Nachdem in den vergangenen Wochen vor allem die stark steigenden US-Zinsen S&P500 und DAX deutlich nach unten gedrückt hatten, kam zuletzt ein weiterer Belastungsfaktor hinzu. Umso nervöser warten Anleger auf die Fed-Sitzung am Mittwochabend.

Bei vielen Besitzern von deutschen und US-Aktien nimmt die Angst vor weiteren Kursverlusten immer mehr zu, zumal der DAX in die Nähe des 23-Monats-Tiefs eingebrochen ist. Für neuen Abwärtsdruck sorgt die Meldung, dass der russische Präsident Wladimir Putin eine „Teilmobilmachung“ angeordnet hat. Damit droht der Ukraine-Krieg weiter zu eskalieren, was schlimme Nachrichten vor allem für die Ukrainer sind.

Zudem trüben sich die Aussichten für die Weltwirtschaft und damit viele exportabhängige DAX-Unternehmen weiter ein. Dabei haben die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks ohnehin mehr als genug Gegenwind. Der mit weitem Abstand größte Belastungsfaktor sind weiterhin die aufgrund der Zinserhöhungen der Fed stark steigenden US-Zinsen, wodurch Aktien immer unattraktiver werden. So sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen am Montag, 19. September auf mehr als 3,50 % gestiegen – das war das erste Mal seit April 2011.

Nachdem die jahrelang auf immer neue Rekordtiefs gesunkenen US-Zinsen die US-Aktienmärkte, gerade die Technologieaktien, wie Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet und Meta Platforms, in die Stratosphäre getrieben und damit die mit weitem Abstand größte Blase aller Zeiten aufgeblasen hatten, dreht sich mit den stark steigenden Zinsen die Spirale am US-Aktienmarkt nun logischerweise in die andere Richtung.

Da die stark steigenden Zinsen zudem den Dollar mit nach oben ziehen, hat der Goldpreis gleich von zwei Seiten Gegenwind. Mit Kursen von rund 1.670 US-Dollar notiert das Edelmetall in der Nähe des 30-Monats-Tiefs. Mit einem Kursrückgang um 8,2 % seit Jahresanfang hat es aber bei Weitem nicht so sehr nachgegeben wie der S&P500 (minus 19,1 %) oder der DAX (minus 20,7 %).

US-Rezessionssorgen kehren zurück

Zuletzt kam ein zusätzlicher Belastungsfaktor für S&P500 und DAX hinzu: nach einer Serie schwacher US-Konjunkturdaten sind die Sorgen vor einer US-Rezession plötzlich zurückgekehrt. Zwar waren die Einzelhandelsumsätze für August etwas besser als erwartet. Allerdings war die sogenannte „Kontrollgruppe“ der Einzelhandelsumsätze, also bereinigt um Autos und Sprit, Baumaterialien und Essendienste, die in die Berechnung der Wirtschaftsleistung einfließt, deutlich schwächer als erwartet.

Zudem ist die US-Industrieproduktion im August überraschend gesunken, während die Baugenehmigungen für den gleichen Monat kollabiert sind. Nach all den miserablen Daten hat die Fed von Atlanta auf Basis ihres Echtzeitmodells die Prognose für das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal auf nurmehr annualisiert 0,3 % eingedampft. Das zeigt, dass die Wirtschaft am Rande der Stagnation ist. Der annualisierte Wert wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert.

Ich gehe davon aus, dass der Abwärtstrend bei vielen US-Konjunkturdaten anhalten und die Fed von Atlanta ihre Prognose weiter senken wird, woraufhin schon bald ein Minuszeichen vor der Prognose für das dritte Quartal stehen dürfte – sprich ein weiterer Rückgang der Wirtschaftsleistung. Dabei war das Bruttoinlandsprodukt bereits im ersten und zweiten Quartal jeweils gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Zwei Quartale in Folge mit einem Minus sind üblicherweise ein starker Hinweis auf eine Rezession.

Dass die US-Wirtschaft weiterhin in einer Rezession sein dürfte, darauf deuten die jüngsten Nachrichten des Paketdienstes FedEx unmissverständlich hin. Er hat gewarnt, dass sich das Geschäft in den vergangenen Wochen in den USA und weltweit deutlich abgeschwächt habe und hat daher die Prognose für das laufende Fiskaljahr ausgesetzt.

Fed-Sitzung ganz oben auf der Agenda

Umso nervöser warten Anleger auf die Fed-Sitzung am heutigen Mittwochabend, 21. September. Denn je falkenhafter sich die Fed und deren Chef Jay Powell geben sollten – sprich je mehr sie weitere deutliche Zinserhöhungen signalisieren sollten -, umso mehr könnte der Verkaufsdruck auf die Aktienmärkte zunehmen. Investoren erwarten, die Fed die Leitzinsen um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) auf 3,0 bis 3,25 % anheben wird.

