Während Fed-Chef Jay Powell und seine Kollegen andauernd behaupten die US-Wirtschaft sei „stark“ und könne daher kräftige Zinserhöhungen problemlos verkraften, rauschen S&P500 und DAX nach unten und signalisieren damit genau das Gegenteil.

Ein Thema belastet die Aktienmärkte in den USA und Deutschland mehr als jedes andere: Ist eine mögliche Rezession in den USA im Anmarsch, oder nicht? Und wenn ja, wann könnte sie beginnen? Viele allzeit optimistische Volkswirte sind der Meinung, dass die Rezession frühestens im zweiten Halbjahr 2023 starten könnte, wohingegen erste Experten inzwischen bereits Anfang 2023 prognostizieren.

Diese Sorge hatte den DAX am vergangenen Donnerstag, 23. Juni bis auf unter 13.000 Punkte einbrechen lassen, ehe sich der Index etwas erholt hatte, nur um anschließend wieder nach unten zu rauschen. Wenn ich mir viele US-Daten anschaue, dann bin ich weiterhin der festen Überzeugung, dass die Rezession bereits begonnen haben dürfte.

Selbstverständlich können die Fed und deren Chef Jay Powell das nicht zugeben, sondern müssen vielmehr weiter so tun, als ob sie mit kräftigen Zinserhöhungen die horrende Inflation von 8,6 % bekämpfen wollten, womit sie die schwer angeschlagene, hochverschuldete und damit stark zinsanfällige Wirtschaft umso schneller in eine Rezession treiben.

Für einen großen Gold-Fan wie mich ist daher hauptsächlich die Frage, wie schnell wird die Fed umschwenken, die Zinserhöhungen auf Eis legen und vielmehr die Zinsen wieder auf null senken und eine neue massive QE-Gelddruckrunde starten. Meiner Meinung nach könnte die Fed bereits Ende August oder Anfang September eine derartige Kehrtwende signalisieren, was dem Goldpreis enormen Auftrieb geben sollte. Er könnte allerdings schon früher Rückenwind bekommen, wenn wegen der stark zunehmenden Rezessionssorgen die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen – entgegen der Erwartung fast aller „Experten“ – schon sehr bald einbrechen sollten.

Zahlen zu US-Verkäufen neuer Häuser machen keinen Sinn

Geschürt werden die Ängste der Investoren durch eine Serie miserabler US-Konjunkturdaten. Dabei gab es zuletzt nur ganz wenige Ausnahmen, gerade die Verkäufe neuer Häuser, die am vergangenen Freitag veröffentlicht worden waren. Demnach war der Absatz im Mai auf eine Jahresrate von 696.000 Einheiten nach oben geschossen, wobei der Wert für April von ursprünglich 591.000 auf 629.000 nach oben korrigiert worden war – das war dennoch das niedrigste Niveau seit April 2020 (582.000).

Damit hatten Investoren für ein paar Stunden die Hoffnung, dass die Rezession doch nicht unmittelbar bevorstehen könnte, woraufhin die Investoren in ihrer plötzlichen und meiner Meinung nach völlig unberechtigten Euphorie kräftig Aktien aus S&P500 und DAX gekauft haben. Das hat aber keinen Sinn gemacht, denn je besser die US-Konjunkturdaten sind, umso aggressiver dürfte die Fed die Leitzinsen erhöhen und damit die Wirtschaft umso schneller in eine Rezession treiben. Das ist sicher nicht das Umfeld um Aktien zu kaufen, oder? Im Gegensatz zu vielen „Experten“ habe ich in den vergangenen Monaten zahllose Male vor dem Kauf von Aktien gewarnt, sondern vielmehr zum Verkauf geraten.

Ich misstraue allerdings den tollen Daten für Mai sehr, weil jene zum Häusermarkt teilweise deutlich korrigiert werden, und gerade weil der starke Anstieg der Hypothekenzinsen den Immobiliensektor massiv belastet. Ich gehe daher davon aus, dass die Mai-Daten nachträglich kräftig nach unten korrigiert werden sollten, während gleichzeitig die Zahlen für Juni wegen der weiter gestiegenen Hypothekenzinsen einbrechen sollten.

