Nachdem der Goldpreis einige Wochen seitwärts tendiert war, ist er zuletzt eingeknickt. Dabei gibt es eine Menge Brandherde weltweit, zuletzt ist vor allem die Italien-Krise hochgekocht. Wieso ist die Notierung des Edelmetalls dennoch unter Druck?
Nach einer kurzen Erholung nimmt der Euro das tiefste Niveau seit Juli 2017 gegenüber dem Dollar ins Visier: Der Grund hierfür ist einmal mehr Italien. Italien, Italien und schon wieder Italien. Nachdem Investoren Mitte der vergangenen Woche noch gehofft hatten, dass es trotz der geplanten Schuldensause der neuen italienischen Regierung zu einer Einigung mit der EU-Kommission kommen könnte, hat die Regierung in den vergangenen Tagen die EU-Kommission beschimpft und damit die Situation eskalieren lassen. Dennoch kam es zu einem Kursrutsch beim Goldpreis, womit er sich dem niedrigsten Niveau seit Januar 2017 genähert hat. Darauf komme ich etwas weiter unten zurück.
Aber erst einmal zurück zu Italien, dem derzeit größten Sorgenkind für viele Anleger, vor allem den Besitzern von DAX-Aktien. Italiens stellvertretender Ministerpräsident Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega-Partei hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici für das Sparen in den vergangenen Jahren scharf kritisiert: Politiker wie Juncker und Moscovici hätten Europa und Italien “ruiniert”, sagte Salvini. Der zweite stellvertretende Ministerpräsident Luigi Di Maio von der linksgerichteten Fünf-Sterne-Bewegung stieß in das gleiche Horn. Er will die Staatsausgaben kräftig steigern, selbst wenn die Zinsen nach oben schießen. Die Märkte seien zwar wichtig, “Aber wenn ich mich zwischen dem Risikoaufschlag für italienische Staatsanleihen (gegenüber deutschen Anleihen) und dem italienischen Volk entscheiden muss, wähle ich das italienische Volk”, sagte Di Maio.
Italien will für europaweite Schuldensause sorgen
Moscovici hatte zuvor gesagt, dass die neuen Haushaltspläne Italiens „signifikant“ von den Vereinbarungen abweichen würden, auf die sich die Staats- und Regierungschefs im Juli geeinigt hätten. Weil Italien einen Schuldenberg von horrenden 133 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung hat – das ist der schlechteste Wert in der Euro-Zone hinter Griechenland – sollte Italien im Jahr 2019 eigentlich das strukturelle Haushaltsdefizit um 0,6 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent abbauen und so die Schulden im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung reduzieren. Salvini und Di Maio peilen offiziell allerdings 2,4 Prozent an, wollen sie doch das Grundeinkommen für Einkommensschwache ebenso finanzieren wie Steuersenkungen und die Senkung des Renteneintrittsalters, also eine Menge Wahlgeschenke für die Italiener.
„Wir werden nicht nachgeben“, sagte Di Maio. „Es gibt keinen Plan B, weil wir nicht nachgeben werden.“ Er und Salvini wollen vielmehr die Europawahl Ende Mai 2019 zu einer Volksabstimmung darüber machen, dass mit dem Sparen ein für alle Mal Schluss sein soll und die Länder der Währungsunion wieder deutlich mehr Schulden machen können. Dabei haben viele Länder, allen voran Italien, bisher kaum gespart, sondern vielmehr aufgrund des massiven Gelddruckens der EZB kräftig sinkenden Zinsbelastungen das Geld mit vollen Händen ausgegeben. Daher sind die Schulden vieler Länder, nicht nur nominell, sondern auch im Verhältnis zur jährlichen Wirtschaftsleistung weiter gestiegen. „Es wird ein derartiges Erdbeben in allen Ländern gegen das Sparen geben, dass sich die Regeln (schon) am Tag nach den Wahlen ändern werden“, sagte Di Maio. Er ist sich ebenso wie Salvini des großen Erpressungspotenzials gegenüber Deutschland sehr wohl bewusst. „Italien wird nicht das Schicksal Griechenlands erleiden“, sagte Salvini.
Zinsen für italienische Anleihen schießen nach oben
Das kann ich nur als Drohung auffassen, denn ein Weg, bei dem die Schuldensause in der Euro-Zone wieder Fahrt aufnimmt, wird unweigerlich zu einer Talfahrt des Euro führen und damit die Inflation kräftig anheizen. Das mögen Di Maio und Salvini gut finden, weil angeblich italienische Produkte außerhalb der Euro-Zone billiger werden, was die Exportwirtschaft ankurbeln solle. Diese Politik hat Italien allerdings jahrzehntelang verfolgt und war damit nicht besonders erfolgreich. Vielmehr ist die Kaufkraft der früheren italienischen Lira gegenüber der ehemaligen D-Mark massiv gesunken. Sollte künftig die Euro-Zone den „italienischen Weg“ gehen, würde das die Inflation in der Euro-Zone und damit in Deutschland deutlich anheizen.