Das Entscheidende werden allerdings die sogenannten „Dot Plots“, also die Zinsprognosen für das Ende der jeweiligen Jahre 2022 bis 2025, sein, wobei gerade 2022 und 2023 im Vordergrund stehen. Schließlich gehen Investoren davon aus, dass die Fed bei der darauffolgenden Sitzung am 2. November 2022 die Zinsen um 50 Basispunkte anheben dürfte, bei der Sitzung am 14. Dezember soll dann ein weiterer Schritt um 25 Basispunkte nach oben erfolgen. Die sogenannte „Terminal Rate“, also den Höhepunkt bei den Leitzinsen in diesem Zyklus, sehen die Märkte im März 2023 bei 4,5 %.

Experten erwarten, dass die Fed für Ende 2022 Leitzinsen von 3,9 Prozent und für Ende 2023 von 4,1 % prognostizieren wird. Einige Analysten gehen von einer etwas höheren Prognose aus, so sagen jene der ING-Bank 4,1 bzw. 4,3 % vorher. Die Mitglieder müssen dieses Mal großes Augenmerk auf die Dot Plots legen, denn wenn sie zu niedrig sein sollten und damit möglicherweise eine Kehrtwende der Fed in Richtung baldigen Zinssenkungen signalisieren sollten, würde das eine kräftige Rally bei S&P500 auslösen – und damit beim DAX. Das will die Fed meiner Meinung nach aber unter allen Umständen vermeiden, schließlich würden steigende Aktienkurse die Stimmung der Anleger und damit deren Konsumlaune verbessern, und damit wiederum die hohe Inflation anheizen.

Das Problem: Je länger die Fed den Kurs der deutlichen Zinserhöhungen weitergeht, umso schlimmer wird die daraus resultierende Rezession sein. Ich bin daher gespannt, wann die Fed eventuell eine Kehrtwende in Richtung einem Ende der Zinserhöhungen signalisieren könnte. Das sollte für eine V-förmige Erholung nicht nur am Aktienmarkt, sondern gerade auch bei Gold sorgen.

Anhaltender Inflationsdruck in Deutschland

Die kräftig steigenden US-Zinsen ziehen auch die Zinsen für Bundesanleihen mit nach oben. Daher waren die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen mit 1,95 % zuletzt auf das höchste Niveau seit Dezember 2013 geklettert. Im Vergleich zur Inflationsrate von herben 7,9 % für August sind die Zinsen aber immer noch viel zu niedrig.

Zumal die Inflationsrate – nach dem Auslaufen des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts Ende August – in den nächsten Monaten zügig in Richtung 10 Prozent steigen dürfte. Dass es anhaltend hohen Aufwärtsdruck bei den Verbraucherpreisen gibt, das haben die jüngsten Erzeugerpreise, also die Preise, die die Unternehmen untereinander weitergeben, klar signalisiert. Sie waren im August um herbe 7,9 % gegenüber dem Vormonat und um horrende 45,8 % gegenüber dem Vorjahr nach oben geschossen, das war jeweils der stärkste Anstieg seit der Erfassung der Daten im Jahr 1949. Verantwortlich dafür sind die stark gestiegenen Energiepreise.

Um sich gegen die weiter deutlich steigende Inflation und damit den rasanten Kaufkraftverlust zu schützen, bleibt physisches Gold meiner Meinung nach unverzichtbar. Zumal die Talfahrt des Euro gegenüber dem US-Dollar weitergehen dürfte, wenn die Fed die Leitzinsen weiter kräftig anheben sollte, während die EZB unter ihrer Chefin Christine Lagarde nur sehr zögerlich nachziehen dürfte. Über den Grund hierfür haben wir zahllose Male gesprochen, nämlich dass die EZB verhindern will, dass die Zinsen für das hochverschuldete Italien weiter nach oben schießen, woraufhin die Sorgen vor einer Staatsschuldenkrise und einer Rezession zurückkehren würden.

Je nach dem Ausgang der Fed-Sitzung könnte die Talfahrt an den Aktienmärkten und bei Gold anhalten. Umso mehr gilt es die weitere Entwicklung genau zu beobachten, gerade bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen und beim US-Dollar. Wenn sich die Lage beim Goldpreis hoffentlich bald beruhigen wird, dürften die Käufe von physischem Gold gerade in Deutschland deutlich zunehmen, um sich als Besitzer gegen die hohe Inflation und die Schwäche des Euro zu schützen. Zur Erinnerung: Trotz des Rückgangs der vergangenen Monate liegt der Goldpreis auf Euro-Basis um 12,2 % über dem Vorjahresniveau.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.