Die Notenbanken haben die Aktienmärkte kräftig nach oben getrieben. Allerdings verschärft sich der Streit zwischen den USA und China rapide, was erhebliche Risiken für die Weltwirtschaft und damit die Aktienmärkte birgt. Im Gegenzug steigt der Goldpreis auf Neun-Jahreshoch.

Der Höhenflug des Goldpreises in Richtung des Rekordhochs vom August 2011 bei knapp über 1.900 Dollar je Unze setzt sich nahtlos fort. Das dürfte für viele Anleger umso bemerkenswerter sein, weil auch der S&P 500 und der DAX in den vergangenen Monaten kräftig auf dem Weg nach oben waren und sich ihren Spitzenwerten genähert haben. Mancher Investor könnte da glatt denken: „Wieso braucht man trotz der Hausse am Aktienmarkt denn Gold?“

Ich habe allerdings wiederholt aufgezeigt, dass das zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Das gigantische Gelddrucken der Fed und anderer Notenbanken, allen voran der EZB, und damit die rapide Entwertung der Fiat-Währungen Dollar und Euro, treiben sowohl Aktien als auch Gold nach oben. Daher notiert der Preis mit rund 1.810 Dollar je Unze um lediglich rund 5 % unter dem Rekordhoch.

Zwischenzeitlich hatten die Aktienmärkte allerdings etwas Gegenwind, ehe sie wieder nach oben gedreht sind. Während sie weiterhin ignorieren, dass die Zahl der Corona-Infizierten in den USA von einem Rekordhoch zum nächsten steigt – zuletzt waren es mehr als 60.000 pro Tag. Womit sich die Perspektiven für die US- und damit die Weltwirtschaft deutlich eintrüben, ist zuletzt allerdings ein Faktor verstärkt in den Fokus der Investoren gerückt: die rapide zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China. Deren weitere Eskalation könnte dramatische Folgen für die Weltwirtschaft und damit die Aktienmärkte haben, womit der sichere Hafen Gold noch stärker gefragt sein sollte als ohnehin schon.

Chinas Banken bereiten sich auf Worst-Case-Szenario vor

Da sich US-Präsident Donald Trump bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, heizt Trump vor der Präsidentschaftswahl am 3. November die Spannungen mit China immer weiter an, um so die Chancen für seine mögliche Wiederwahl zu verbessern. Laut einem Medienbericht erwägt die US-Regierung als Reaktion auf Chinas neues „Sicherheitsgesetz“ für Hongkong, Sanktionen zu verhängen und so Hongkongs Zugang zum US-Dollar einzuschränken.

Das würde die in Hongkong aktiven Banken, gerade aus Festland-China, schwer in die Bredouille bringen, zumal wenn die Institute vom internationalen SWIFT-Zahlungssystem ausgeschlossen werden sollten. Laut einem Bericht bereiten sich die chinesischen Banken auf dieses Worst-Case-Szenario vor, wobei allein die vier führenden Institute Ende 2019 Verbindlichkeiten von einer Billion US-Dollar hatten. China hat bereits mit „einem Gegenangriff gegen die US-Hegemonie“ gedroht.

Der ehemalige chinesische Top-Funktionär Zhou Li hat zuletzt die Chinesen aufgefordert, sich darauf vorzubereiten, dass es zum Bruch zwischen China und den USA kommen werde. Welche Folgen das für die Weltwirtschaft und das weltweite Finanzsystem hätte, wenn die zwei größten Volkswirtschaften der Welt nicht mehr zusammenarbeiten, sondern im Clinch liegen würden, kann sich jedermann selbst ausrechnen.

Sinkende US-Zinsen treiben den Goldpreis nach oben

Wegen dieser Sorge waren zuletzt die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf 0,57 % eingebrochen und hatten sich damit dem Rekordtief vom 8. März von 0,5 % auf Schlusskursbasis genähert, ehe sie wieder über die Marke von 0,6 % geklettert sind – ersteres treibt den Goldpreis nach oben. Damit schätzt der Anleihenmarkt die langfristigen Perspektiven der US-Wirtschaft als so schlecht ein wie selten zuvor.

Für zusätzlichen Abwärtsdruck auf die Zinsen sorgten die Aussagen einiger Mitglieder der Fed. So sprach Raphael Bostic, der Chef der Notenbank von Atlanta, dass sich die Erholung der US-Konjunktur wegen der kräftig steigenden Infektionszahlen „abschwächen“ und die Krise länger dauern könnte als erwartet. Zudem signalisierte der Vize-Chef der Fed, Richard Clarida, dass die Notenbank die Geldpolitik weiter lockern könne. „Es gibt noch mehr, was wir tun können, es gibt noch mehr, was wir tun werden“, sagte Clarida. Diese Aussicht sorgt für Aufwärtsdruck beim Goldpreis.

Einbruch der US-Bankaktien ist ein starkes Warnsignal

Ich möchte noch einmal betonen, dass trotz gegenteiliger Beteuerungen der Fed in den USA rapide Strafzinsen heraufziehen dürften. In der nächsten Krise – sprich bei einem Einbruch am Aktienmarkt – dürfte die Fed dem „Vorbild“ der EZB folgen und ebenfalls Strafzinsen einführen. Das wäre verheerend für die US-Banken, wie der Kollaps der europäischen Bankaktien in den vergangenen Jahren unmissverständlich gezeigt hat.

Wegen der sinkenden US-Zinsen und des zunehmenden Risikos von Strafzinsen ist der KBW Nasdaq Bank Index, der die Kursentwicklung der US-Bankaktien widerspiegelt, gegenüber Ende 2019 um knapp 40 % eingebrochen und nähert sich dem Fünf-Jahrestiefs. Da der stark konjunkturabhängige Sektor üblicherweise ein hervorragender Frühindikator für die Gesamtwirtschaft und damit den Aktienmarkt ist, ist der Einbruch der Bankaktien ein starkes Warnsignal für den Gesamtmarkt. Sollte es zu plötzlich zu einem deutlichen Kursrutsch beim S&P 500 kommen, sollte das den Goldpreis merklich beflügeln.

EZB-Sitzung im Fokus

Hiesige Anleger warten auf die EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag, 16. Juli. Nachdem die EZB bei der vergangenen Sitzung am 4. Juni das Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP) zum Kauf von Staats- und Unternehmensanleihen um herbe 600 Mrd. auf 1,35 Billionen Euro aufgestockt hatte, sollte es diesmal keine neuen Entscheidungen geben.

Vielmehr werden die Notenbanken beobachten, ob sich die Konjunkturerholung in der Euro-Zone in den nächsten Monaten fortsetzt, wohlwissend, dass die Arbeitslosigkeit deutlich steigen dürfte – zumal eine mögliche Abkühlung der Belebung der US-Wirtschaft auf die exportabhängige deutsche Wirtschaft und andere Volkswirtschaften merklich durchschlagen würde. Weiter warnen etliche Experten, dass die Zahl der Unternehmenspleiten hierzulande ab Oktober kräftig steigen dürfte. Wegen der Pandemie ist die Insolvenzantragspflicht noch bis Ende September ausgesetzt.

Anleger sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter genau im Auge behalten. Ich erwarte, dass die Zinsen schon bald in Richtung des Rekordtiefs tendieren dürften. Zumal, wenn sich die Spannungen zwischen den USA und China weiter verschärfen sollten, was den Goldpreis weiter in Richtung des Rekordhochs treiben sollte. Umso wichtiger ist es, die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.