Die Investoren haben auf die Aussagen von Di Maio und Salvini reagiert und ihre italienischen Anleihen auf den Markt geworfen. Die Folge: Die Zinsen für zweijährige italienische Anleihen sind auf 1,85 Prozent nach oben geschossen und haben sich damit seit dem September-Tief verdreifacht – innerhalb von drei Wochen verdreifacht! Damit liegen sie auf dem höchsten Niveau seit Ende Mai. Gleichzeitig sind die Zinsen für zehnjährige Papier auf 3,6 Prozent geklettert, das ist der höchste Wert seit Februar 2014. Damit ist der Zinsaufschlag gegenüber deutschen Anleihen auf 300 Basispunkte (3,0 Prozentpunkte) nach oben geschossen, das ist der höchste Wert seit Juli 2013. Wegen des Kurseinbruchs bei den italienischen Anleihen, sind die Bankaktien, gemessen am FTSE Italia All-Share Banks Index eingebrochen, besitzen doch die Institute rund 300 Mrd. Euro an italienischen Staatsanleihen – ein enormes Risiko. Gleichzeitig ist der Aktienmarkt, gemessen am FTSE Mib, nach unten gerauscht. Ein Blick auf diese Zahlen zeigt, dass die Hütte sprichwörtlich brennt.
Solange die Di Maio und Salvini ihren Weg weitergehen, wird die Lage weiter eskalieren, die Zinsen werden noch weiter steigen und der Abwärtsdruck auf den Euro anhalten. Da die EU-Kommission die neue italienische Regierung scheinbar nicht zur Vernunft bringen kann, kann das nur einer tun: der Anleihenmarkt. Die Investoren müssen nur immer weiter ihre italienischen Anleihen liquidieren, dann könnte die Regierung irgendwann zur Besinnung kommen. Ich fürchte allerdings, dass das noch eine ganze Weile dauern dürfte.
China wertet den Renminbi ab
Eine Eskalation der Krise kann sich eigentlich niemand wünschen, trüben sich doch dadurch die Perspektiven für die Wirtschaft der Euro-Zone und damit für die Weltwirtschaft weiter ein. Gleichzeitig gibt es noch eine Reihe anderer Brandherde, wie der Handelskrieg zwischen den USA und China, oder der Währungskrise in den Emerging Markets, die eigentlich allesamt für Aufwärtsdruck beim Goldpreis sorgen sollten. In derartig turbulenten Zeiten sollte Gold als sicherer Hafen eigentlich gefragt sein.
Allerdings hat der Goldpreis neben den steigenden US-Zinsen vor allem von einer Seite Gegenwind: vom Dollar, der gegenüber dem chinesischen Renminbi deutlich steigt. Schauen Sie sich mal im Internet die enorm hohe Korrelation zwischen der Entwicklung des Währungspaars Dollar-Renminbi und dem Goldpreis an. Als Reaktion auf den Handelskrieg wertet China den Renminbi immer weiter ab und macht so chinesische Produkte in den USA etwas günstiger.
Das macht US-Präsident Donald Trump umso wütender. Zuletzt hat ein Mitarbeiter des Finanzministeriums gesagt, dass die US-Regierung wegen des Rückgangs des Renminbis „besorgt“ sei und die Entwicklung genau beobachte. Umso gespannter warten Investoren auf den Währungsreport der US-Regierung, der für den 14. Oktober erwartet wird. Mich würde es nicht wundern, wenn die Regierung darin China als „Währungsmanipulator“ bezeichnen würde, womit der Handelskrieg zwischen den USA und China weiter eskalieren würde.
Sollte der Dollar gegenüber dem Renminbi weiter steigen, könnte der Goldpreis zwar kurzfristig weiter sinken. Auf mittlere Sicht könnten die Investoren eine derartige Entwicklung allerdings als starkes Warnsignal interpretieren, genau das ist es auch. So dürfen die zahlreichen Brandherde für Turbulenzen am US-Aktienmarkt sorgen und er dem DAX und den Aktienmärkten in den Emerging Markets nach unten folgen. In dem Umfeld sollten Investoren in den sicheren Hafen Gold flüchten.