Die US-Zinsen sind kräftig gestiegen. Komischerweise belastet das aber nur den Goldpreis, während die Preise vieler anderer Vermögenswerte oder Rohstoffe steigen.

Auf 1,38 % sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben gesprungen, das ist ein 52-Wochen-Hoch. Gleichzeitig ist der Realzins auf Basis zehnjähriger inflationsgeschützter US-Anleihen – ein starker Einflussfaktor auf den Goldpreis – auf -0,8 % nach oben geschossen, das ist das höchste Niveau seit sieben Monaten. Im Gegenzug ist der Goldpreis nach unten gerauscht.

Der Realzins wird berechnet, indem man vom Nominalzins die Inflationsrate abzieht. In dem Umfeld ist das Volumen weltweiter Anleihen mit Strafzinsen innerhalb von knapp drei Monaten um umgerechnet 3,5 Billionen US-Dollar auf 14,5 Billionen US-Dollar eingebrochen.

Seit Jahresanfang sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen damit um 45 Basispunkte (0,45 Prozentpunkte) nach oben geschossen. Das ist ein Anstieg um fast 50 % innerhalb von knapp zwei Monaten – das ist eine enorme Bewegung.

Amerikaner werfen Geld aus Stimulus-Schecks mit vollen Händen raus

Verantwortlich für den kräftigen Zinsanstieg sind die rapide zunehmenden Inflationssorgen, einerseits wegen des geplanten Konjunkturprogramms von US-Präsident Joe Biden von 1,9 Billionen US-Dollar, dass die Wirtschaft beflügeln und damit die Inflation weiter kräftig anheizen würde. Und andererseits wegen etlicher starker US-Konjunkturdaten, die Inflationsängste geschürt haben.

So waren die US-Einzelhandelsumsätze im Januar um 5,3 % gegenüber dem Vormonat auf ein Rekordhoch gestiegen, was meilenweit über den Schätzungen der Volkswirte eines Zuwachses von 1,1 % lag. Damit lagen die Einnahmen der Einzelhändler um herbe 7,4 % über dem Vorjahr – der stärkste Anstieg seit September 2011. Hauptverantwortlich dafür waren die jüngsten Stimulus-Schecks von jeweils 600 US-Dollar je Erwachsenen und Kind, die im Januar ausgezahlt worden waren, woraufhin viele Amerikaner das Geld mit vollen Händen ausgegeben haben. Besonders starke Konjunkturzahlen schüren Inflationsängste.

Zudem waren im gleichen Monat die Produzentenpreise – also die Preise, die die Unternehmen untereinander verrechnen – um 1,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Das ist der größte Zuwachs aller Zeiten, was Inflationssorgen schürt, schließlich dürften die Unternehmen bei einer deutlichen Konjunkturbelebung die höheren Kosten an die Verbraucher weitergeben. Wichtigster Antriebsmotor für den Anstieg der Produzentenpreise waren die kräftig gestiegenen Energiekosten.

In den USA steht ein weiteres Rekordhaushaltsdefizit bevor

Zuletzt hat das Congressional Budget Office, der Finanzausschuss des Kongresses, prognostiziert, dass durch Bidens Konjunkturprogramm das Haushaltsdefizit im Fiskaljahr 2020/21, das im September endet, um herbe 1,2 Billionen US-Dollar steigen soll, womit es 3,5 Billionen US-Dollar erreichen würde. Das wäre ein neuer Rekord nach dem bisherigen „Spitzenwert“ von 3,1 Billionen auf das Fiskaljahr 2019/20. Damit würde das Haushaltsdefizit im laufenden Fiskaljahr horrende 15,5 % der jährlichen Wirtschaftsleistung erreichen.

Die US-Wirtschaft ist so „stark“, dass sich ein Rekordhaushaltsloch nahtlos an das nächste anreiht. Das heizt die Inflation weiter kräftig an und treibt damit die US-Zinsen nach oben.

Weltweiten Schulden explodieren

Bemerkenswerterweise belastet der kräftige Zinsanstieg aber nur den Goldpreis, während die Preise anderer Vermögenswerte oder Rohstoffe steigen. So laufen S&P 500 und DAX von einem Rekordhoch zum nächsten, während die Notierungen von Öl, Kupfer oder Mais von einem Mehr-Jahres-Hoch zum nächsten klettern und Holz in den USA, das gerade zum Häuserbau verwendet wird, so teuer ist wie nie zuvor. Dabei könnten die steigenden Zinsen doch theoretisch auch die Aktienmärkte belasten oder? Schließlich trüben sich in dem Umfeld die Perspektiven für die hochverschuldete Weltwirtschaft und damit die weltweiten Unternehmen ein.

