Während die Aktienmärkte in den USA und Deutschland zuletzt auf Höhenflug waren, war der Goldpreis unter Druck. Dabei hatte die Notierung des Edelmetalls gleich von zwei Seiten Gegenwind.

Fed-Chef Jay Powell und seine Kollegen können zufrieden sein. Sie haben in den vergangenen Wochen wiederholt betont, dass sie entgegen der Hoffnung vieler Investoren im zweiten Halbjahr den Leitzins nicht senken würden, sondern die hartnäckig hohe Inflation weiter bekämpfen wollten, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zuletzt deutlich gestiegen sind. Mit rund 3,7 Prozent liegen die Zinsen damit in der Nähe des höchsten Niveaus seit 14. März.

Dabei dürften die Aussagen der Fed-Mitglieder die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen eigentlich gar nicht nach oben treiben. Wieso? Weil, je länger die Fed den Leitzins auf dem erhöhten Niveau lässt, umso mehr trüben sich die Aussichten für die hochverschuldete US-Wirtschaft, gerade die Privatwirtschaft, ein – sprich die Rezessionsrisiken nehmen weiter zu –, woraufhin meiner Meinung nach die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nicht etwa steigen, sondern eigentlich sinken müssten. Denn in einem Rezessionsumfeld dürften Investoren in den sicheren Hafen US-Anleihen flüchten, woraufhin die Kurse steigen und im Gegenzug die Zinsen sinken würden.

Für den Zinsanstieg kann es daher eigentlich nur eine andere Erklärung geben, nämlich die Hoffnung auf eine Lösung des US-Schuldenstreits. Wenn es dazu kommt, dürfte das US-Finanzministerium seine ziemlich leere Kasse – zuletzt waren es nur 68,3 Mrd. Dollar – schnell auffüllen wollen und dazu Anleihen im Volumen von hunderten von Mrd. Dollar ausgeben. Um den Investoren Lust auf die Anleiheschwemme zu machen, muss man den Investoren höhere Zinsen bieten.

Steigende US-Zinsen ziehen den Dollar mit nach oben

Was immer auch der Grund für den US-Zinsanstieg sein mag, die steigenden Zinsen für zehnjährige US-Anleihen belasten den Goldpreis. Gleichzeitig ziehen die steigenden Zinsen den Dollar mit nach oben, weshalb der Dollar Index auf das höchste Niveau seit 17. März geklettert ist, womit der Goldpreis gleich aus zwei Richtungen Gegenwind hatte.

Und – Sie ahnen es wahrscheinlich schon – daher liegt die Notierung des Edelmetalls nach dem zwischenzeitlichen Rutsch bis auf 1.955 Dollar je Unze mit Kursen von aktuell 1.975 Dollar in der Nähe des niedrigsten Niveaus seit Mitte März. Der Dollar Index spiegelt die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem gegenüber dem Euro, wider.

Für etwas zusätzlichen Aufwärtsdruck beim Dollar – sprich Abwärtsdruck beim Euro – sorgen meiner Meinung nach auch die schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone. So war der von S&P Global veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für die Industrie der Eurozone im Mai überraschend von 45,8 auf 44,6 Punkte gesunken – das war ein 36-Monats-Tief, also das niedrigste Niveau seit Mai 2020.

Werte unterhalb der 50er-Marke signalisieren einen Rückgang der Wirtschaftsleistung und ein Wert von 44,6 Punkten deutet damit ein deutliches Schrumpfen an. Besorgniserregend ist zudem, dass sich die Talfahrt beim Auftragseingang in der Industrie beschleunigt hat.

Hingegen war der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor im Mai leicht gesunken von 56,2 auf 55,9 Punkten und deutet damit eine florierende Konjunktur in dem Sektor an. Die Eine-Million-Dollar-Frage ist nun, ob der Index für den Dienstleistungssektor jenen für die Industrie mit nach oben zieht, oder umgekehrt jener für die Industrie den für den Dienstleistungssektor mit nach unten zieht.

Ich gehe fest davon aus, dass Letzteres der Fall sein wird, weil sich die Krise in der Industrie verschärfen und damit industrienahe Branchen aus dem Dienstleistungssektor belasten dürfte. Das könnte zumindest kurzfristig für einen weiteren Anstieg beim Dollar sorgen, was leider den Goldpreis weiter belasten würde.

Warten auf Fed-Protokoll und Konjunkturdaten

Umso gespannter warten Investoren auf die Veröffentlichung des Fed-Protokolls am Mittwochabend, 24. Mai um 20 Uhr. Es sollte signalisieren, dass die Fed-Mitglieder nach einer Serie von Zinserhöhungen bei der nächsten Sitzung am 14. Juni eine Zinspause einlegen möchten.

Viele Investoren sind ohnehin der Überzeugung, dass die Erhöhung des Leitzinsen bei der bislang letzten Sitzung am 3. Mai die letzte Erhöhung in diesem Zyklus gewesen ist. Sollte das Fed-Protokoll eine mögliche Zinspause für Juni widerspiegeln, könnte das den Dollar kurz belasten, und im Gegenzug den Goldpreis stützen.

Tags darauf am Donnerstag werden die Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das erste Quartal für Deutschland und die USA veröffentlicht. Auch diese Daten könnten jeweils für Ausschläge bei Zinsen, Euro-Dollar und damit beim Goldpreis sorgen.

