Wegen des möglichen Corona-Wirkstoffs dürfte sich die Weltwirtschaft im kommenden Jahr deutlich erholen. Einige Experten prognostizieren daher, dass das Gelddrucken gerade der Fed eventuell etwas kleiner ausfallen könnte als bislang erwartet. Diese Theorie sollte sich allerdings als völlig falsch erweisen.

Die Party an den weltweiten Börsen wird immer wilder: Der S&P 500 ist auf neue Rekordhochs gestiegen, der DAX klettert kräftig und nähert sich zügig dem Spitzenwert von Mitte Februar. Die Entwicklung könnte viele Anleger etwas überraschen, schließlich hat sich US-Präsident Donald Trump zuletzt einmal mehr geweigert, seine Niederlage bei der Wahl am 3. November 2020 gegen Joe Biden einzugestehen. Vielmehr setzt Trump weiterhin alle juristischen Hebel in Bewegung, um doch noch zum Sieger in wichtigen Bundesstaaten erklärt zu werden und damit Präsident bleiben zu können.

Zudem gab es zuletzt Meldungen, dass sich das Weiße Haus aus den Verhandlungen mit den oppositionellen Demokraten über ein mögliches Billionen schweres Konjunkturprogramm zurückgezogen hat. Damit wird es immer unwahrscheinlicher, dass es noch vor dem Amtsantritt des Präsidenten am 20. Januar 2021 – sei es Trump oder Biden – zu einer Einigung kommen wird, während sich gleichzeitig die Konjunkturerholung wegen der auf Rekordhochs gestiegenen Neuinfektionszahlen kräftig abkühlt.

Zudem dürfte das Programm höchstens 500 Mrd. bis 1,0 Billion Dollar erreichen und damit viel kleiner ausfallen als noch vor der Wahl erwartet. Damit würde die Wirtschaft deutlich weniger angekurbelt werden als Experten prognostiziert hatten.

Umso mehr setzen Investoren darauf, dass die Fed im Zweifelsfall einschreiten wird und noch viel mehr Geld drucken dürfte als ohnehin schon – um die Konjunktur anzukurbeln, wie Fed-Chef Jay Powell ständig betont. Viele Investoren wissen aber schon längst, dass es nur darum geht, den Aktienmarkt noch weiter in die Stratosphäre zu treiben und so die Fassade einer „starken“ US-Wirtschaft aufrecht zu halten.

Nachdem die Hoffnung auf einen möglichen Corona-Wirkstoff der Partner Pfizer und BioNTech anfänglich zu einem Kursrutsch bei Gold geführt hatte (das können Sie in dem Beitrag „Hoffnung auf Corona-Wirkstoff lässt Goldpreis einbrechen“ nachlesen), hat sich die Notierung des Edelmetalls wegen der Aussicht auf mögliche zusätzliche Geldspritzen der Fed zuletzt etwas erholt und liegt bei rund 1.880 Dollar je Unze.

Konjunkturerholung in USA und Europa geht rapide zu Ende

Dabei warnen einige Experten, dass die Fed in den nächsten Quartalen wegen der Hoffnung auf eine kräftige Konjunkturerholung aufgrund des Corona-Wirkstoffs etwas weniger Geld drucken könnte als bislang erwartet, also quasi die Märkte „enttäuschen“ könnte. Der Gedanke dabei ist einfach: Je schneller man den Impfstoff einsetzt, umso schneller wird sich die Wirtschaft „normalisieren“ und umso kräftiger wachsen. Dann brauche man nicht mehr so gewaltiges Gelddrucken von Fed und EZB wie bislang.

Diese Theorie dürfte sich allerdings als völlig falsch herausstellen. Wieso? Während der Aktienmarkt um 6 bis 9 Monate nach vorne schaut und den möglichen Impfstoff euphorisch feiert, muss die Realwirtschaft ernst noch durch den harten Winter und das Frühjahr durch, wobei sich die Konjunkturperspektiven für die Wirtschaft in den USA und der Eurozone wegen der rasant gestiegenen Neuinfektionszahlen rapide eintrüben.

