Nach dem Kursrutsch in der vergangenen Woche bei S&P500, Nasdaq und DAX haben sich die Indizes zuletzt deutlich erholt. Verantwortlich für den anfänglichen Kursrutsch waren etliche Konjunkturdaten. Dazu gleich mehr.

Zuerst aber kurz zu Gold. Nachdem der Preis in der vergangenen Woche anfangs vom deutlichen Anstieg der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen belastet worden war, sind die Zinsen zum Start in die neue Handelswoche wieder nach unten gedreht und auf ihr Ausgangsniveau gesunken, womit die Notierung des Edelmetalls von dieser Seite aus keinen Gegenwind mehr hatte.

Trotz der zwischenzeitlich gestiegenen US-Zinsen hat allerdings der Dollar die Talfahrt fortgesetzt, was den Goldpreis gestützt hat. Damit notiert der Dollar Index in der Nähe des niedrigsten Niveaus seit April 2022, also des 15-Monats-Tiefs. Der Dollar Index bildet die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen ab, vor allem gegenüber dem Euro.

Schwacher Einkaufsmanagerindex für die Eurozone schockt Investoren

Und damit zurück zum Aktienmarkt. Am vergangenen Mittwochfrüh hatte zuerst der Einbruch des Einkaufsmanagerindex für den chinesischen Dienstleistungssektor für einen Einbruch beim DAX gesorgt. Der Gedanke dabei: wenn es der chinesischen Wirtschaft schlecht geht, dann belastet das jene deutschen Unternehmen, die einen wichtigen Teil ihres Geschäfts in China machen.

Wenige Stunden später kam der nächste Tiefschlag für den DAX, als der endgültige Einkaufsmanagerindex von S&P Global für die Euro-Zone, also Industrie plus Dienstleistungen, von Mai auf Juni von 52,8 auf 49,9 Punkte gesunken ist, und damit unter dem vorläufigen von 50,3 Punkten.

Da die 50er-Marke die Grenze zwischen Wachstum und Schrumpfen ist, signalisiert der aktuelle Stand von 49,9 Punkten quasi eine Stagnation der Wirtschaft der Eurozone. Dass der Wert zwischen dem vorläufigen und dem endgültigen Stand von 50,3 auf 49,9 Punkte gesunken ist zeigt, dass die zuletzt erfassten Daten aus der Umfrage bei Unternehmen deutlich schlechter waren als die vorherigen, was Rezessionssorgen bei Investoren geschürt hat.

Warum das zunehmende Rezessionsrisiko Investoren plötzlich überrascht hat, ist mir allerdings völlig schleierhaft. Ich habe in den vergangenen Monaten zahllose Male gesagt und geschrieben, dass der schwache Einkaufsmanagerindex für die Industrie mit einer zeitlichen Verzögerung von nur wenigen Monaten den Index für den Dienstleistungssektor mit nach unten reißen dürfte, weil die industrienahen Bereiche des Dienstleistungssektor die schwache Nachfrage aus dem Industriesektor zwangsläufig zu spüren bekommen werden.

Damit kommt es auch diesmal genau so wie in vorherigen Rezessionen. Warum das irgendwelche Investoren überrascht, ist mir ehrlich gestanden unerklärlich!

Zwei überraschend starke US-Konjunkturdaten…

Am Donnerstag und Freitag gab es dann etliche US-Konjunkturdaten, die für Aufsehen gesorgt und an dem einen Tag einen Kursrutsch und nächsten Tag eine Erholung beim Goldpreis ausgelöst haben. So lag der am Donnerstag veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht von ADP meilenweit über den Vorhersagen der Volkswirte und hat damit die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben schießen lassen. Laut ADP hat die US-Privatwirtschaft im Juni herbe 497.000 Jobs geschaffen, das lag meilenweit über den Erwartungen von 225.000. Die ADP-Zahlen signalisieren damit einen Boom am US-Arbeitsmarkt.