Serie miserabler US-Konjunkturdaten

Wie schwach die US-Wirtschaft tatsächlich ist, zeigen gerade die Einkaufsmanagerindizes von S&P Global für die Industrie und den Dienstleistungssektor. Jener für die Industrie war im Juni von 57,0 Punkte auf 52,4 Punkte kollabiert. Das markierte ein 23-Monats-Tief. Gleichzeitig ist das Barometer für die Dienstleistungsbranche von 53,4 Punkte auf 51,6 Punkte eingebrochen. Das ist ein Fünf-Monats-Tief.

Zwar liegen beide Indizes damit noch leicht über der Marke von 50 Punkten und signalisieren damit ein leichtes Wachstum des jeweiligen Sektors. Wenn man allerdings bedenkt, dass die Zahlen durch die hohe Inflation und die sehr langen Lieferzeiten stark nach oben verzerrt sind, dann deuten meiner Meinung nach die Daten bereits auf eine Rezession hin. Ich gehe davon aus, dass beide Indizes spätestens in zwei Monaten unter der 50er-Marke liegen werden und damit offen ein Schrumpfen der US-Wirtschaftsleistung anzeigen.

Dass die Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Euro-Zone im Juni ebenfalls kollabiert sind, sei nur am Rande erwähnt. Ich gehe weiterhin davon aus, dass im Umfeld einer hohen Inflation in Deutschland und der Euro-Zone, bei einer gleichzeitigen Rezession in den USA ein Wirtschaftsabschwung hierzulande und in der Euro-Zone mit großen Schritten heraufzieht. Sollte Russland der EU den Gashahn abdrehen, käme die Rezession nur noch schneller und wäre noch viel tiefer.

Bei US-Verbrauchern macht sich Krisenstimmung breit

Mehr als besorgniserregend finde ich auch einige andere Konjunkturdaten aus den USA, wie dass zuletzt der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Dallas, Texas für die dortige Industrie kollabiert ist. Wenn selbst die Wirtschaft in einer Region abschmiert, die stark von den hohen Ölpreisen profitiert, dann will ich nicht wissen, wie es im Rest der USA aussieht, der unter den rekordhohen Ölpreisen enorm leidet. Dass der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Richmond für die dortige Industrie zuletzt ebenfalls eingebrochen ist, sei nur am Rande erwähnt.

Genau in dieses Bild passt auch, dass das US-Verbrauchervertrauen, das das Conference Board veröffentlicht, im Juni viel stärker eingebrochen ist als erwartet und damit dem Verbrauchervertrauen, das die Universität Michigan bekanntgibt und das auf Rekordtiefs gesunken ist, schnell nach unten nacheilt. Rekordhohe Gaspreise, die insgesamt höchste Inflationsrate seit 40 Jahren und der Einbruch am Aktienmarkt machen viele Amerikaner alles andere als zuversichtlich. Daher ist meiner Meinung nach die Wirtschaft bereits von der Klippe heruntergefallen.

In diesem Umfeld ist der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber zweijährigen auf nurmehr 5 Basispunkte (0,05 Prozentpunkte) gesunken und spiegelt damit die stark zunehmenden Rezessionsängste klar wider. Ich gehe davon aus, dass der Aufschlag innerhalb weniger Tage unter die Nulllinie rutscht, diese Zinsstrukturkurve also invers wird. Das wäre so, als wenn man Brief und Siegel auf eine heraufziehende Rezession bekommt. Denn in den vergangenen 50 Jahren ist auf diese inverse Zinsstrukturkurve immer eine Rezession gefolgt, die Frage war nur, wie lange es gedauert hat.

