Die US-Präsidentschaftswahl geht völlig anders aus als viele Experten vorhergesagt hatten. Dennoch kaufen Investoren kräftig Aktien, Anleihen und Gold.

Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – so ist es mir mit meiner Vorhersage zur US-Wahl ergangen. Ich war im Gegensatz zu vielen Experten von einer möglichen Wiederwahl von US-Präsident Donald Trump ausgegangen, während gleichzeitig Trumps Republikaner die Mehrheit im Senat verteidigen würden. Laut dem aktuellen Stand sieht es allerdings so aus, als ob dessen Herausforderer Joe Biden die Wahl knapp gewinnen könnte.

Aus dem klaren Wahlsieg, den viele Wahlforscher und andere „Experten“ für Biden vorhergesagt hatten, ist allerdings ebenso wenig etwas geworden wie aus der prognostizierten „blauen Welle“, dass die Demokraten die Mehrheit im Senat erobern könnten. Zwar haben die Republikaner einen Sitz verloren, allerdings dürften sie die Mehrheit mit 52 zu 48 Stimmen verteidigen.

Trump will das Feld allerdings nicht kampflos räumen, sondern will vielmehr die Stimmen in sämtlichen Bundesstaaten, die knapp an Biden gegangen sind, nachzählen lassen, weshalb Trumps Anwälte Klagen eingereicht haben. Jedermann sollte klar sein, dass Trump notfalls durch alle Instanzen bis zum Obersten Gericht gehen wird, um US-Präsident bleiben zu können.

Aktienmärkte schießen nach oben

Der überraschende und umstrittene Wahlausgang hat erhebliche, teilweise negative Folgen, dennoch feiert die Börse: S&P 500 und DAX sind nach oben geschossen, wobei der US-Index um lediglich 2 % unter dem Rekord vom 2. September notiert, während gleichzeitig der Goldpreis einen Kursprung nach oben gemacht hat. Woran liegt das?

Sollte Biden nach einer möglichen Entscheidung der Klagen durch das Oberste Gericht tatsächlich Präsident werden, dürfte er dennoch die von ihm im Wahlkampf angekündigten Billionen schweren Steuererhöhungen nicht im Senat und damit im Kongress durchsetzen können. Das ist eine gute Nachricht für die US-Wirtschaft und damit den Aktienmarkt.

Allerdings dürfte es Biden sehr schwer fallen ein großes Konjunkturprogramm durch den Kongress zu bringen, weil die Republikaner, die in den vergangenen Monaten vier Programme im Volumen von insgesamt rund drei Billionen Dollar – und damit einer Explosion der ohnehin hohen Neuverschuldung – ohne das kleinste Murren zugestimmt haben, nun plötzlich das Thema „Sparsamkeit“ entdecken.

Möglicherweise wird daher das nächste Konjunkturpaket höchstens 500 Mrd. bis 1,0 Billion Dollar groß und damit deutlich kleiner als die von den Demokraten zuletzt geforderten 2,2 Billionen, während die Republikaner auf 1,8 Billionen nach oben gezogen waren. Das sind schlechte Nachrichten für die US-Wirtschaft.

Einbruch der US-Zinsen und sinkender Dollar beflügeln Goldpreis

Wegen dieser Sorge waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf knapp über 0,70 % eingebrochen, ehe sich die Zinsen zuletzt bis auf 0,77 % erholt haben. In dem Umfeld wächst der Druck umso mehr auf die Fed, die Konjunktur zu stützen – denn je weniger die nächste US-Regierung und der Kongress die Konjunktur per Fiskalpolitik ankurbeln können, umso mehr muss es die Fed per Geldpolitik tun.

Das gilt umso mehr, je mehr sich die Konjunkturdaten wegen der dritten Corona-Welle eintrüben. Dass damit die Fed allerdings die größte Blase aller Zeiten am US-Aktienmarkt weiter aufpumpt, versteht sich von selbst.

Wegen der Aussicht auf eine anhaltend massive Dollar-Schwemme ist der Greenback eingeknickt, gerade gegenüber dem Euro, was dem Goldpreis neben den deutlich gesunkenen Zinsen zusätzlichen Rückenwind gegeben hat. Die Folge: Der Goldpreis ist auf 1.940 Dollar je Unze nach oben geschossen und nähert sich damit rapide der 2.000er-Marke.

Im Gegensatz zu früher belastet heutzutage der Höhenflug beim S&P 500 den Goldpreis nicht mehr nach dem Motto: Wozu brauche ich Gold, wenn der US-Aktienmarkt haussiert? Vielmehr steigen Aktienmarkt und Goldpreis gleichzeitig, weil das zwei Seiten der gleichen Medaille sind. Sie spiegeln jeweils die massive Entwertung des Dollar wider.

