Liebe Leserinnen und Leser,

viele der Konjunkturdaten in den USA, der Eurozone und Deutschland sind stärker als je zuvor oder sogar auf Rekordtiefs eingebrochen. Dennoch sind S&P 500 und DAX kräftig auf dem Weg nach oben. Die Ursache hierfür ist der gleiche Grund, weshalb der Besitz von physischem Gold wichtiger ist denn je.

Die Schere zwischen dem Kollaps der Weltwirtschaft aufgrund der Corona-Pandemie und der kräftigen Erholung etlicher Aktienmärkte, wie S&P 500 und DAX, geht immer weiter auseinander. Sie haben absolut nichts mehr mit irgendwelchen Fundamentaldaten wie den Gewinnen der Unternehmen, zu tun, sondern sind einzig und allein ein Abbild der gewaltigsten Liquiditätsschwemme aller Zeiten, gerade von Fed und EZB.

Allerdings beflügelt diese Liquiditätsschwemme auch den Goldpreis kräftig, weil die Notenbanken die Fiat-Währungen, wie Dollar und Euro, noch viel schneller entwerten als je zuvor. Daher ist die Notierung des Edelmetalls in etlichen Währungen, wie dem Euro oder dem chinesischen Renminbi, bereits auf Rekordhochs gestiegen. Ich gehe weiterhin davon aus, dass der Goldpreis noch in diesem Jahr auch auf Dollar-Basis auf Spitzenwerte von mehr als 1.900 Dollar je Unze klettern wird, die letztmals im August 2011 erreicht worden waren.

US-Wirtschaft kollabiert

Wie schlecht es der US-Wirtschaft geht, zeigen die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe allwöchentlich. In der vergangenen Woche ist die Zahl der Anträge zwar auf 4,4 Mio. gesunken, allerdings sind in den vergangenen fünf Wochen insgesamt 26,5 Mio. Anträge gestellt worden. Damit sind innerhalb von nur fünf Wochen deutlich mehr Jobs vernichtet worden, als während des Aufschwungs am Arbeitsmarkt seit dem Jahr 2010 geschaffen worden waren (insgesamt 22,1 Mio.).

Welch verheerenden Folgen das in den nächsten Monaten und Jahren für die US-Wirtschaft haben dürfte, kann sich jeder selbst ausmalen. So prognostiziert das Congressional Budget Office (CBO), also der Finanzausschuss des Kongress, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Kalenderjahr um 5,6 Prozent einbrechen werde, während die Arbeitslosenquote auf herbe 11,4 Prozent nach oben schießen werde. Gleichzeitig soll das Haushaltsdefizit in diesem Fiskaljahr, das im September endet, auf horrende 3,7 Billionen Dollar explodieren. Das sind jeweils absolute Negativrekorde seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren.

Etliche Experten bezeichnen die aktuelle Situation daher offen als Depression, also einen kräftigen Einbruch der Wirtschaftsleistung, in der das Volkseinkommen im Gegensatz zu einer normalen Rezession sinkt. Sollte die Prognose des CBO richtig sein, würden die Staatsschulden bis Ende September auf den Rekord von horrenden 26,4 Billionen Dollar explodieren. Ich befürchte allerdings, dass die Schätzungen wie üblich bei Weitem nicht skeptisch genug sind.

S&P 500 ist eine gigantische Blase

Die größte Schuldenexplosion aller Zeiten wird immer stärker mit der Notenpresse der Fed finanziert. Die Folge: Die Geldmenge ist zuletzt um horrende 24,8 Prozent explodiert. Das ist mit weitem Abstand Rekord. Wegen des Konjunktureinbruchs fließt allerdings ein wichtiger Teil des Geldes nicht in die Realwirtschaft, sondern in den Aktienmarkt, woraufhin sich der S&P 500 zuletzt kräftig erholt hat.

Daher ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Gewinnschätzungen der nächsten 12 Monate, eine für Analysten und Investoren sehr wichtige Kennzahl, auf herbe 19,1 gestiegen – das ist der höchste Wert seit Mai 2002 und das während der größten Depression seit den 1930er-Jahren. Das macht keinerlei Sinn. Die Gewinnschätzungen für die nächsten 12 Monate werden errechnet, indem man beispielsweise jetzt Ende April das Jahr 2020 mit acht Monaten und 2021 mit vier Monaten gewichtet.

Das Problem ist, dass diese Gewinnschätzungen viel zu hoch sind. Laut Konsens sollen die Ergebnisse in diesem Jahr um „nur“ 15 Prozent schrumpfen und im nächsten um mehr als 20 Prozent nach oben schießen. Viel realistischer ist es aber, dass die 2020er-Gewinne eher um 35 Prozent einbrechen sollten. Falls sie dann 2021 ebenso stark nach oben schießen sollten, läge das KGV bei horrende 23,7 und damit in der Nähe des Rekordhochs von 24,4 von Ende März 2000, also dem Höhepunkt der Blase bei Technologie-, Medien- und Telekomaktien. Meiner Meinung nach ist der S&P 500 die größte Blase, die es jemals am US-Aktienmarkt gegeben hat. Das sollte jeder wissen, der auf weiter steigende US-Aktien setzt. Das ist ein Tanz auf dem Vulkan.

