Entgegen den monatelangen Beteuerungen von Fed-Chef Jay Powell haben die Zinserhöhungen der Fed für einen kräftigen Kursrutsch beim S&P500 gesorgt. Das sollte allerdings noch längst nicht das Ende der Talfahrt sein.

Die neuesten Inflationsdaten aus den USA zeigen einmal mehr, wie hartnäckig die hohe Inflation weiterhin ist. Die Veröffentlichung der Daten hat für neuen Abwärtsdruck beim S&P500 gesorgt. Hingegen hat sich der Goldpreis leicht erholt. Mit Kursen von rund 1.850 US-Dollar je Unze notiert das Edelmetall dennoch nur leicht über dem Drei-Monats-Tief. Allerdings liegt der Goldpreis damit um 1 % über dem Stand von Ende 2021, hingegen ist der S&P500 um 18,0 % eingebrochen.

Die US-Verbraucherpreise sind im April um 0,3 % gegenüber dem Vormonat gestiegen, nach 1,2 % für März. Das war etwas stärker als jene 0,2 %, die Volkswirte vorhergesagt hatten. Gleichzeitig sind die Verbraucherpreise im April um 8,3 % gegenüber dem Vorjahr geklettert, nach dem 40-Jahres-Hoch von 8,5 % für März. Volkswirte hatten „nur“ 8,1 % vorhergesagt. Die 8,3 % für April sind demnach der zweithöchste Wert seit 1982. Daher gibt es trotz der Beteuerung vieler „Experten“, dass der Höhepunkt bei der Inflationsrate wohl im März erreicht worden sei, weiterhin keinerlei Grund zur Entwarnung.

Für ein wenig Abwärtsdruck auf die Verbraucherpreise hat der Bereich Energie gesorgt, dessen Preise von März auf April um 2,7 % gesunken sind, beim Benzin stand dabei ein Minus von 6,1 % zu Buche. Zudem gaben im Monatsvergleich die Preise für Gebrauchtfahrzeuge, die im vergangenen Jahr die Inflation kräftig angeheizt hatten, um 0,4 % nach. Hingegen sind die Mieten um 0,6 % gestiegen und heizen damit die Inflation weiter an.

Im Jahresvergleich sind Lebensmittel um 9,4 % teurer geworden, Energie um 30,3 %. Gleichzeitig müssen Amerikaner für die Miete – laut offiziellen Angaben – 4,8 % mehr auf den Tisch legen, das ist der stärkste Anstieg seit Februar 1991. Wenn man sich die Zahlen der börsennotierten Wohnungskonzerne anschaut, dürfte der tatsächliche Anstieg der Mieten rund doppelt so hoch sein wie offiziell ausgewiesen, aber sei’s drum. Insgesamt ist zu sehen, dass sich die Preise für Güter auf hohem Niveau allmählich etwas beruhigen, während jene für Dienstleistungen weiter kräftig zulegen.

US-Zinsen drehen nach unten

Die höher als erwarteten US-Inflationsdaten haben bei Investoren die Sorge geschürt, dass die Fed in den nächsten Monaten die Geldpolitik möglicherweise etwas stärker verschärfen könnte als Investoren bisher erwartet hatten. So könnte die Fed bei der nächsten Sitzung am 15. Juni die Leitzinsen um 75 Basispunkte (0,75 Prozentpunkte) anheben, nachdem Fed-Chef Powell das bei der jüngsten Fed-Sitzung am 4. Mai noch dementiert hatte. Eine Erhöhung um 75 Basispunkte werde „nicht aktiv erwogen“, hatte Powell gesagt, was kurzfristig für große Erleichterung an den Märkten gesorgt hatte.

Nach der Veröffentlichung der US-Inflationsdaten waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zwar kurz nach oben geschossen, anschließend sind sie aber umso stärker eingebrochen – völlig zurecht. Denn je schneller und stärker die Fed die Geldpolitik verschärfen würde, umso schneller würde sie die hochverschuldete und damit stark zinssensitive Wirtschaft belasten – meiner Meinung nach dürfte die US-Wirtschaft nicht zuletzt aufgrund der herben Inflation innerhalb weniger Monate in eine Rezession abrutschen. Der jüngste Rutsch nach unten bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen spiegelt meiner Meinung nach die rapide zunehmenden Rezessionssorgen wider.

Zur Erinnerung: Die Schulden der privaten Haushalte und der Unternehmen sind auf den Rekord von insgesamt 36,5 Billionen US-Dollar gestiegen – das sind rund 150 % der jährlichen Wirtschaftsleistung, ein horrender Wert!

