Weil die Ängste vor einer schnell heraufziehenden US-Rezession rasant zunehmen, sind S&P500 und DAX kräftig auf Talfahrt, während die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach unten rauschen. Dennoch ist der Goldpreis eingebrochen, weil er von einer anderen Seite kräftigen Gegenwind hat.

Bei vielen Besitzern von Aktien aus S&P500 und DAX herrscht Panik: Der S&P500 hat im ersten Halbjahr den stärksten Kurseinbruch seit 1970 verbucht, während der DAX zuletzt auf das niedrigste Niveau seit November 2020 kollabiert ist. Verantwortlich für die Talfahrt an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks ist die schnell zunehmende Sorge der Investoren vor einer möglichen US-Rezession.

So war zuletzt der Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM) für die US-Industrie für Juni von 56,1 Punkte auf 53,0 Punkte eingebrochen und lag damit meilenweit unter den Schätzungen der Analysten. Damit signalisiert er nur noch ein schwaches Wachstum in dem Sektor und nähert sich zügig der Marke von 50 Punkten, die die Grenze zwischen Wachstum und Schrumpfen ist. Besonders schockiert hat viele Investoren zudem, dass die Komponente mit den Auftragseingängen von 55,1 Punkten auf 49,2 Punkte kollabiert ist und damit einen Rückgang der Orders anzeigt.

Nach der Veröffentlichung des Einkaufsmanagerindex und einer Serie anderer schwacher US-Konjunkturdaten hat die Fed von Atlanta aufgrund ihres Echtzeitmodells ihre Prognose zur Entwicklung der US-Wirtschaft zusammengestrichen. Nun sagt die Fed von Atlanta für das zweite Quartal einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um annualisiert 2,1 % vorher. Mitte Mai war noch ein Anstieg um annualisiert 2,5 % prognostiziert worden, dann ist aber einmal mehr die Realität dazwischengekommen.

Nachdem die Wirtschaft bereits im ersten Quartal um annualisiert 1,6 % geschrumpft war, wäre das das zweite Quartal in Folge mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung, womit die Wirtschaft meiner Meinung nach – entgegen der Vorhersage aller Experten – in einer Rezession wäre. Der annualisierte Wert wird errechnet, indem man die Veränderung gegenüber dem Vorquartal mit vier multipliziert.

In den USA verkündet zwar das National Bureau of Economic Research (NBER) offiziell, wann eine Rezession begonnen hat und wann sie endet. Die Bekanntgabe erfolgt üblicherweise aber erst etliche Monate nach dem Start der Rezession. Vor dem Hintergrund der Halbzeitwahlen am 8. November könnte sich die Ankündigung diesmal leicht bis Dezember 2022 oder sogar Januar 2023 „verzögern.“

US-Zinsen signalisieren Rezession

In dem miserablen Konjunkturumfeld sind zuletzt die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen bis auf 2,80 % eingebrochen und spiegeln damit die stark zunehmenden Rezessionssorgen der Investoren klar wider. Damit liegen die Zinsen in der Nähe des niedrigsten Niveaus seit Mitte April.

Gegenüber Mitte Juni ist das ein Rückgang um herbe 70 Basispunkte (0,7 Prozentpunkte) – das ist eine enorme Bewegung. Das entspricht einer um rund 100 Basispunkte pro Monat. Allerdings hat der Kollaps der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen den Goldpreis nicht stützen können. Mit Kursen von rund 1.765 US-Dollar je Unze ist er auf ein Neun-Monats-Tief gesunken. Den Grund hierfür werde ich gleich aufzeigen.

Wie stark die Rezessionsängste zugenommen haben zeigt, dass zuletzt die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen leicht unter jene für zweijährige gesunken sind, diese Zinsstrukturkurve ist damit – nach Anfang April – erneut invers. Das ist ein starkes Rezessionssignal. Wenn in den vergangenen Jahrzehnten diese Zinsstrukturkurve invers war, kam es anschließend immer zu einer Rezession in den USA – immer! Genauso wird es diesmal auch sein, die Frage ist nur wann die Rezession beginnt. Und dass zuletzt der Ölpreis eingebrochen ist, ist ebenfalls ein ganz schlechtes Zeichen für die US- und die Weltwirtschaft.

