitzung vom 2. November signalisieren, dass die Fed im nächsten Jahr die Zinsen nur noch leicht anheben und schon bald eine „Zinspause“ einlegen könnte, dürften die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen einbrechen und den Dollar mit nach unten reißen. Im Gegenzug dürften S&P 500 und DAX nach oben schießen.

Sollte die Fed hingegen signalisieren, dass die Spitze bei den Zinserhöhungen auf einem höheren Niveau liegen könnte als derzeit am Markt eingepreist ist – aktuell sind Leitzinsen von 5,1 Prozent für Mitte 2023 eingepreist – dürften die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben schießen und auch den Dollar mit nach oben ziehen. Das könnte die Party bei S&P 500 und DAX zumindest kurzfristig unterbrechen. Allerdings hätte auch der Goldpreis in dem Szenario von zwei Seiten Gegenwind. Umso genauer werden Investoren das Fed-Protokoll analysieren.

Ehrlich gestanden weiß ich nicht, wie das Fed-Protokoll ausfallen wird. Allerdings bin ich weiterhin überzeugt, dass die mittel- und langfristigen Aussichten für Gold besser sind als je zuvor. Denn je länger und höher die Fed die Leitzinsen weiter anheben und damit die US-Wirtschaft in eine umso schwerere Rezession stürzen wird, umso schneller und stärker wird die Fed anschließend die Zinsen senken. Erst bei null Prozent sollte Stopp sein, was für kräftigen Abwärtsdruck auf den Dollar sorgen sollte. Umso mehr Auftrieb sollte in dem Umfeld der Goldpreis haben. Nutzen Sie daher bitte die Zeit, um Ihre Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.