Etliche Experten wollen Verbrauchern weismachen, dass es wegen des deutlichen Rückgangs der Inflationsrate Grund zur Entspannung gibt. Allerdings liegt meiner Meinung nach nichts ferner der Realität.

Der DAX ist auf unter 15.000 Punkte eingebrochen und liegt damit nur noch knapp über dem Sieben-Monats-Tief. Wer hätte gedacht, dass der Index in gerade einmal 2 Monaten um rund 1.500 Punkte fallen könnte? Zudem ist der S&P 500 auf ein Vier-Monats-Tief nach unten gerauscht und  auch der Goldpreis ist in die Nähe des Sieben-Monats-Tiefs gesunken.

Für kräftigen Gegenwind an den Aktienmärkten ebenso wie bei der Notierung des Edelmetalls sorgen die stark steigenden Zinsen in den USA, die gleichzeitig den US-Dollar nach oben treiben. So sind die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen auf knapp 4,9 Prozent nach oben geschossen und damit auf das höchste Niveau seit Juli 2006.

Damit werden Aktien im Vergleich zu Anleihen immer unattraktiver, während sich gleichzeitig die Aussichten für die hochverschuldete US-Privatwirtschaft, also Verbraucher und Unternehmen, rasant eintrüben. Zinsen von knapp 8,0 Prozent für 30-jährige Hypothekenkredite belasten den Häusermarkt schon etlichen Monate enorm. Gleichzeitig sorgten ähnlich hohe Zinsen für Autokredite in den nächsten Monaten für einen Einbruch beim Autoabsatz. Da warte ich ganz ruhig ab, denn ich glaube zu wissen, was kommen wird!

Vieles was derzeit in der US-Wirtschaft passiert, erinnert mich stark an die Jahre 2007/2008!

Für den rasanten Anstieg der US-Zinsen gibt es drei Gründe: Erstens macht die US-Regierung massive Schulden. Im Fiskaljahr 2023/24, das im September endet, soll das Haushaltsdefizit bei rund 2,0 Billionen US-Dollar liegen, das sind rund 6,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Eine derart hohe Neuverschuldung von 6,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gibt es üblicherweise nur in Rezessionszeiten und nicht in Zeiten, in denen die Wirtschaft angeblich boomt.

Zweitens gab es zuletzt ein paar US-Konjunkturdaten, die deutlich besser waren als erwartet, was die Zinsen nach oben treibt. So war die Zahl der offenen Stellen im August auf 9,61 Mio. nach oben geschossen und lag damit meilenweit über den Schätzungen der Volkswirte von 8,75 Mio. Zudem sind die Zahlen für Juli von 8,83 auf 8,92 Mio. nach oben korrigiert worden.

Und drittens betonen viele Fed-Mitglieder andauernd, dass  wegen der überraschend guten Konjunkturdaten der Leitzins in diesem Jahr eventuell noch einmal erhöht werden könnte und er im nächsten Jahr auf diesem Niveau bleiben werde. Das sind sehr schlechte Nachrichten für die Aktienmärkte!

Verbraucherpreise in Deutschland und der Eurozone steigen auf Rekordhoch

Im Gegensatz zu etlichen überraschend guten Konjunkturdaten aus den USA senden viele aus der Eurozone Rezessionssignale. Umso mehr freuen sich viele Volkswirte, dass die Inflationsraten in vielen Ländern der Eurozone und damit in der Eurozone insgesamt deutlich sinken.

So war die Inflationsrate in Deutschland von August auf September von 6,1 auf 4,5 Prozent eingebrochen und lag damit minimal unter den Schätzungen von 4,6 Prozent. Grund für den deutlichen Rückgang der Inflationsrate, also der Veränderung der Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, sind allerdings nicht zuletzt Einmaleffekte, wie der Tankrabatt oder das 9-Euro-Ticket aus dem Vorjahr. Also alles ok und wir können uns alle ganz entspannt zurücklehnen, zumal die Inflationsrate in den nächsten Monaten weiter sinken soll, oder?