Flucht in den US-Dollar

Wegen der stark zunehmenden Rezessionssorgen und des Börseneinbruchs flüchten Investoren – wie üblich – in den sicheren Hafen US-Dollar, weshalb der Euro in die Nähe des 20-Jahres-Tiefs gegenüber dem Greenback eingebrochen ist und sich damit immer mehr der Parität nähert, sprich ein Euro wäre nur noch einen Dollar wert. Zumal die Schere in der Geldpolitik zwischen Fed und EZB immer weiter auseinandergeht.

Auf der einen Seite hat die Fed in diesem Jahr die Zinsen um 150 Basispunkte auf 1,50 bis 1,75 % angehoben und dürfte laut der Einschätzung der Investoren bei der nächsten Sitzung am 27. Juli einen weiteren Schritt nach oben um 75 Basispunkte machen. Hingegen hat die EZB den Einlagenzins für die Banken bislang bei minus 0,50 % belassen und will – trotz einer Rekordinflation von 8,6 % für die Euro-Zone – bei der Sitzung am 21. Juli die Zinsen nur um mickrige 25 Basispunkte anheben. Eine Entscheidung, die man nur als irrwitzig bezeichnen kann!

Zudem ist der US-Dollar-Index auf 20-Jahres-Hochs gestiegen. Das Barometer spiegelt die Kursentwicklung des Greenback gegenüber sechs wichtigen Währungen, vor allem dem Euro wider. Umso mehr Gegenwind hatte der Goldpreis zuletzt und ist daher auf Neun-Monats-Tiefs abgerutscht. Und ich möchte nicht verhehlen, dass in einem Umfeld, in dem der US-Dollar weiter kräftig steigen könnte, der Abwärtsdruck auf die Notierung des Edelmetalls erst einmal anhalten könnte.

Allerdings federt die Talfahrt des Euro gegenüber dem US-Dollar einen Teil des Rückgangs des Goldpreises auf Dollar-Basis ab. Während Gold auf Dollar-Basis seit Jahresanfang um 3,3 % gesunken ist, ist es – trotz des Rückgangs der vergangenen Monate – auf Euro-Basis um 7,6 % gestiegen. Damit schützt der Besitz von physischem Gold vor dem anhaltenden Verfall des Euro. Genau so soll es doch sein, oder?

Warten auf Fed-Protokoll und US-Arbeitsmarktbericht

Umso nervöser warten Investoren auf das Fed-Protokoll der Sitzung vom 15. Juni, das am Mittwochabend, 6. Juli veröffentlicht wird. Je mehr die Fed betonen sollte, dass die US-Wirtschaft „stark“ sei und daher kräftige Zinserhöhungen verkraften könne, obwohl viele Konjunkturdaten darauf hindeuten, dass die Wirtschaft bereits in eine Rezession abgerutscht sein dürfte, umso schneller sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach unten rauschen und damit den S&P500 und den DAX mit nach unten reißen.

Am Freitag, 8. Juli folgt dann der wichtige US-Arbeitsmarktbericht. Laut den Schätzungen der Volkswirte sollen im Juni 270.000 Jobs geschaffen worden sein, nach 390.000 für Mai. Gleichzeitig soll die Arbeitslosenquote im Juni stabil bleiben bei 3,6 %, während die durchschnittlichen Stundenlöhne um 5,0 % gegenüber dem Vorjahr steigen sollen, nach 5,0 % für Mai. Sollte der Bericht schwächer ausfallen als erwartet, was mich nicht überraschen würde, würde er die Rezessionssorgen verstärken. Umso genau werde ich dann schauen, wie die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen, sowie S&P500 und DAX darauf reagieren werden.

Wie oben geschrieben könnte bei weiter kräftig steigendem US-Dollar der Goldpreis auf Dollar-Basis erst einmal unter Druck bleiben. Wobei der Dollar-Anstieg nichts zuletzt ein starkes Krisensignal ist, und Investoren meiner Meinung nach in dem Umfeld eigentlich in den sicheren Hafen Gold flüchten müssten. Warum die Investoren das nicht tun, kann ich absolut nicht nachvollziehen. Umso mehr gehe ich davon aus, dass der Kollaps des Euro gegenüber dem US-Dollar weitergehen dürfte. Umso wichtiger ist es, einen wichtigen Teil seines Vermögens in physischem Gold zu halten, um sich gegen den rapiden Verfall des Euro zu schützen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.