Die US-Verbraucherpreise sind zuletzt deutlich stärker gestiegen als erwartet, was Inflationsängste geschürt hat. Dennoch sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nur kurz nach oben geschossen und haben anschließend deutlich nachgegeben. In dem Umfeld sollte die Erholung des Goldpreises weitergehen.

Beim Blick auf die US-Konjunkturdaten reden viele Experten von einem Konjunkturboom, während der kräftige Inflationsanstieg wahrscheinlich nur „vorübergehend“ sei. Bei mir verdichtet sich hingegen ein völlig anderes Bild, das von Stagflation. Stagflation ist eine Kombination aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation. Das ist ein hervorragendes Umfeld für Gold, weshalb sich die Erholung des Goldpreises vom Drei-Monats-Hoch bei 1.840 US-Dollar je Unze zügig beschleunigen sollte.

In dem Beitrag „Fed-Sitzung war wieder eine reine Farce“ habe ich aufgezeigt, dass die US-Wirtschaft im ersten Quartal saisonal bereinigt um 6,4 % annualisiert gewachsen war. Nicht saisonal bereinigt, also tatsächlich, war die Wirtschaftsleistung um annualisiert 12,4 % geschrumpft. Und das trotz des 1,9 Billionen US-Dollar schweren Konjunkturprogramms von US-Präsident Joe Biden, inklusive der Stimulus-Schecks von 1.400 US-Dollar je Erwachsenen und Kind sowie der Verdoppelung des Arbeitslosengeldes.

Preisauftrieb beschleunigt sich

Hingegen beschleunigt sich nach den billionenschweren Konjunkturprogrammen und dem massivsten Gelddrucken aller Zeiten der Inflationsanstieg. So waren die Verbraucherpreise im April um 4,2 % gegenüber dem Vorjahr nach oben geschossen – das war der höchste Anstieg seit September 2008. Volkswirte waren hingegen von einem Plus von „nur“ 3,6 % ausgegangen, nach 2,6 % für März.

Experten verweisen häufig darauf, dass der Preisanstieg vor allem technische Effekte hätte, also auf die im Vorjahr gesunkenen Preise zurückzuführen sei. Allerdings sind die Verbraucherpreise im April 2021 um 0,8 % gegenüber dem Vormonat März nach oben geschossen – das ist der höchste Zuwachs seit Juni 2009. Das waren offensichtlich keine „technischen Effekte“ oder? Der kräftige Preisanstieg ist überall zu sehen, bei den Preisen für Gebrauchtwagen ebenso, wie bei jenen für Hotelübernachtungen oder Flugreisen.

Bereinigt um Nahrungsmittel und Energie ist die sogenannte Kernrate der Inflation um 0,9 % gegenüber März geklettert, das war der größte Anstieg seit 1981. Sie lesen richtig: der größte Anstieg seit 1981. Damit liegt die Kernrate um 3,0 % über dem Vorjahr und war somit der höchste Wert seit Januar 1996. Wenn die Notenpressen der Fed auf Hochtouren laufen, hat das eben massive Folgen.

Fed kann die QE-Anleihekäufe nicht drosseln

Nach der Vorlage der Inflationsdaten waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf 1,70 % nach oben geschossen, weil die Daten die Inflationssorgen der Investoren geschürt haben und etliche von ihnen befürchten, dass die Fed trotz gegenteiliger Beteuerungen schon bald eine Drosselung der Anleihenkäufe („Tapering“) ankündigen könnte.

Diese Ängste halte ich allerdings für völlig unberechtigt, weil die Fed die Inflation mit allen Mitteln kräftig anheizen will, um so den gigantischen Schuldenberg von Staat, Unternehmen und Haushalten in Höhe von mehr als 80 Billionen US-Dollar tragfähig zu halten. Da macht es keinen Sinn auf eine stark steigende Inflation zu reagieren und das Anleihekaufprogramm zu drosseln oder gar die Leitzinsen zu erhöhen, weil man damit das gigantische Schuldenhaus schnell zum Einsturz bringen würde.

Nach einem kurzen Anstieg waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen wieder schnell nach unten gedreht und spiegeln damit eine Eintrübung der langfristigen Perspektiven für die US-Wirtschaft wider, das hat den US-Dollar mit nach unten gezogen. Damit hatte der Goldpreis von zwei Seiten Rückenwind. So notiert der US-Dollar Index nur noch 1,5 % über dem Mehr-Jahres-Tief von 89 Punkten. Der Index spiegelt die Entwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, gerade dem Euro, wider.

Beflügelt wird der Goldpreis auch vom sinkenden Realzins, der üblicherweise ein wichtiger Einflussfaktor für Gold ist. So ist der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter US-Anleihen auf minus 0,88 % gesunken und nähert sich damit zusehends dem Rekordtief von minus 1,08 % vom 4. Januar 2021.

Talfahrt bei US-Zinsen steht bevor

Ich möchte noch einmal betonen, dass ich für die nächsten Monate einen deutlichen Rückgang bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen erwarte, weil der Stimulus im kommenden Jahr durch das geplante Infrastrukturprogramm und das geplante Familienpaket mit insgesamt „nur“ maximal 500 Mrd. US-Dollar um horrende 2,3 Billionen US-Dollar kleiner ausfallen dürfte als der Stimulus in diesem Jahr (2,8 Billionen US-Dollar). Damit nimmt das Risiko einer Rezession rapide zu, was die Zinsen für zehnjährige Anleihen in den nächsten Monaten klar vorwegnehmen sollten. Üblicherweise preisen sie die Konjunkturentwicklung mit einem Vorlauf von sechs bis neun Monaten ein.

Dann sollte sich das Gerede von einem möglichen „Tapering“ schnell in Luft auflösen. Umso mehr Aufwind sollte der Goldpreis im Gegenzug bekommen, zumal der US-Dollar – wie ich erwarte – schon bald nach unten ausbrechen sollte.

Ich warte entspannt auf das Fed-Protokoll, das kommenden Mittwoch, am 19. Mai veröffentlicht wird. Es sollte einmal mehr betont werden, dass die Fed mit dem massiven Gelddrucken auf absehbare Sicht weitermachen wird und nicht im Entferntesten an „Tapering“ denkt. Das sollte für weiteren Abwärtsdruck auf die US-Zinsen sorgen, was den US-Dollar belasten und im Gegenzug den Goldpreis beflügeln sollte. Jetzt ist die Zeit, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.