Wenige Stunden später hat dann das Institute for Supply Management (ISM) den Einkaufsmanagerindex für den US-Dienstleistungssektor veröffentlicht. Er ist von Mai auf Juni von 50,3 auf 53,9 Punkte nach oben geschossen. Damit lag das Barometer nicht nur meilenweit über den Erwartungen von 50,8 Punkten, sondern hat auch plötzlich einen Boom im US-Dienstleistungssektor signalisiert.

Ich kann mir aber absolut nicht erklären, woher dieser „Boom“ plötzlich kommen soll. Vielmehr kommt die hochverschuldete Privatwirtschaft, also Verbraucher und Unternehmen, durch die sehr hohen Zinsen immer weiter in die Bredouille. Gleichzeitig hat die Fed keine Zinssenkungen signalisiert, und die US-Regierung von Joe Biden hat kein Konjunkturprogramm angekündigt.

Meldungen über einen möglichen „Boom“ im US-Dienstleistungssektor halte ich daher für Fake News, also eine reine Erfindung. Ich gehe davon aus, dass der Einkaufsmanagerindex von ISM für den Dienstleistungssektor in den nächsten Monaten jenem für die Industrie hinterherspringen und damit ebenfalls kollabieren wird. Sie lesen richtig: „kollabieren wird.“

… aber der US-Arbeitsmarktbericht dämpft Euphorie

Im Gegensatz zu den Daten vom Donnerstag war der offizielle US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag alles andere als berauschend. Demnach sind im Juni „nur“ 209.000 Jobs geschaffen worden, das lag etwas unter den Erwartungen von 225.000. Gleichzeitig sind die Zahlen für April und Mai um insgesamt 110.000 nach unten korrigiert worden.

Zudem sind im Juni von den 209.000 Jobs 60.000 vom Staat geschaffen worden, also nur 149.000 von der Privatwirtschaft. Offenbar brummt der US-Arbeitsmarkt doch nicht so sehr, wie uns die Fed und viele andere Experten weißmachen wollen. Ich gehe weiterhin davon aus, dass sich der US-Arbeitsmarkt in den nächsten Monaten kräftig abschwächen wird, weil die stark gestiegenen Zinsen die US-Privatwirtschaft stark belasten und die Unternehmen in den nächsten Monaten kräftig auf die Einstellungsbremse treten sollten.

Wieso waren dann die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zuletzt so kräftig gestiegen und zwischenzeitlich sogar über die Marke von 4,0 Prozent geklettert? Meiner Meinung nach gibt es dafür einen Hauptgrund: Weil das US-Finanzministerium nach der Aufhebung der Schuldenobergrenze kräftig Schulden macht und man den Investoren höhere Zinsen bieten muss, damit sie das enorme Anleihenvolumen kaufen.

Die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen signalisieren also keineswegs eine Aufhellung der langfristigen Aussichten für die US-Wirtschaft, sondern sind meiner Meinung nach nur ein Spiegelbild der aktuell massiven Anleihenschwemme.

Umso bemerkenswerter ist es, dass trotz der kräftig gestiegenen US-Zinsen der Dollar auf Talfahrt ist, was den Goldpreis beflügelt hat.

Warten auf US-Inflationsdaten

Nun warten Investoren auf die US-Inflationsdaten, die am Mittwoch, 12. Juli um 14.30 Uhr veröffentlicht werden. Demnach soll die Inflationsrate im Juni auf 3,1 Prozent eingebrochen sein, nach 4,0 Prozent für Mai.

Allerdings soll die sogenannte Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, im Juni von 5,3 auf nur 5,0 Prozent zurückgegangen sein, was einen anhaltend hohen Inflationsdruck signalisieren würde. Sollten die Daten besser ausfallen als erwartet, gerade bei der Kernrate, sollte das zumindest kurzfristig für einen Rückgang der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sorgen, was den Goldpreis beflügeln würde.

Sollte der Dollar auf Talfahrt bleiben, wovon ich ausgehe, dürfte sich die Notierung des Edelmetalls kurzfristig weiter erholen. Zudem ist meiner Meinung nach jetzt die Zeit, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken, zumal das Edelmetall auf Euro-Basis kaum zwei Prozent mehr kostet als vor einem Jahr. Und die mittel- und langfristigen Aussichten für Gold sind glänzend.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.