Seit März war der Goldpreis aufgrund der Angst vor einer Bankenkrise von 1.800 US-Dollar auf ein neues Allzeithoch bei 2.080 US-Dollar angestiegen. Seitdem diese Sorgen jedoch schwinden und die Aktienmärkte wieder haussieren, fällt der Goldpreis wieder und erreichte letzte Handelswoche ein vorläufiges Tief bei 1.954 US-Dollar, was viele Investoren überrascht hatte. Auch der Silberpreis fiel von seinem Hoch bei über 26 US-Dollar auf 23,30 US-Dollar. Saisonale Faktoren wie eine schwächere Herstellernachfrage über die Sommermonate dürften dabei nur eine untergeordnete Rolle spielen. Die Rallye des Goldpreises um 480 US-Dollar (+ 30%), die Anfang November bei 1.600 US-Dollar ihren Anfang nahm, wurde einerseits von der Spekulation auf Leitzinssenkungen der US-Notenbank und andererseits durch Ängste vor einer neuen Bankenkrise und die Erwartung getrieben, die Fed würde mit neuen QE-Programmen darauf reagieren.
Jetzt wird jedoch zunehmend offensichtlich, dass die US-Wirtschaft noch relativ robust ist und die US-Notenbank nicht beabsichtigt in diesem Jahr ihren Leitzins wieder zu senken. Dazu schwinden die Ängste vor einer Bankenkrise und anstatt neuer QE-Programme schrumpft die Geldmengen in den USA und Europa aufgrund der Fortsetzung der QT (Quantitative Tightening) -Programme weiter, was dem Markt Liquidität entzieht. Die Ereignisse und Erwartungen, die die Rallye getrieben hatten, fallen nun in sich zusammen und mit ihnen der Gold- und Silberpreis.
Die kurzzeitige Geldmengenausweitung, hervorgerufen durch die teuren Kreditlinien der Fed für Banken in Bedrängnis im Rahmen des BTFP, wurde bereits fast wieder neutralisiert. Die Bilanz der US-Notenbank schrumpfte allein in der letzten Woche um 46 Mrd. US-Dollar, während die Geldmenge M2 aktuell um 4,1 % zum Vorjahr schrumpft, was noch nie zuvor seit Auflösung des Goldstandards zu beobachten war. Diese deflationäre Entwicklung wirkt grundsätzlich belastend für den Goldpreis, dessen Anstieg in Erwartung einer inflationären Entwicklung erfolgte.
Das Conference Board hatte kürzlich eine Studie veröffentlicht, in der die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA innerhalb der nächsten 12 Monate auf 99 % geschätzt wird. Sollte sich die US-Notenbank aufgrund einer Rezession also in den nächsten Monaten gezwungen sehen, die Geldmenge erneut auszuweiten, so wäre der bisherige Anstieg des Goldpreises gerechtfertigt und vorausschauend. Sollten eine Rezession und neue QE-Programme jedoch erst im nächsten Jahr ein Thema werden, so würde das bis dahin deflationäre Umfeld den Goldpreis eher tendenziell belasten.
Die Bilanz der US-Notenbank schrumpfte zur Vorwoche um 46 Mrd. US-Dollar
Die Geldmenge M2 sank im März um 4,1 % zum Vorjahr
Diametral gegensätzlich zum Goldpreis konnte der US-Dollar in der letzten Woche weiter ansteigen, während der Euro im Tief auf 1,076 US-Dollar einbrach, nachdem bereits in der Vorwoche wichtige Aufwärtstrends gebrochen wurden. Das bullische Sentiment für den Euro hat historische Extremniveaus erreicht, wie die CoT-Daten der US-Terminmarktaufsicht belegen. Als ich zuletzt ein derart bullisches Sentiment erlebte, stand der Euro bei 1,22 US-Dollar Anfang 2021 kurz vor einem Einbruch um 26 US-Cent auf 0,96 US-Dollarß. Ich hatte damals Anfang 2021 diesen Einbruch korrekt prognostiziert und vor der euphorischen Stimmung für den Euro gewarnt.