Nein, absolut nicht. Wieso? Weil die Verbraucherpreise im September um 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sind und mit 117,8 Punkten ein Rekordhoch erreicht haben. Damit liegen die Preise um herbe 17,4 Prozent über dem Stand vom Start der Corona-Pandemie im März 2020! Selten zuvor war Deutschland von stabilen Preisen so weit entfernt wie jetzt.

Wenn jemand ein festes Gehalt hat und gleichzeitig die Verbraucherpreise allmonatlich um 0,2 oder 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat steigen, sinkt die Kaufkraft jeden Monat weiter, selbst wenn die Inflationsrate in den nächsten Monaten weiter zurückgehen sollte. Das ist Fakt.

Also lassen Sie sich bitte nicht von irgendwelchen „“Experten“ einreden, dass der kräftige Rückgang der Inflationsrate Grund zur Freude sei und alles gut wird. Meiner Meinung nach gibt es absolut keinen Grund zur Entwarnung, zumal die stark gestiegenen Ölpreise in den nächsten Monaten die Inflation wieder anheizen könnten.

Ähnlich wie   die Inflation in Deutschland sieht auch die Lage der Eurozone aus. Zwar ist die Inflationsrate im September von 5,2 auf 4,3 Prozent gesunken, allerdings sind die Preise im Monatsvergleich um 0,3 Prozent gestiegen und liegen damit – Sie ahnen es wahrscheinlich schon – am Rekordhoch.

Dennoch hat die EZB nach der Sitzung vom 14. September angekündigt, dass beim Leitzins von aktuell 4,5 Prozent der Höhepunkt erreicht sei. Im Klartext: Die EZB will in den nächsten Monaten dem erwarteten weiteren Anstieg der Verbraucherpreise auf immer neue Rekordhochs tatenlos zusehen!

Warten auf wichtige US-Daten

Umso gespannter warten Investoren auf die nächsten Konjunkturdaten aus den USA, in der Hoffnung, dass sie zumindest etwas schwächer als erwartet ausfallen könnten. Daraufhin könnten die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen zumindest kurzfristig ein wenig sinken und damit möglicherweise auch den US-Dollar etwas mit nach unten ziehen. Das würde S&P 500, Nasdaq und DAX ebenso wie den Goldpreis zumindest auf kurze Sicht stützen.

Die wichtigen Daten sind am Mittwoch, den 4. Oktober, der US-Arbeitsmarktbericht von ADP, der um 14.15 Uhr veröffentlicht wird. Demnach soll die Privatwirtschaft im September 150.000 Jobs geschaffen haben, nach den 177.000 für August.

Um 16 Uhr folgt der wichtige Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungssektor vom Institute for Supply Management (ISM). Investoren werden vor allem auf die Preiskomponente schauen, also ob sie einen Rückgang des Inflationsdrucks im Dienstleistungssektor signalisiert oder eine Beschleunigung.

Am Freitag, den 6. Oktober, folgt um 14.30 Uhr der offizielle Arbeitsmarktbericht. Demnach sollen im September 160.000 Jobs geschaffen worden sein, nach den 187.000 für August. Zudem soll die Arbeitslosenquote leicht zurückgehen von 3,8 auf 3,7 Prozent, während die Stundenlöhne um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sein sollen.

Sollten die Daten schwächer ausfallen als erwartet, sprich sind deutlich weniger neue Jobs geschaffen worden als erwartet, könnte das zumindest kurz für einen Rückgang der Zinsen für 10-jährige US-Anleihen und damit des US-Dollars sorgen.

Ich befürchte allerdings, dass US-Zinsen und der US-Dollar erst einmal weiter steigen sollten, woraufhin der Goldpreis auf der Basis des US-Dollars leider auf Talfahrt bleiben dürfte. Immerhin sinkt der Goldpreis auf Euro-Basis nicht ganz so stark, weil der Euro gegenüber dem US-Dollar nach unten rauscht und es meiner Meinung nach zügig in Richtung Parität geht. Vor dem Hintergrund macht es Sinn, mit dem Kauf von physischem Gold noch ein wenig zu warten, bis sich die Lage beruhigt. Anschließend sollte man den Bestand an physischem Gold allerdings weiter aufstocken, um sich  gegen den anhaltenden Kaufkraftverlust zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.