Fed hält die Füße still

Die Fed hat wie erwartet bei der Sitzung am 5. November ihre Geldpolitik unverändert gelassen und so im Umfeld der US-Wahl den Eindruck vermittelt, politisch neutral zu sein. Allerdings hat Fed-Chef Jay Powell einmal mehr gesagt, dass die US-Wirtschaft eine weitere Unterstützung durch die Geld- und Fiskalpolitik brauche, zumal sich die Perspektiven für die US-Wirtschaft durch die dritte Corona-Welle eintrüben würden. Powell hat also einmal mehr ein Billionen schweres Konjunkturprogramm gefordert.

„Meine Kollegen und ich haben bei dieser Sitzung unsere Anleihekäufe diskutiert“, sagte Powell. Die Fed kauft derzeit für insgesamt 120 Mrd. Dollar pro Monat Staats- und Hypothekenanleihen, um so die Zinsen niedrig zu halten und damit die Wirtschaft anzukurbeln. Die Fed könne das Volumen oder die Dauer des Programms verändern, um die Konjunktur zu stützen, sagte Powell. Im Klartext: Die Fed kann bei einem Einbruch am Aktienmarkt – nur darum geht es – ihr QE-Gelddrucken jederzeit kräftig aufstocken, um den Markt wieder nach oben zu treiben.

Deutsche EZB-Direktorin fordert weitere Zinssenkung

Während die Fed abgewartet hat, hat EZB-Chefin Christine Lagarde zuletzt klar signalisiert, dass die EZB bei der nächsten Sitzung am 10. Dezember ein großes Maßnahmenpaket verabschieden werde. Das können Sie in dem Beitrag „Nach EZB-Sitzung sind alle Augen auf US-Wahl gerichtet“ nachlesen. Zuletzt hat EZB-Direktorium Isabel Schnabel eine weitere Reduktion der Zinsen signalisiert, womit es noch mehr Strafzinsen geben würde als ohnehin schon.

„Unsere Analysen zeigen, dass eine weitere Senkung möglich wäre, ohne an den Punkt zu gelangen, an dem sie nicht mehr wirkt oder sogar schadet“, sagte Schnabel gegenüber dem Handelsblatt. Zwar sei eine Vorentscheidung noch nicht gefallen, allerdings hätten sich die Konjunkturperspektiven wegen der zweiten Corona-Welle eingetrübt.

Viele deutsche Sparer dürften derartige Aussagen nur noch als reinen Hohn empfinden. Einen der wichtigsten Pfeiler unseres Wirtschaftssystems – den Zins – immer weiter auf den Kopf zu stellen, nur damit die Schuldensause in vielen hochverschuldeten Ländern der Eurozone, wie Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland weitergehen kann und das gigantische Schuldenhaus nicht kollabiert, ist einfach absurd. Die Strafzinsen schaden schon lange, weil sie das Sparen und damit beispielsweise die Vorsorge fürs Alter, „bestrafen“. Das hält die EZB dennoch nicht davon ab, diesen Irrweg immer weiter zu gehen.

Strafzinsen treiben Immobilienpreise in die Stratosphäre

Schnabel will die Zinsen weiter senken, obwohl sich die EZB-Direktorin der negativen Folgen dieser Politik durchaus bewusst ist, beispielsweise der enormen Blase am Immobilienmarkt. Denn je tiefer die Zinsen in den Strafzinsbereich gesenkt werden, umso mehr investieren die Deutschen ihr Geld in Betongold, weshalb die Preise für Häuser und Wohnungen trotz der zwischenzeitlichen schweren Rezession von einem Rekordhoch zum nächsten nach oben schießen.

„Es gibt sichtbare Anzeichen für eine Überbewertung der Hauspreise im Euroraum als Ganzem, vor allem in den Metropolregionen“, sagte Schnabel. Jeder, der in den vergangenen Monaten und Jahren ein Haus oder eine Wohnung kaufen oder mieten wollte, weiß, dass die Blase längst von vielen Städten in die umliegenden Gemeinden und damit aufs ganze Land übergeschwappt ist. Denn wenn die Preise in der Stadt zu hoch sind, ziehen die Städter teilweise aufs Land, womit sie dort die Immobilienpreise nach oben treiben.

Die Aussichten für Gold sind besser als je zuvor. Sollte es dem nächsten US-Präsidenten – wer immer es auch sein mag – schwerfallen, ein Billionen schweres Konjunkturprogramm zu verabschieden, dürfte die Fed die Geldpolitik umso mehr lockern und damit den Goldpreis beflügeln. Gleichzeitig will die EZB immer mehr Geld drucken. Umso wichtiger ist es, sich gegen immer mehr Strafzinsen zu schützen und dazu die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.