Kurseinbruch am US-Aktienmarkt zieht Goldpreis mit nach unten

Das Problem ist, dass wegen des Kursrutsches am US-Aktienmarkt, vor dem ich in zahlreichen Beiträgen wie „Sorge vor weltweiter Rezession beschleunigt Kurseinbruch an den Aktienmärkten“ oder „Anleger spielen ein riskantes Spiel am Aktienmarkt“ gewarnt habe, Investoren plötzlich dringend Liquidität brauchen, um ihre Verluste am Aktienmarkt zu decken, und die Investoren daher neben Aktien auch Gold verkaufen. Umso genauer gilt es, die weitere Entwicklung beim S&P500 zu beobachten. Sollte sich die Talfahrt bei dem Index beschleunigen, wovon ich ausgehe, wobei weiterhin gerade die hochbewerteten Technologieaktien von der Nasdaq die Talfahrt anführen sollten, könnten Investoren kurzfristig weiter Gold verkaufen, was den Kurs noch etwas unter Druck bringen würde.

Meiner Meinung nach sollte das Tief beim Goldpreis aber schnell erreicht werden, schließlich macht es wenig Sinn Gold zu verkaufen, wenn der Preis bei Weitem nicht so stark fällt wie der von US-Aktien. Vielmehr sollten Anleger allmählich in den sicheren Hafen Gold flüchten, zumal wenn die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen entgegen der Vorhersage fast aller „Experten“ in den nächsten Wochen und Monaten nach unten rauschen sollten, was den Goldpreis stützen müsste.

Lagarde schiebt mögliche Zinserhöhung weiter auf die lange Bank

Während die Fed zumindest so tut als wolle sie die Inflation bekämpfen, bremst EZB-Chefin Christine Lagarde weiterhin wo es nur geht. Zuletzt hat sie sich dafür ausgesprochen, dass die Anleihekäufe der EZB zu Beginn des dritten Quartals auslaufen sollten. Eine mögliche Zinserhöhung könne „wenige Wochen“ danach erfolgen. Also müssen Investoren erst einmal auf die nächste Sitzung am 9. Juni warten, während das Gelddrucken weiterläuft und die Inflation weiter angeheizt wird.

Die übernächste Sitzung ist am 21. Juli. Wenn die Anleihekäufe tatsächlich Anfang Juli auslaufen sollten, dann dürfte die EZB frühestens bei der Sitzung am Juli eine mögliche Zinserhöhung um mickrige 25 Basispunkte ankündigen und damit Anfang August starten. Bei Lagarde würde es mich allerdings keineswegs wundern, wenn sie und ihre Kollegen aus den hochverschuldeten Südländern Italien, Spanien, Frankreich und Griechenland den Start bis September hinausziehen würden. Wozu soll man es auch mit den Zinserhöhungen überstürzen, liegt doch die Inflation mit 7,5 % „nur“ auf dem höchsten Niveau seit der Euro-Einführung?

Mit dieser Politik treibt die EZB den Euro gegenüber dem US-Dollar allerdings immer weiter in den Keller, wie ich zahllose Male vorhergesagt habe. Damit rückt die Parität zum Dollar, dass also ein US-Dollar ein Euro wert wäre, rapide näher. Damit bekommt allerdings der Goldpreis auf Euro-Basis immer mehr Rückenwind. Seit Jahresanfang ist der Goldpreis auf Euro-Basis um zehn Prozent gestiegen. Wohl denjenigen, die einen schönen Bestand an physischem Gold ihr Eigen nennen.

Gold ist unverzichtbar

Aufgrund des aufgezeigten Umfelds bin ich weiterhin sehr zuversichtlich, was die Entwicklung des Goldpreises in den nächsten Monaten und Jahren angehen sollte. Je mehr die Fed von einer kräftigen Verschärfung der Geldpolitik fantasieren sollte, umso eher, schneller und stärker sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen und der US-Aktienmarkt nach unten rauschen.

In dem Szenario sollte die Fed im Sommer die Verschärfung der Geldpolitik auf Eis legen, woraufhin auch dem allerletzten Anleger klar werden sollte, dass die hochverschuldete US-Wirtschaft ohne andauerndes, massives Gelddrucken nicht über die Runden kommen kann. Dann sollte Gold umso mehr gefragt sein und zügig in Richtung des Rekordhochs tendieren. Umso mehr sollte es sich lohnen, jetzt die meiner Meinung nach weiterhin günstigen Kurse zu nutzen, um die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.