Fed-Chef Jay Powell und viele Experten reden immerzu vom Boom der US-Wirtschaft. Seltsamerweise sind aber die Zinsen kollabiert. Dennoch hat der Goldpreis zuletzt etwas nachgegeben. Zudem schwant mir vor der EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag nichts Gutes.
Viele Finanzprofis dürften alltäglich ziemlich verwundert die Entwicklung der US-Zinsen beobachten. Während viele „Experten“ in den vergangenen Monaten steigende Zinsen prognostiziert hatten, sind jene für zehnjährige US-Anleihen Ende März nach unten gedreht und zuletzt auf das niedrigste Niveau seit Mitte Februar eingebrochen. Dass es genauso kommen würde, hatte ich in dem Beitrag vom 12. April „Einbruch der US-Zinsen stützt kurz Erholung des Goldpreises“ vorhergesagt und die Gründe dafür aufgezeigt.
Für den Abwärtsdruck auf die Zinsen hat zuletzt eine Serie schwacher US-Konjunkturdaten gesorgt. Zwar waren die US-Einzelhandelsumsätze im Juni überraschend um 0,6 % gegenüber dem Vormonat gestiegen, während Volkswirte einen Rückgang um 0,4 % vorhergesagt hatten. Dabei haben die Massenmedien allerdings einmal mehr die saisonal bereinigten Zahlen gefeiert. Hingegen zeigen die unbereinigten, also tatsächlichen Zahlen einen Rückgang um 1,6 % gegenüber dem Vormonat. Im Klartext: Die US-Einzelhandelsumsätze sind nur auf dem Papier gestiegen, und sonst nirgends. Dass das nicht gerade für Aufwärtsdruck auf die US-Zinsen sorgt, sollte jedem klar sein.
Zudem war das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan überraschend eingebrochen. Besonders aufgeschreckt hat Investoren dabei, dass die Kaufneigung der Verbraucher für Immobilien, Autos und Haushaltsgüter kollabiert ist. Das sollte doch niemanden überraschen, nachdem die Preise bestehender Häuser um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind, während gleichzeitig neue Autos um rund 15 % teurer sind als vor einem Jahr. Damit trüben sich die Perspektiven für die US-Wirtschaft immer weiter ein, weshalb die Zinsen nach unten rauschen. Das beflügelt den Goldpreis.
US-Realzins sinkt auf das niedrigste Niveau seit 1980
Rückenwind bekommt die Notierung des Edelmetalls zudem vom völligen Kollaps der Realzinsen. Diese sind üblicherweise ein starker Einflussfaktor auf den Goldpreis. Sie werden berechnet, indem man von den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen von zuletzt 1,3 % die Inflationsrate von 5,4 % abzieht, womit der Realzins bei minus 4,1 % liegt. Das ist das niedrigste Niveau seit Juni 1980 (minus 4,5 %)!
Die Fed muss also die Zinsen auf sehr niedrige Niveaus drücken und gleichzeitig die Inflation wie verrückt anheizen – und damit die Kaufkraft der Amerikaner vernichten –, um die Wirtschaft mit Realzinsen von minus 4,1 % am Laufen zu halten. Damit ist für mich alles zur „Stärke der US-Wirtschaft“ gesagt.
Dennoch hat der Goldpreis zuletzt etwas nachgegeben. Das lag daran, dass die Erholung des US-Dollar trotz der sinkenden US-Zinsen weitergegangen ist. Der Grund: die Schere bei der Geldpolitik zwischen Fed und EZB dürfte schon bald auseinandergehen. Während die Fed die Diskussion über eine mögliche Drosselung der QE-Anleihekäufe begonnen hat, was die Zinsen nach oben treiben soll – aber tatsächlich die Konjunktursorgen schürt und damit für sinkende Zinsen sorgt – dürfte die EZB bei der Sitzung am kommenden Donnerstag, 22. Juli einmal mehr eine Lockerung der Geldpolitik ankündigen.
Gespanntes Warten auf EZB-Sitzung
Zuletzt hatte die EZB überraschend die Ergebnisse ihrer Strategieüberprüfung bekanntgegeben. Das können Sie in dem Beitrag „EZB folgt nach Strategieüberprüfung dem verheerenden ‚Vorbild‘ der Fed“ nachlesen. Am Anfang der vergangenen Woche hatte EZB-Chefin Christine Lagarde gesagt, dass die Sitzung am 22. Juli „wichtig“ sein werde und die Überführung des Pandemie-Notfallankaufprogramms PEPP in ein „neues Format“ angekündigt. Zudem hat Lagarde betont, dass die EZB dabei ihre „Beharrlichkeit“ zeigen müsse – das kann ich nur als Drohung empfinden. Denn damit würde die Notenbank mit ihrer verheerenden Politik immer weiter machen und sie sogar noch verschlimmern!
Im Fokus der Investoren dürfte vor allem stehen, wie es mit dem PEPP weitergeht, das „mindestens bis März 2022“ laufen soll. Dabei hat die EZB im Juni für netto 80,2 Mrd. Euro Anleihen gekauft. Zudem läuft das „alte“ APP mit Nettokäufen von 20 Mrd. Euro pro Monat weiter, womit sich die Käufe auf insgesamt rund 100 Mrd. Euro pro Monat summieren. Das sind horrende 1,2 Billionen Euro aufs Jahr gerechnet, die aus heißer Luft geschaffen werden und damit die Fiat-Währung Euro zusehends entwerten!
EZB kann Anleihekäufe nicht drosseln
Wenn die EZB das PEPP auslaufen lassen würde, womit nur noch das APP übrigbleiben würde, würden die Zinsen für hochverschuldete Länder wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland nach oben schießen und sich die Staatsschuldenkrise in der Euro-Zone schnell zurückmelden. Meiner Meinung nach wird die EZB das PEPP daher um mindestens 6 Monate verlängern und gleichzeitig das Kaufvolumen von zuletzt 1,85 Billionen Euro um mindestens 500 Mrd. Euro aufstocken, damit die Käufe ungefähr in dem aktuellen Tempo weitergehen können. Sollte hingegen das PEPP auslaufen, müsste das APP im Gegenzug drastisch aufgestockt werden, also auf bis zu 100 Mrd. Euro.
Im schlimmsten Fall könnte die EZB allerdings noch massivere Käufe ankündigen. Wie immer dem auch sei: Die Notenbank wird weiterhin alles in ihrer Macht stehende tun, damit der Schuldenanstieg in den hochverschuldeten Ländern weitergehen kann. Die Rechnung dafür zahlen gerade die Sparer und Verbraucher in Deutschland, denen immer mehr Strafzinsen bevorstehen, während gleichzeitig die Kaufkraft immer schneller vernichtet wird. Zumal die Politik der EZB dafür sorgen dürfte, dass der Euro gegenüber dem Dollar im Rückwärtsgang bleibt, was die Inflation zusätzlich anheizt. Allerdingst stützt das den Goldpreis auf Euro-Basis.
Und dennoch behaupten Lagarde und ihre Kollegen regelmäßig, dass die Vorteile dieser Politik die Nachteile klar überwiegen würden. In welcher Welt leben die Notenbanker eigentlich? Umso wichtiger ist es, sich gegen diese katastrophale Politik der EZB mit dem Besitz von physischem Gold zu schützen und dazu die eigenen Bestände weiter aufzustocken.