Etliche schwache US-Konjunkturdaten schüren bei Investoren die Hoffnung, dass die Fed im nächsten Jahr den Leitzins deutlich senken könnte. Diese Aussicht hat neben den Aktienmärkten zuletzt auch den Goldpreis beflügelt.
Die Party an den Aktienmärkten läuft auf vollen Touren, S&P 500, Nasdaq und DAX sind in den vergangenen Wochen kräftig nach oben geschossen. So hat beispielsweise der S&P 500 innerhalb von nur 3 Wochen, also zwischen Freitag, dem 27. Oktober und Freitag, 17. November um rund 10 Prozent zugelegt. Einen derartig hohen Anstieg verbucht der Index üblicherweise in einem ganzen Jahr – Wahnsinn!
Für Rückenwind an den Aktienmärkten sorgt vor allem die Talfahrt bei den US-Zinsen nach einer Serie schwächer als erwarteter US-Konjunkturdaten. So waren beispielsweise die fortgesetzten Anträge auf US-Arbeitslosenhilfe zuletzt auf 1,865 Mio. gestiegen, das war das höchste Niveau seit November 2021. Offenbar ist die meiner Meinung nach schwache Konjunktur längst auf den Arbeitsmarkt übergeschwappt.
Zudem sind zuletzt die Verkäufe bestehender US-Häuser im Oktober mit einer Jahresrate von 3,79 Mio. Einheiten auf das niedrigste Niveau seit August 2010 eingebrochen. Die Zahlen zeigen, wie sehr die zwischenzeitlich stark gestiegenen Hypothekenzinsen den Immobilienmarkt und damit die Konjunktur belasten.
Zuletzt hat die Baumarktkette Lowe’s die Umsatzprognose für das Ende Januar endende Fiskaljahr 2023/24 schon zum zweiten Mal in diesem Fiskaljahr gesenkt, weil sich viele Hausbesitzer mit Renovierungsarbeiten zurückhielten, woraufhin die Aktie eingebrochen ist. Warum viele Investoren von dieser Nachricht überrascht worden sind, ist mir unerklärlich.
In dem Umfeld sind die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen bis auf 4,4 Prozent eingebrochen. Das Mehr-Jahres-Hoch bei den Zinsen von Mitte Oktober bei knapp über 5,0 Prozent scheint schon so lange hinter uns zu liegen.
Zudem haben die sinkenden US-Zinsen den Dollar mit nach unten gezogen. Damit hatte der Goldpreis gleich von zwei Seiten Rückenwind und ist auf mehr 2.000 Dollar je Unze geklettert. Damit rückt das Rekordhoch vom August 2020 bei rund 2.075 Dollar zusehends ins Visier.
Wann beginnt die Fed mit Zinssenkungen?
Während viele Fed-Mitglieder andauernd betonen, dass Zinssenkungen auf absehbare Sicht kein Thema seien, weil man den Leitzins auf dem erhöhten Niveau belassen müsse, um weiter die Inflation zu bekämpfen, haben viele Investoren begonnen zu spekulieren, dass die Fed möglicherweise bereits im März 2024 mit einer ersten Zinssenkung starten könnte.
Die Wahrscheinlichkeit hierfür liegt bei rund 30 Prozent. Sollte die Serie schwacher US-Konjunkturdaten anhalten, wovon ich ausgehe, sollte die Wahrscheinlichkeit in den nächsten Wochen und Monaten kräftig steigen.
Zudem sind bis Ende 2024 Zinssenkungen um insgesamt 100 Basispunkte (1,0 Prozentpunkte) auf dann 4,25 bis 4,5 Prozent eingepreist. Dabei sollte jedermann klar sein, dass wenn die Fed aufgrund zunehmender Rezessionssorgen plötzlich mit Reduktionen beginnen sollte, dann könnten die Zinsen schon bis zur Jahresmitte um 100 Basispunkte – oder noch stärker – gesenkt werden und nicht erst bis zum Jahresende!
„Zur Erinnerung: in den 55 Jahren seit 1968 hat es im Schnitt 8 Monate gedauert zwischen der letzten Zinserhöhung im alten Zyklus und der ersten Zinssenkung im neuen.
Nachdem die Fed den Leitzins letztmals im Juli 2023 angehoben hat, auf aktuell 5,25 bis 5,50 Prozent, würde ein durchschnittlicher Zeitraum von 8 Monaten bedeuten, dass der Leitzins bereits im März 2023 gesenkt werden würde“, habe ich am 15. November in dem Beitrag „Gute US-Inflationsdaten lassen US-Zinsen und Dollar einbrechen“ geschrieben.
Ich bin weiterhin klar der Überzeugung, dass in den nächsten Wochen und Monaten viele US-Konjunkturdaten geradezu von der Klippe herunterfallen sollten, weil die hohen Zinsen die hochverschuldeten Verbraucher und Unternehmen schwer belasten, woraufhin die Rezessionssorgen plötzlich zunehmen sollten.
US-Daten im Fokus
Umso genauer werden sich Investoren die US-Konjunkturdaten weiter anschauen. Weil am Donnerstag, 23. November Thanksgiving (Erntedankfest) gefeiert wird, werden die Daten zu den Erst- und fortgesetzten Anträgen auf Arbeitslosenhilfe in dieser verkürzten Handelswoche bereits einen Tag früher am Mittwoch veröffentlicht.
Am gleichen Tag werden auch die Daten zu den Aufträgen langlebiger Gebrauchsgüter und dem Verbrauchervertrauen der Uni Michigan bekanntgegeben. Sollten gerade die Zahlen zu den fortgesetzten Anträgen auf Arbeitslosenhilfe schwächer als erwartet ausfallen, dürften die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen auf Talfahrt bleiben und damit den Dollar weiter nach unten ziehen. Das sollte für weiteren Auftrieb an den Aktienmärkten und bei Gold sorgen.
Am Freitag, 24. November veröffentlicht dann S&P Global den Einkaufsmanagerindex für die USA, also einen für die Industrie und einen für den Dienstleistungssektor. Mich würde es nicht überraschen, wenn gerade jener für die Dienstleistungsbranche schwächer wäre als von Volkswirten vorhergesagt, weil die Schwäche von der Industrie zusehends auf den Servicesektor überschwappen sollte. Falls ich richtig liege, sollte der Abwärtsdruck auf die US-Zinsen zunehmen, und im Gegenzug die Aktienmärkte und die Notierung des Edelmetalls weiter zulegen.
Inzwischen dürfte es vielen Investoren dämmern, dass die angeblich ach so starke US-Wirtschaft hohe Zinsen auf Dauer keineswegs verkraften kann. Diese Überzeugung habe ich zahllose Male vertreten.
Und je mehr US-Zinsen und Dollar im Rückwärtsgang sein sollten, umso mehr Rückenwind sollte der Goldpreis haben. Meiner Meinung nach fehlt nur noch ein kleiner Funke, um die Notierung des Edelmetalls auf neue Rekordhochs nach oben schießen zu lassen und anschließend weiter zu klettern. Umso mehr Sinn macht es, die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.