Viele Investoren sind nach dem jüngsten Kursrückgang der letzten Monate bei den Edelmetallen verunsichert. Zeit für einen Ausblick auf die zukünftigen Aussichten für Gold und Silber.

Zunächst einmal wurde der allgemeine Preisrückgang bei Gold und Silber zuletzt einhellig mit den steigenden Zinsen in den USA begründet. Das Argument, wonach steigende Zinsen Goldpreisanstiegen entgegenstehen, ist zwar weit verbreitet, jedoch inhaltlich falsch, wie unsererseits bereits in früheren Kommentaren beleuchtet und widerlegt: Schaden Zinserhöhungen dem Goldpreis?

Ferner sei ergänzt, dass in den USA derzeit eine Inflationsrate von 2,9 % herrscht, die Zinsen jedoch trotz sieben Erhöhungen zwischen 1,75 % – 2,0 % liegen. Ergo: Der Realzins nach Abzug der Inflation ist über die gesamte Zeit negativ geblieben. Von einer Zinserhöhung kann in der für Investoren einzig maßgeblichen Realzinsbetrachtung keine Rede sein.

Zweites Argument: Die in den USA gestiegenen Zinsen schlagen auf die Emerging Markets wie die Türkei, China, Brasilien, Südafrika etc. durch, die in hohem Maße in US-Dollar verschuldet sind. In der Folge verlieren deren Währungen gegenüber dem US-Dollar, was zu einer weiteren Verschärfung der Auslandsschuldenlast führt und die genannten Länder wiederum in eine wirtschaftliche Schieflage bringt. In der Folge sind diese Länder sowie auch dortige Banken und Konzerne gezwungen, alles zu liquidieren, was sie gegen US-Dollar verkaufen können. Hierzu zählt auch Gold.

Dies führt uns der Wahrheitsfindung schon etwas näher – wenngleich Ursache und Wirkung in fataler Weise verwechselt werden. Nicht die in den USA (geringfügig) gestiegenen Zinsen sind die Ursache für die Probleme der Schwellenländer, sondern vielmehr die in den betreffenden Ländern vorher durch die massive Schuldenaufnahme erzeugten kurzfristigen und nicht nachhaltigen Wirtschaftsaufschwünge. Es ist ziemlich einfach zu verstehen, dass aufgenommene Schulden bleiben, auch nachdem die daraus resultierende kurzfristige Boom-Wirkung verzogen ist. Natürlich wiegt die verbleibende Schuldenlast umso schwerer, wenn diese auch noch in ausländischer Währung aufgenommen wurde. Auch ist ergänzend nicht von der Hand zu weisen, dass Trumps „America First“-Philosophie sicherlich nichts gegen kurzfristige US-Wachstumsimpulse und Kapitalrückflüsse in die USA, bedingt durch den Rückzug von Anlegern aus Schwellenländern und Verlagerung der Investitionen in die USA, einzuwenden hat.

Dritter Punkt: Handelskrieg, Ausdehnung der Zölle und Unabhängigkeit der Notenbanken. Seit Beginn seiner Amtszeit beklagt Donald Trump die hohen Handelsbilanzdefizite, die die USA v.a. im Handel mit China sowie der EU erwirtschaften – in der EU geht dies allerdings ausschließlich auf Deutschland zurück. Über das Thema könnte man ganze Abhandlungen schreiben. In der Kurzform ist Trumps Argument jedoch nicht von der Hand zu weisen und in der Analyse auf zwei Teilbereiche aufzuteilen:

Höhe der wechselseitigen Zölle: Über alle Produkte betrachtet beträgt die durchschnittliche Zollhöhe in den USA auf Waren aus der EU 3,5 %, in der EU auf US-Importe hingegen 5,2%. Somit ist also per Definition die EU um rund 50 % protektionistischer als die USA – was auch nicht gänzlich verwundert, da Zölle die einzige direkte Finanzierungsquelle des EU-Haushalts darstellen. China erhebt noch höhere Zölle auf Einfuhren und belegt ferner dort investierende Firmen auch noch mit hohen Auflagen, was u.a. zum Abfluss (Trump nennt das Diebstahl) geistigen Eigentums Richtung China führt – z.B. indem Investitionen nur im Rahmen von Beteiligungen chinesischer Firmen an in China gegründeten Projektgesellschaften ausländischer Firmen zugelassen werden.