So waren die Zahlen in den USA zwischenzeitlich auf mehr als 180.000 pro Tag nach oben geschossen und nähern sich damit der Marke von 200.000. Obwohl sich Trump dennoch weiterhin mit Händen und Füßen gegen einen Lockdown sträuben wird, haben einzelne Bundesstaaten wie New York die Beschränkungen weiter verschärft, was die Konjunktur – selbst ohne offiziellen Lockdown – unweigerlich weiter bremst.

Ähnlich sieht es in Europa aus, wo zuletzt Österreich einen zweiten Lockdown verhängt hat. „Deutschland und Eurozone droht Rückfall in eine Rezession“ habe ich bereits Ende Oktober geschrieben. Inzwischen warnen die ersten Experten, dass die US-Wirtschaft jener der Eurozone folgen und das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2021 – und damit ein Quartal später als in der Eurozone – schrumpfen könnte.

Fed wird noch viel mehr Geld drucken müssen

Ich bleibe daher der Überzeugung, dass die Notenpressen der Fed künftig noch viel schneller laufen werden als derzeit – sprich der Dollar noch schneller entwertet wird, was den Goldpreis weiter beflügeln sollte. So hat das US-Finanzministerium für das laufende Quartal eine Nettoemission von Anleihen im Volumen von 617 Mrd. Dollar angekündigt. Die Nettoemission wird berechnet, indem man von der Ausgabe neuer Anleihen die alten auslaufenden abzieht.

Für das nächste Quartal plant das Finanzministerium mit netto 1,1 Billionen Dollar. Aber bleiben wir vorsichtshalber bei „nur“ 600 Mrd. pro Quartal – das wären im Fiskaljahr 2020/21, das im September endet, rund 2,4 Billionen Dollar. Darin sind die Ausgaben für ein mögliches weiteres Konjunkturprogramm noch nicht enthalten.

Allerdings kauft die Fed mit ihrem Gelddruckprogramm von 120 Mrd. Dollar pro Monat für „nur“ 80 Mrd. Dollar Staatsanleihen – das sind knapp 1,0 Billion Dollar pro Jahr –, der Rest entfällt auf Hypothekenanleihen. Um der Sorge der Investoren vor einer anhaltend massiven Schuldensause entgegenzusteuern und so einen drohenden weiteren kräftigen Zinsanstieg zu verhindern, müsste die Fed im Bedarfsfall aber die gesamte Nettoemission des Finanzministeriums aufkaufen.

Das nenne ich Staatsfinanzierung aus der Notenpresse und nichts anderes. Zur Erinnerung: Wegen dieser Angst hatten sich in den vergangenen Monaten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen verdoppelt auf knapp 1,0%. Daher sollte die deutliche Konjunkturabkühlung infolge der Pandemie eine hervorragende Ausrede für die Fed sein, das Gelddruckprogramm schon bald kräftig aufzustocken, auf 200 Mrd. Dollar pro Monat oder sogar noch mehr. Die Notenbank muss nur noch abwarten, bis das Ergebnis der US-Wahl endgültig feststeht, um anschließend möglichst schnell zur Tat zu schreiten.

Fed wird nicht „enttäuschen“

Dass es in der Eurozone mit der EZB ähnlich läuft wie in den USA mit der Fed, habe ich wiederholt geschrieben. Die EZB nimmt die Pandemie ebenfalls als hervorragende Ausrede und dürfte bei der nächsten Sitzung am 10. Dezember die Geldpolitik weiter lockern und damit gegenüber der Fed vorlegen. Das können Sie in dem Beitrag „Nach EZB-Sitzung sind alle Augen auf US-Wahl gerichtet“ nachlesen.

Die Aussichten für Gold sind damit trotz des zwischenzeitlichen Kursrückgangs vom Rekordhoch besser als je zuvor. Für die Sorge, dass die Notenbanken „enttäuschen“ könnten, besteht meiner Meinung nach absolut kein Grund. Vielmehr sollten Fed und die EZB in den nächsten Quartalen noch viel mehr Geld drucken als ohnehin schon und damit die Fiat-Währungen Dollar und Euro weiter kräftig entwerten. Umso wichtiger ist es, physisches Gold zu besitzen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.