Allerdings beflügelt die gigantischste Geldschwemme aller Zeiten unweigerlich den Goldpreis. Durch die massive Dollar-Schwemme entwertet die Fed absichtlich den Greenback. Im Gegenzug bekommt die Notierung des Edelmetalls immer stärkeren Auftrieb, zumal vielen Investoren immer klarer wird, dass es aus dieser Liquiditätsflut keine Umkehr gibt, weil die US-Wirtschaft ansonsten rapide kollabieren würde. Daher sollte der Höhenflug des Goldpreises in Richtung des Rekordhochs zügig weitergehen.

Deutsche Wirtschaft bricht ebenfalls ein

Noch stärker als die US-Wirtschaft dürfte die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie kollabieren, wie die jüngsten Konjunkturdaten klar zeigen. Viele verbuchen den größten Einbruch aller Zeiten oder brechen auf Rekordtiefs ein.

So ist es zuletzt dem ifo Geschäftsklimaindex ergangen, er ist der wichtigste Frühindikator für die hiesige Wirtschaft. „Der ifo Geschäftsklimaindex ist im April auf 74,3 Punkte abgestürzt, nach 85,9 Punkten im März. Dies ist der niedrigste jemals gemessene Wert. Einen stärkeren Rückgang hat es noch nicht gegeben“, sagte ifo-Präsident Clemens Fuest. „Das ist vor allem auf die massive Verschlechterung der aktuellen Lage zurückzuführen. Die Unternehmen blickten zudem noch nie so pessimistisch auf die kommenden Monate. Die Corona-Krise trifft die deutsche Wirtschaft mit voller Wucht.“

Bei vielen anderen Indikatoren aus der Eurozone, wie dem Einkaufsmanagerindex für die Gesamtwirtschaft – also Industrie plus Dienstleistungen Deutschlands, Frankreichs oder der Eurozone, sieht es ähnlich verheerend aus, weshalb man auch in diesem Fall klar von Anzeichen einer Depression sprechen kann. Fuest hatte daher bereits Ende März vor einem dramatischen Konjunktureinbruch in Deutschland gewarnt. „Je nach Szenario schrumpft die Wirtschaft um 7,2 bis 20,6 Prozentpunkte. Das entspricht Kosten von 255 bis 729 Mrd. Euro“, so der Experte.

Dennoch hat sich der DAX in den vergangenen Wochen im Fahrwasser des S&P 500 kräftig erholt. Daher ist der wichtigste deutsche Index laut den offiziellen Konsensschätzungen mit einem KGV von 13,6 bewertet, was deutlich über dem 10-Jahres-Schnitt von 12,0 liegt. Nimmt man hingegen wie beim S&P 500 realistische Schätzungen – etliche Analysten sagen beim DAX für 2020 einen Gewinneinbruch um 50 Prozent vorher schießt das KGV auf horrende 25 nach oben. Damit ist der DAX meiner Meinung nach ebenso wie der S&P 500 eine gigantische Blase.

Dazu trägt auch die EZB mit ihrem massiven Gelddrucken stark bei: Allein in den vergangenen fünf Wochen ist ihre Bilanzsumme um horrende 578,7 Mrd. Euro explodiert. Die Notenbank kauft kräftig Anleihen der angeschlagenen Staaten, allen voran Italien, um die Zinsen für das hochverschuldete Land auf irrwitzig niedrigen Niveaus zu halten. Dabei gehen Experten davon aus, dass die Staatsverschuldung Italiens in diesem Jahr um rund 20 Prozentpunkte auf rund 155 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung explodieren werde.

Dennoch hat die Ratingagentur Standard & Poor’s das Rating für Italien am vergangenen Freitag, den 24. April 2020, bei BBB, also der zweitniedrigsten Stufe im Bereich Investment Grade, belassen und damit nicht auf das meiner Meinung nach längst überfällige High Yield-Niveau (Ramsch) gesenkt. Die EZB hatte nur zwei Tage zuvor auf eine möglicherweise drohende Abstufung Italiens reagiert und angekündigt, künftig auch Ramschanleihen als Sicherheit zu akzeptieren. Daraufhin hatte ein Analyst der UBS zurecht gefragt, wozu man heutzutage Ratingagenturen überhaupt noch brauche.

Anleger und Sparer haben die Wahl: Entweder sie setzen darauf, dass die Fed und die EZB mit ihren massiven Geldschwemmen die Aktienmärkte immer weiter von den Fundamentaldaten entfernen und damit die gigantischen Blasen trotz der Depression immer weiter aufblasen. Oder Anleger und Sparer investieren einen zunehmend größeren Teil ihres Geldes in physisches Gold und schützen sich so gegen die immer schnellere Abwertung der Fiat-Währungen, gerade dem Euro. Ich empfehle Ihnen weiterhin Letzteres zu tun.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.