Wechselkurse der Währungen: Zweiter wesentlicher Einflussfaktor der gegenseitigen Handelsbeziehungen neben Zöllen ist der Wechselkurs der Währungen. So kann vereinfacht dargestellt beispielsweise der Effekt einer generellen Zollerhebung von 10 % auf sämtliche Einfuhren aus China in die USA durch Abwertung des Yuan gegenüber dem US-Dollar um 10 % vollständig ausgeglichen werden, so dass die Zollerhebung ins Leere läuft.

Gelddrucken aus Gründen der „Nationalen Sicherheit“?

Bereits die Erhebung von Stahl- und Aluminiumzöllen wurden von der Trump-Administration mit der „Nationalen Sicherheit“ begründet. Mit diesem Kniff wurden die Regeln der WTO sowie auch der Kongress in den USA übergangen. An dieser Stelle wird es besonders spannend: In den vergangenen Wochen fällt auf, dass Trump immer häufiger öffentlich die FED ins Zentrum seiner Kritik stellt. Damit bricht er ein Tabu, wonach sich Präsidenten aus der Geldpolitik heraushalten, da die Notenbank vermeintlich unabhängig sei. Im Juli hat er die FED öffentlich kritisiert, ihre Zinserhöhungen würden das durch seine Regierung geschaffene Wirtschaftswachstum gefährden.

Vor wenigen Tagen legte er in einem Fox-Interview nochmal kräftig nach und wiederholte und erhärtete seine Kritik. Heute stellte er sogar die kühne Behauptung auf, seine mögliche Amtsenthebung würde zu einem Markt-Crash führen und alle Menschen ärmer machen. An hinreichend Selbstbewusstsein mangelt es dem 45. US-Präsidenten jedenfalls nicht.

Entgegen der meisten Mainstream-Ökonomen haben wir in unseren Marktanalysen auch schon häufiger darauf hingewiesen, dass der 2009 begonnene Konjunkturaufschwung auf tönernen Füßen steht, da es sich hierbei eben nicht um einen durch Produktivitäts-, Wohlstands- und Effizienzgewinne erzeugten Aufschwung handelt, sondern einen erneut durch die Droge des billigen Geldes künstlich erzeugten Voodoo-Boom. Übrigens ist der Bullenmarkt an den Aktienmärkten seit gestern nunmehr auch offiziell der längste der Geschichte, was schon wegen seiner puren Länge ein baldiges Ende wahrscheinlich macht. Ferner ist da noch das Damoklesschwert der in globaler Betrachtung restriktiver werdenden Geldpolitik namens „Quantitative Tightening“. Geht – wie von uns behauptet – der Aufschwung nahezu ausschließlich auf Nullzinsen und frische Notenbankliquidität zurück, muss die Reduktion der Liquidität und die Erhöhung der Zinsen zwingend in relativ kurzer Frist Stress verursachen – vergleichbar mit dem Entzug von Kokain bei einem schwerstens Drogenabhängigen.

Bis dato sind wir davon ausgegangen, dass an einem bestimmten Punkt der Eintrübung des Konjunkturausblickes die FED ihren Pfad der Zinserhöhungen verlässt und in einer 180°-Wende die Zinsen wieder absenkt und ihr QE-Programm wieder aufnimmt. Dies ist auch weiterhin wahrscheinlich, wird jetzt aber um einen hochinteressanten Aspekt ergänzt:

Bahnt sich in den USA Währungsmanipulation an – künstliche Abwertung des US-Dollar voraus?

 Besonders interessant an Trumps jüngsten Einlassungen im besagten Fox-Interview ist, dass er in diesem neben der FED-Kritik auch China und die EU gleichzeitig angreift und der Währungsmanipulation – also der künstlich niedrig gehaltenen Wechselkurse von Yuan und Euro gegenüber dem US-Dollar – bezichtigt. Seither kommen in den USA von ersten Analysten Gerüchte auf, wonach Trump die FED in Kürze anweisen könnte, US-Dollar zu verkaufen und somit den Wechselkurs abzusenken. Tatsächlich gibt es in den USA die Möglichkeit, die einen Präsidenten aus Gründen der „Nationalen Sicherheit“ berechtigen, die FED derart an die Kette zu legen und zu einer solchen Intervention zu zwingen. Dies wurde bisher zwar noch von keinem Präsidenten gewagt, aber im Brechen von Tabus hat sich Trump ja bisher auch noch nicht als zimperlich erwiesen.