Am Freitag folgt der sogenannte PCE-Preisindex aus den USA. Dabei schauen Investoren vor allem auf die Kernrate des PCE-Preisindex, sie ist der bevorzugte Inflationsindikator der Fed. Die Preise sollen gemessen an der Kernrate, also bereinigt um Nahrungsmittel und Energie, im April um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein.

Im Jahresvergleich soll die Kernrate im April bei 4,6 Prozent stagniert haben, womit sie weiterhin weit über dem 2-Prozent-Inflationsziel der Fed liegen und damit einen anhaltend hohen Inflationsdruck widerspiegeln würde. Das sollte die Fed dennoch nicht davon abhalten, ihren Zinserhöhungszyklus zu beenden, zumal die anhaltende Bankenkrise das Rezessionsrisiko deutlich erhöht. Sollten die Daten, gerade bei der Kernrate, besser sein als erwartet, könnte das den Dollar belasten und damit den Goldpreis stützen.

Ich werde mir also das Fed-Protokoll ebenso genau anschauen, wie die BIP-Zahlen für Deutschland und die USA und die Daten zum PCE-Preisindex.

Enorme Schuldenberge in den USA und der Eurozone

Unabhängig von der kurzfristigen Entwicklung der US-Zinsen und des Dollar und damit des Goldpreises bleiben die mittel- und langfristigen Aussichten für das Edelmetall glänzend. Denn trotz des riesigen Schuldenbergs der USA dürfte der kräftige Schuldenanstieg in den nächsten Jahren nahtlos weitergehen, was zwangsläufig die Inflation anheizt.

Gleichzeitig wird die Fed meiner Meinung nach die Zinsen innerhalb weniger Monate kräftig senken und eine neue massive QE-Runde starten müssen, damit die Wirtschaft einigermaßen laufen kann und die Zinszahlungen der US-Regierung nicht noch weiter explodieren. Zur Erinnerung: im ersten Quartal waren die Zahlungen auf annualisiert 928,9 Mrd. Dollar nach oben geschossen. Das kann keinem Politiker in den USA gefallen.

Dass die Lage in der Euro-Zone mit einem Schuldenstand von herben 12,2 Billionen Euro per Dezember 2022 nicht viel besser aussieht, wissen Sie genauso gut wie ich. Das sind herbe 91,6 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der Eurozone. Dass sich vor dem Hintergrund viele Bürger fragen, wie das in den nächsten Jahren weitergehen soll, und möglicherweise eine Währungsreform kommen könnte, sollte niemanden überraschen.

Daher dürfte die EZB meiner Meinung nach schon bald ihren Zinserhöhungszyklus beenden, obwohl der Leitzins mit aktuell 3,75 Prozent noch meilenweit unter der Inflationsrate von 7,0 Prozent für April liegt. Bei einem derart stark negativen Realzins wird die Inflation zwangsläufig angekurbelt.

So trägt die EZB dazu bei, den riesigen Schuldenberg zu entwerten – auf Kosten der Sparer, die trotz horrender Inflation nur Mini-Zinsen bekommen. Der Realzins wird berechnet, indem man vom Nominalzins (sei es vom Leitzins, oder beispielsweise jenem für zehnjährige Anleihen) die Inflationsrate abzieht.

Anstieg des Goldpreises spiegelt dramatischen Wertverlust des Euro wider

Die Gründung der EZB am 1. Juni 1998, also vor 25 Jahren, ist für Sparer und Verbraucher daher absolut kein Grund zum Feiern, absolut nicht!

Laut den offiziellen Angaben sollen die Preise in der Eurozone seit damals um insgesamt nur 63,8 Prozent gestiegen sein, das entspräche einer durchschnittlichen Inflationsrate von ziemlich genau 2,0 Prozent pro Jahr.

Ich denke Sie wissen genau so gut wie ich, dass die tatsächliche Inflation in den vergangenen Jahren, gerade seit der Schuldenkrise etlicher Euro-Länder im Jahr 2010, deutlich höher war als offiziell ausgewiesen. Dazu hat die EZB mit dem jahrelangen massiven Gelddrucken, zuletzt nach dem Start der Corona-Pandemie im Frühjahr 2022, massiv beigetragen.

Ich mache daher eine ganz andere Rechnung auf: Anfang Juni 1998 hat eine Unze Gold knapp 270 Euro gekostet. Heutzutage sind es rund 1.830 Euro, also das 6,8-Fache des Niveaus vom Juni 1998. Oder anders ausgedrückt: Der Euro hat innerhalb von 25 Jahren im Vergleich zu Gold um rund 85 Prozent an Wert verloren, weshalb man nun 6,8 Mal so viele Euro wie damals auf den Tisch legen muss, um eine Unze Gold zu kaufen.

Meine Empfehlung an Sie bleibt daher die gleiche wie sonst auch: Nutzen Sie bitte die aktuellen Preise um ihre Bestände weiter aufzustocken, um sich damit gegen den anhaltenden Kaufkraftverlust zu schützen. Auf die EZB und den Euro sollten Sie sich jedenfalls nicht verlassen, um Ihr Vermögen zu erhalten.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.