Ähnlich sahen wir diametral gegensätzlich in der vorletzten Woche niemanden mehr, der sich einen erneuten Anstieg des US-Dollars vorstellen konnte. Egal wo man las und wen man im Internet hörte – jeder war der Auffassung der US-Dollar müsse weiter fallen und als Reaktion darauf der Goldpreis weiter ansteigen. Meiner Erfahrung an den Märkten nach ist das in der Regel ein großes Warnsignal, auf das man nach einem spekulativen Einstieg diametral gegensätzlich der Massenmeinung Ausschau halten sollte.
Nachdem der Euro ein Doppeltop ausgebildet hatte, der US-Dollar einen doppelten Boden mit einem False Break, stieg der USD-Index auf 103,50 in einem Short-Squeeze an. Dass der Goldpreis bei dieser Entwicklung korrigieren sollte, beschrieb ich bereits in den Marktkommentaren der Vorwochen. Sollte sich die Erholung des US-Dollars in den kommenden Wochen fortsetzen, so wäre eine weitere Korrektur des Goldpreises bis 1.800 US-Dollar sehr wahrscheinlich.
Die Goldminenaktien im HUI-Goldminenindex fielen mit dem Rückgang des Goldpreises in der letzten Handelswoche im Tief auf 247 Punkte, nachdem vor zwei Wochen noch ein Hoch bei 284 Punkten erreicht wurde. Solange der Goldpreis unterhalb der Marke von 2.000 US-Dollar handelt, warten wir ab da die Möglichkeit besteht, dass der Goldpreis den Sommer über weiter korrigieren und es bessere Kaufniveaus geben wird. Sollten neue exogene Faktoren den Goldpreis wieder über 2.000 US-Dollar drücken, müssten wir unsere Einschätzung überdenken.
Gold, Silber und Minenaktien gehörten in der letzten Woche zu den Verlierern
Wie würde der Goldpreis auf einen Zahlungsausfall der US-Regierung reagieren?
Der Goldpreis tendiert dazu in ökonomischen oder politischen Krisenzeiten anzusteigen. Immer dann, wenn die Volatilität ansteigt und Aktienmärkte aufgrund exogener Faktoren einbrechen, wird der stabile sichere Hafen des Goldes gesucht. Zusätzlich stürzen sich Investoren auf den Goldpreis, weil diese auf eine geldpolitische Intervention der Notenbanken und Regierungen als Reaktion auf die Krise spekulieren, da die heimische Währung dadurch mittel- bis langfristig abwerten würde.
US-Staatsanleihen konkurrieren direkt mit Gold, denn hinter ihnen steht die größte Volkswirtschaft und das mächtigste Militär der Welt. Sie gelten als eine sichere Wette, denn die USA würde ihren finanziellen Verpflichtungen immer nachkommen können.
Sollte dieser aktuelle Status amerikanischer Staatsanleihen jedoch angezweifelt werden, wenn es zu einem temporären Zahlungsausfall kommt, da sich Republikaner und Demokraten nicht einigen können, dann würde der Goldmarkt womöglich neue Investmentnachfrage erfahren und davon profitieren.
Kurz- bis mittelfristiger Ausblick
Solange eine Rezession nicht offen zutage tritt und dadurch neue geldpolitische Eingriffe der US-Notenbank durch Zinssenkungen und QE-Programme eingepreist werden, dürfte der Goldpreis bestenfalls trendlos seitwärts handeln um die Marke von 2.000 US-Dollar. Da jedoch viele Faktoren, die den Goldpreis zuvor haben ansteigen lassen, nun wegfallen, die Geldmenge gleichzeitig schrumpft und die Aktienmärkte womöglich vor einer Erholung stehen, muss man eine Korrektur des starken Preisanstiegs in den letzten 6 Monaten einkalkulieren.
Ein Rücksetzer auf 1.800 US-Dollar würde neue Kaufchancen bieten, denn es ist absehbar, dass die Notenbanken in der nächsten Rezession die Rekapitalisierung des Bankensystems durch das Drucken von Geld fortsetzen werden. Spätestens im nächsten Jahr dürfte es soweit sein und dann der Goldpreis seine Allzeithochs weiter hinter sich lassen. Doch kurzfristig sollte man sich der starken Euphorie am Goldmarkt bewusst sein und einen Preisrücksetzer in den nächsten Monaten einkalkulieren.