Inflation in der Euro-Zone im Blick

Umso nervöser warten Investoren auf die Konjunkturdaten, die am morgigen Donnerstag aus den USA kommen werden. So werden die Zahlen zu den persönlichen Einkommen und Ausgaben der Amerikaner veröffentlicht. Dabei schauen Investoren vor allem auf die Kernrate des PCE-Preisindex, des bevorzugten Inflationsindikators der Fed. Demnach sollen diese um Nahrungsmittel und Energie bereinigten Preise im Juni um 0,4 Prozent gegenüber dem Vormonat steigen. Zudem sollen sie um 4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr klettern, nach 4,9 Prozent für Mai. Damit würde sich der leichte Rückgang der Vormonate fortsetzen, gegenüber dem 40-Jahres-Hoch vom Februar 2022 bei 5,3 Prozent.

Die Kernrate des PCE-Preisindex macht allerdings gar keinen Sinn. Wenn man von den Verbraucherpreisen jene herausrechnet, die am Stärksten steigen, dann drückt man den Wert künstlich stark nach unten und spiegelt die tatsächliche Inflation auch nicht annähernd wider.

Am Freitag folgen dann die Zahlen zur Inflation in der Euro-Zone. Demnach sollen die Verbraucherpreise im Juni um 8,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sein, nach 8,1 Prozent für Mai. Das war das höchste Niveau seit der Einführung des Euro – und ein Höhepunkt ist keineswegs in Sicht, zumal wenn ich auf die jüngsten Zahlen aus Spanien schaue. Dort war die Inflationsrate im Juni auf 10,2 Prozent nach oben geschossen und lag damit meilenweit über den Schätzungen der Volkswirte von 8,5 Prozent, gegenüber 8,7 Prozent für Mai.

Und was tut die EZB, um die Inflation zu bekämpfen? Weiterhin absolut nichts. Vielmehr will die EZB ab Freitag, 1. Juli verstärkt alte, auslaufende Anleihen aus dem 1,7 Billionen schweren Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP in Papiere der hochverschuldeten Südländer, gerade Italien, reinvestieren, um so die Zinsen künstlich deutlich nach unten zu drücken. Damit haben Italien und die anderen Südländer weiterhin keinerlei Anreiz für dringend notwendige Reformen, während die Verbraucher und Sparer in Deutschland und der gesamten Euro-Zone einen horrenden Preis dafür bezahlen–  eine absolut irrwitzige Entscheidung! Die EZB ist längst zu einem Albtraum für viele Deutsche geworden und das wird sie unter EZB-Chefin Christine Lagarde leider auch bleiben!

Gold bleibt unverzichtbar

Warum in dem Umfeld Investoren Gold verkaufen und der Preis allmählich in Richtung der Marke von 1.800 Dollar sinkt, ist mir unerklärlich. Das kann eigentlich nur daran liegen, dass Investoren aufgrund ihrer herben Verluste am Aktienmarkt Liquidität brauchen und daher Gold verkaufen, um sich Liquidität zu beschaffen, anstatt auf das Edelmetall als sicheren Hafen zu setzen. Schauen wir aber mal was passiert, wenn bei immer schlechter werdenden US-Konjunkturdaten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen plötzlich einbrechen sollten. Das müsste den Goldpreis kräftig stützen.

Allerdings könnten Investoren in dem Umfeld in den sicheren Hafen Dollar flüchten, woraufhin er weiter deutlich steigen sollte, was etwas Gegenwind für den Goldpreis bedeuten könnte. Dabei wäre ein kräftig steigender Dollar nichts anderes als ein enormes Warnsignal für die US- und damit die Weltwirtschaft und damit die weltweiten Aktienmärkte.

Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass physisches Gold unverzichtbar ist in einem Umfeld, in dem Regierungen mit massivem Schuldenmachen und Notenbanken mit gigantischem Gelddrucken – um das Schuldenmachen der Regierungen erst möglich zu machen – die Inflation stark anheizen. Das könnte vielen Investoren schneller klar werden, als derzeit viele von ihnen erwarten. Dann sollten sich die aktuellen Goldpreise einmal mehr als hervorragende Gelegenheit zum Aufstocken der Bestände herausstellen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.