Nach dem Einbruch haben sich S&P500 und DAX zuletzt kräftig erholt. Allerdings ist weiterhin völlig unklar, wie eine mögliche Lösung des Ukraine-Kriegs aussehen könnte. Kein Wunder, dass die Preise für Öl und Gas weiter in Richtung der Rekordhochs nach oben schießen, was die Inflation kräftig anheizt und im Gegenzug die Konjunktur abwürgt. Hingegen ist der Goldpreis in die Nähe des Rekordhochs gestiegen.

Nach einigen völlig verrückten Tagen schnaufen viele Anleger etwas erleichtert durch. Die anhaltende Eskalation des Ukraine-Kriegs hatte die Preise für Öl und Gas immer stärker nach oben schießen lassen, woraufhin der DAX am Montag, 7. März bis auf 12.500 Punkte eingebrochen war, ehe er sich etwas erholt hatte und den Handelstag bei knapp über 12.830 Punkten abgeschlossen hatte. Damit lag der Index um 21,1 % unter dem Rekordhoch auf Schlusskursbasis vom 5. Januar und war damit in einem Bärenmarkt. Er liegt bei einem Kursrückgang um mindestens 20 % gegenüber dem vorherigen Hoch vor.

Umso mehr war Gold in den vergangenen Tagen als sicherer Hafen gefragt, woraufhin der Preis am Dienstag, 8. März bis auf knapp 2.070 US-Dollar je Unze nach oben gesprungen war und hatte damit in Schlagweite des Rekordhochs vom August 2020 (2.075 US-Dollar) notiert, ehe er etwas nachgegeben hat. Ich gehe weiterhin davon aus, dass der Höhenflug des Edelmetalls weitergehen dürfte und werde gleich die Gründe hierfür aufzeigen.

Trügerische Hoffnungen auf Waffenstillstand

Inzwischen hat sich der DAX allerdings kräftig erholt und ist bis auf mehr als 13.450 Punkte nach oben geschossen. Verantwortlich dafür sind Hoffnungen auf einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg. So hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einem Interview nicht mehr auf der Aufnahme seines Landes in die NATO bestanden. Zudem zeigte er sich offen für Verhandlungen über den Status der „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk. Zudem hatte Russland gefordert, dass die Ukraine anerkennen müsse, dass die Krim Teil Russlands sei.

Allerdings kann ich weiterhin nicht sehen, wie der Ukraine-Krieg gelöst werden könnte. Ich halte es für sehr zweifelhaft, dass die Ukraine unter Selenskyjs Führung ihre Verfassung ändern und eine Mitgliedschaft in der NATO endgültig ausschließen wird, wie von Russland gefordert. Gleichzeitig droht weiterhin eine Besetzung der gesamten Ukraine durch Russland.

Druck auf europäische Länder wächst

Für mich steht daher die kräftige Erholung des DAX auf tönernen Füßen, für mich ist das nur eine Bärenmarktrally, also eine kräftige Kurserholung in einem übergeordneten Abwärtstrend. Zumal US-Präsident Joe Biden einen Importstopp für russisches Öl und Gas verhängt hat. Zudem hat Russland mit dem Stopp der Gaslieferungen über Nord Stream 1 gedroht, während durch die Maßnahmen der USA der Druck auf viele Länder Europas, wie Deutschland, wächst, trotz der großen Abhängigkeit von russischem Gas, ebenfalls einen Importstopp für russisches Öl und Gas zu verhängen.

Sollten tatsächlich einige Länder Europas nachziehen, würden die Öl- und Gaspreise weiter nach oben schießen, was die Inflation diesseits und jenseits des Atlantiks weiter kräftig anheizen würde. Dabei war sie in der Euro-Zone im Februar auf das Rekordhoch von 5,8 % geklettert – im März dürfte es deutlich mehr als 6 % werden. In den USA waren es sogar herbe 7,5 % für Januar – die Daten für Februar werden am Donnerstag, 10. März veröffentlicht. Die Volkswirte sagen einen Anstieg auf herbe 7,9 % vorher.

In dem Umfeld sind die US-Inflationserwartungen für die nächsten fünf Jahre auf 3,43 % nach oben geschossen – das ist ein Rekordhoch! Die stark zunehmende Inflationsangst hat wiederum die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf 1,9 % nach oben getrieben, zumal die Fed bei der nächsten Sitzung am 16. März die Zinsen um 0,25 % anheben dürfte, gegenüber dem aktuellen Niveau von 0 bis 0,25 %.

Rezessionssorgen kochen

Allerdings belastet der kräftige Inflationsanstieg und der Zinsanstieg die hochverschuldete US-Wirtschaft enorm, weshalb etliche Experten vor einer Stagflation, also einer Kombination aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation, warnen. Denn wenn die Verbraucher immer mehr Geld für Energie und Nahrungsmittel ausgeben müssen, fehlt das Geld an anderer Stelle für den Konsum. Und wenn die Unternehmen im Industriesektor neben den höheren Energiepreisen auch noch die stark steigenden Kosten für Industriemetalle und Löhne zu spüren bekommen, dann würgt das zwangsläufig die Wirtschaft ab.

Zwar hatte die Fed von Atlanta auf Basis ihres Echtzeitmodells zuletzt die Prognose für das reale Wachstum der US-Wirtschaft für das erste Quartal leicht erhöht auf annualisiert 0,5 %. Dennoch wäre die Wirtschaft damit quasi am Rande der Stagnation. Das annualisierte Wachstum wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert.

Da inzwischen viele Bürger wissen, dass die tatsächliche US-Inflation deutlich höher ist als die offiziell ausgewiesene, schrumpft meiner Meinung nach die US-Wirtschaft jetzt schon. Bei weiter deutlich steigenden Inflationsraten in den nächsten Monaten – wovon ich fest ausgehe – wird sich der Rückgang der Wirtschaftsleistung zwangsläufig beschleunigen. Die Aussichten für die Euro-Zone und für Deutschland sind ähnlich unschön, zumal der Ukraine-Krieg die Lieferkettenprobleme weiter verschärfen sollte.

S&P500 und DAX dürften wieder nach unten drehen

Damit ist meiner Meinung nach absolut nicht absehbar, wo der Tiefpunkt bei der Wirtschaft in Europa und den USA sein könnte und damit ist auch kein Tief am Aktienmarkt absehbar. Zwar könnte die Rally beim DAX noch etwas weitergehen, möglicherweise sogar bis knapp 14.000 Punkte, während sich der S&P500 ebenfalls noch etwas erholen könnte. Allerdings gehe ich davon aus, dass die Indizes innerhalb weniger Tage wieder deutlich nach unten drehen sollten, falls keine positiven Nachrichten im Ukraine-Krieg folgen sollten – und ich fürchte, dass sie nicht folgen werden, wenngleich ich mir das sehr wünsche.

Sollten in dem Szenario die Öl- und Gaspreise weiter kräftig steigen, würden sie die Inflations- und Rezessionssorgen der Investoren weiter schüren, woraufhin der S&P500 deutlich unter Druck kommen sollte und der DAX überdurchschnittlich stark unter die Räder kommen sollte. Im Gegenzug dürfte der sichere Hafen Gold umso mehr gefragt sein und der Preis schon bald auf neue Rekordhochs steigen. Damit hat es sich für alle jene Anleger gelohnt, die die vergangenen Monate und Jahre genutzt haben, um ihre Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken. Ich rate Ihnen, das auch weiterhin zu tun, um sich gegen die hohe Inflation zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.