Mit anderen Worten, würde die Erhebung von Zöllen über die Währung auf alle Branchen ausgeweitet. Der Handelskrieg würde also nicht mehr branchenbezogen, sondern währungsbezogen über den gesamten Handel ausgetragen. Der Währungskrieg wäre mit voller Intensität eröffnet!

Eine solche Maßnahme würde die Märkte maximal aufschrecken – neben den unmittelbaren Auswirkungen aus einem hierdurch fallenden US-Dollar, zu denen auch stark ansteigende Edelmetallpreise gehören würden, kommt der Bereich der nicht kalkulierbaren Zweitrundeneffekte aus dem weltweiten Vertrauensverlust gegenüber den USA bzw. seiner Zentralbank hinzu, die in diesem Fall nicht mehr unabhängig wäre. In anderen Worten: Der US-Präsident hätte sich via Dekret zur „Nationalen Sicherheit“ der Weltleitwährung ermächtigt.

In Trumps Argumentation hätte er nur Gleiches mit Gleichem vergolten und dem Ausbluten der USA im Handel durch die jahrzehntelang angewandten „unfairen“ Praktiken Chinas und der EU einen Riegel vorgeschoben. Ob er mit dieser Behauptung teilweise Recht hat oder nicht, ist unerheblich – im Ergebnis hätte er die FED unter seine Kontrolle und diese zum unlimitierten Drucken und Verkaufen des US-Dollar gebracht und damit den endgültigen Vertrauensverlust in die Weltleitwährung eingeleitet. Natürlich würden die EU und China sofort ebenfalls das Gelddrucken beschleunigen, um den erlittenen „Nachteil“ wieder auszugleichen.

Damit wäre das Rennen um die schnellstmögliche Entwertung der eigenen Währung Richtung Nulllinie in die Wege geleitet. Heute sind die desaströsen Folgen der Gelddrucker bereits in Form starker Währungsabwertung in Venezuela und der Türkei zu sehen – mit verheerenden Folgen für die dortige Bevölkerung. Schon bald dürfte dieses Phänomen auch die großen Wirtschafts- und Währungsblöcke erreichen – das Problem frisst sich nach und nach von der Peripherie Richtung Zentrum.

Das einzig Gute daran: Jetzt, hier und heute gibt es für Anleger Edelmetalle zum Ausverkaufspreis im Sommerschlussverkauf. Diese schützen historisch belegt zu 100 % gegen den Abwertungswettlauf und dessen Folgen. Wie bei jedem Risiko gibt es den Versicherungsschutz hiergegen nur solange zu günstigen Preisen, bis der Schadensfall noch nicht eingetreten ist oder von den meisten Marktteilnehmern die Wahrscheinlichkeit hierfür als gering eingeschätzt wird. Die Abwertung der Währungen wird jedoch definitiv eintreten – die einzig verbleibende Frage ist nur: Wann?

PS: Als Vorgeschmack auf das Kommende sei auf das nachfolgende Interview mit Donald Trump aus dem Jahr 2016 verwiesen – es möge später niemand sagen, er täte etwas anderes als er vorher angekündigt hat: Zum Interview (Video)

Zitat: “I understand debt better than probably anybody. I know how to deal with debt very well. I love debt – but you know, debt is tricky and it’s dangerous, and you have to be careful and you have to know what you’re doing!”

Über den Autor

Robert Vitye, Gründer sowie Vorstandsvorsitzender der VSP AG, ist seit über 15 Jahren Unternehmer. An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz studierte er Betriebswirtschaftslehre. Die Analyse und Konzeption von Kapitalmarktprodukten, mit besonderem Fokus auf den Bereich der physischen Edelmetalle, ist Schwerpunkt seiner beruflichen Tätigkeit. Seit der Gründung der SOLIT Gruppe als Tochtergesellschaft der VSP AG im Jahr 2008, verantwortet er deren Entwicklung zudem in der Rolle des Geschäftsführers.