Zur Erinnerung: Laut dem Institute of International Finance (IIF) sind die weltweiten Schulden – also von Staaten, Unternehmen und privaten Haushalten – im vergangenen Jahr um horrende 24 Billionen US-Dollar auf den Rekord von 281 Billionen US-Dollar explodiert. Das sind mehr als 355 % der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Am US-Immobilienmarkt gibt es die mit weitem Abstand größte Blase aller Zeiten

Und offenbar drücken die steigenden Zinsen auch nicht auf die Rohstoffpreise, wie Kupfer oder Holz. Investoren sind der Überzeugung, dass trotz steigender US-Zinsen der Boom am Häusermarkt immer weitergehen wird und damit die größte Blase aller Zeiten am Immobilienmarkt immer weiter aufgepumpt wird.

Zur Erinnerung: Die Zinsen für 30-jährige Hypotheken liegen mit 2,8 % nur knapp über den Rekordtiefs und damit meilenweit unter dem Stand vom Sommer 2006 von 6,5 %. Im Nachhinein ist es vielen Experten und Bürgern völlig klar, dass es damals die größte Immobilienblase aller Zeiten gegeben hatte. Und nun sind die Zinsen weniger als halb so hoch wie damals, weshalb die Blase mehr als doppelt so groß ist – einfache Rechnung.

Vor dem Hintergrund kann Fed-Chef Jay Powell aus dem größten Gelddrucken aller Zeiten nie mehr aussteigen, weil sonst die Zinsen nach oben schießen würden, woraufhin der Immobilienmarkt schnell kollabieren würde – und der Aktienmarkt selbstverständlich auch. Ein anhaltend massives Gelddrucken, während die Biden-Regierung gleichzeitig über Konjunktur- und Infrastrukturprogramme Billionen von US-Dollar in die Wirtschaft pumpt, sollte den US-Dollar rapide entwerten und auf mittlere Sicht den Goldpreis enorm beflügeln.

Ich würde daher vielmehr umgekehrt argumentieren: Wenn die gewaltige Dollar-Schwemme in den USA die Preise von Aktien und Immobilien in die Stratosphäre treibt und gleichzeitig jene von Rohstoffen auf Mehr-Jahres-Hochs, dann müsste das auch den Goldpreis beflügeln oder? Schließlich war Gold in den vergangenen Jahrzehnten eine der besten Möglichkeiten, um sich gegen die massive Abwertung des US-Dollar – und anderer Fiat-Währungen, wie dem Euro – zu schützen.

Alle Augen sind auf die Powell-Rede gerichtet

Ich bleibe daher bei meiner Prognose, dass die US-Haushaltsdefizite auf Jahre hinaus, bei mindestens drei bis vier Billionen US-Dollar jährlich und noch mehr bleiben werden. Dann wird sich zeigen, wie sich der US-Dollar gegenüber Fiat-Währungen, wie Euro und Yen, entwickeln wird und vor allem, wie er sich gegenüber Gold entwickeln wird.

Umso genauer werden sich Investoren die Anhörung von Powell vor dem Finanzausschuss des Kongresses am morgigen Dienstag, den 23. Februar 2021, und am Mittwoch, 24. Februar, anschauen. Einerseits kann Powell angesichts der jüngsten Konjunkturdaten kaum von einer schwachen Konjunktur reden, zumal das nächste Konjunkturprogramm bereits im Anmarsch ist.

Andererseits kann er sich nicht zu optimistisch geben, würde das doch die Zinsen noch weiter nach oben treiben. Wenn das von den Märkten für Staatsanleihen auf die Zinsen für Unternehmen und Verbraucher überschwappen würde und die Zinsen für diese Kredite schnell und kräftig steigen würden, könnte das die hochverschuldete Wirtschaft schneller in die Bredouille bringen, als das dem Fed-Chef lieb ist.

Draghi will dauerhafte Transferzahlungen von der EU

Hiesige Anleger und Sparer sollten zudem die Nachrichten aus Italien weiter genau verfolgen. Der neue italienische Ministerpräsident Mario Draghi hat für einen eigenen Haushalt der Eurozone plädiert, sowie für dauerhafte Transferzahlungen innerhalb der EU. Es sollte niemanden überraschen, dass es genau so kommen würde. Draghi wird mit aller Macht den Weg in eine Fiskal- und damit Schuldenunion vorantreiben.

Nachdem die Schulden Italiens im Zuge der Pandemie auf rund 160 % der jährlichen Wirtschaftsleistung explodiert sind und die neue Regierung – wie sämtliche Vorgängerregierungen vor ihr – von Sparen absolut nichts wissen will, sollen die Steuerzahler aus Deutschland und anderen weniger verschuldeten Ländern die Zechen zahlen, damit das „dolce vita“ („das süße Leben“) in Italien ungebremst weitergehen kann. Wenn das keine guten Aussichten für die Deutschen sind, was dann?

Vor dem Hintergrund sollte der jüngste deutliche Zinsanstieg bei zehnjährigen Bundesanleihen höchstens wenige Monate andauern, während es anschließend auf Jahre hinaus weiter Strafzinsen geben dürfte. Umso wichtiger ist es, sich dagegen mit physischem Gold zu schützen. Dabei sollte sich die jüngste Talfahrt beim Goldpreis im Nachhinein als gute Gelegenheit herausstellen, um die physischen Bestände weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.