Der französische Präsident Emmanuel Macron hat völlig überraschend vorgezogene Neuwahlen angekündigt. Die Unsicherheit an den Aktienmärkten in Europa dürfte noch eine Weile anhalten.
Die Schere zwischen den Aktienmärkten in den USA und der Eurozone dürfte erst einmal weiter auseinandergehen: Während der S&P 500 angetrieben von den US-Technologieaktien von einem Rekordhoch zum nächsten eilt, waren der DAX und etliche andere Aktienmärkte aus der Eurozone eingebrochen, ehe sie sich etwas erholt haben.
Hingegen war der Goldpreis in den vergangenen Tagen auf einer kleinen Berg- und Talfahrt, was vor allem an der Entwicklung der US-Zinsen lag. Wenn die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen etwas gestiegen sind, war die Notierung des Edelmetalls ein wenig unter Druck und umgekehrt.
Zuletzt hat sich die Talfahrt bei den US-Zinsen allerdings fortgesetzt, woraufhin die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen mit 4,23 Prozent auf das niedrigste Niveau seit Ende März gesunken sind. Das sorgt für Auftrieb beim Goldpreis.
Sorge vor Linksruck in Frankreich
Aber zurück zu den Aktienmärkten. Grund für den Kurseinbruch bei europäischen Aktien waren die Nachrichten aus Frankreich, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron nach der herben Wahlniederlage seiner Partei „Renaissance“ bei der Europa-Wahl am 9. Juni überraschend vorgezogene Neuwahlen für den 30. Juni angekündigt hatte, die Stichwahl findet am 7. Juli statt.
Macron will laut seiner Aussage den Aufstieg des rechtspopulistischen Rassemblement National (RN) von Marine le Pen verhindern. Nach Macrons Ankündigung hatte der französische Aktienindex CAC40 am Montag, 9. Juni und Dienstag, 10. Juni um insgesamt 2,5 Prozent nachgegeben, ehe am Mittwoch eine deutliche Erholung gefolgt ist.
Umso stärker ist der Index dann aber am Donnerstag und Freitag eingebrochen, und hatte den DAX mit nach unten gerissen. Verantwortlich dafür war die Meldung, dass sich die französische Linke bestehend aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und der radikaleren Partei „Unbeugsames Frankreich“ zusammengeschlossen haben. Damit hat die Linke deutlich bessere Chancen gegen RN und Renaissance.
Nach dem Bekanntwerden haben Investoren plötzlich Sorge bekommen vor einer linken Politik in Frankreich, woraufhin Investoren nicht lange überlegt haben, sondern bei französischen Aktien und jenen aus etlichen anderen Ländern der Eurozone kräftig den Verkaufen-Knopf gedrückt haben.
Laut Umfragen liegt die Linke mit 28 Prozent nur knapp hinter RN (32 Prozent), während Renaissance auf lediglich 18 Prozent kommt. Damit könnte es zu einer linken Regierung in Frankreich kommen, falls die Renaissance der Mehrheitsbeschaffer wäre.
Sorge vor Staatsschuldenkrise in Frankreich
Diese Aussicht hat Sorgen vor einer Staatsschuldenkrise geschürt, woraufhin die Zinsen für 10-jährige französische Anleihen gegenüber deutschen innerhalb nur einer Woche bis Freitag, 14. Juni um herbe 29 Basispunkte (0,29 Prozentpunkte) auf 77 Basispunkte nach oben geschossen sind und damit den höchsten Wert seit 2017 erreicht haben.
Zur Erinnerung: Das Haushaltsdefizit Frankreichs lag 2023 bei herben 154,0 Milliarden Euro, das sind herbe 5,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Damit sind die Schulden auf 3,1 Billionen Euro gestiegen – das sind 110,6 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Zum Vergleich: der Wert für Deutschland liegt bei nur 63,6 Prozent!
EZB verdreht die Tatsachen
Warum die Investoren plötzlich Sorge vor einer Staatsschuldenkrise in Frankreich bekommen haben, ist mir allerdings schleierhaft. Denn eines sollte doch völlig klar sein: Wenn die Lage in Frankreich eskalieren sollte – sprich die Linke in Frankreich kommt an die Macht, woraufhin der Anleihemarkt aufgrund der kräftigen Verkäufe der Investoren einbrechen dürfte – dann dürfte die EZB massiv französische Anleihen kaufen, im Notfall in der Größenordnung von hunderten von Milliarden Euro, oder gar Billionen.
Die Ausrede der EZB wäre die gleiche wie immer: die EZB müsse sicherstellen, dass der Transmissionsmechanismus ihrer Geldpolitik funktioniere. Damit ist der Prozess gemeint, mittels dessen sich die geldpolitischen Entscheidungen – sprich vor allem die Zinsen – auf die Wirtschaft auswirken. Die geldpolitischen Impulse werden über einzelne Verbindungen (Transmissionskanäle) übertragen.
Der Transmissionsmechanismus funktioniert aber üblicherweise hervorragend. Allerdings würden Investoren in einem normalen Umfeld – also in einem, in dem die EZB die Zinsen nicht durch Anleihekäufe manipuliert – von Frankreich viel höhere Zinsen verlangen als von Deutschland, weil der französische Staat bis Unterkante Oberlippe verschuldet ist. Deutlich höhere Zinsen für Frankreich würden gerade zeigen, wie gut der Transmissionsmechanismus funktioniert.
Das kann die EZB aus ihrer Sicht aber nicht zulassen, käme doch ansonsten die Schuldensause in Frankreich – und etlichen anderen Südländern – schnell zu Ende, womit die Wirtschaft schnell in eine Rezession abrutschen würde. Also dürfte die EZB im Notfall erneut durch massive Käufe französischer Anleihen die Zinsen auf ein künstlich viel zu niedriges Niveau drücken, damit die Schuldensause der französischen Regierung weitergehen kann.
Dass die EZB mit einem derart irrwitzigem Gelddrucken die Inflation in der Eurozone einmal mehr anheizen würde, und damit Ihre und meine Kaufkraft einmal mehr dahinschmelzen würde wie das Eis in der Sonne, ist jedermann klar. Das ist der Preis dafür, dass Deutschland nach der D-Mark Mitglied einer Weich-Währung geworden ist. Sie wissen genau so gut wie ich, dass der Euro eine Weich-Währung ist!
Gute US-Inflationsdaten…
Während die Zinsen für französische Anleihen nach oben geschossen sind, waren jene für US-Anleihen zuletzt weiterhin auf Talfahrt, was den Goldpreis stützt.
Grund für die Talfahrt sind etliche US-Konjunkturdaten. So waren die am Mittwoch, 12. Mai veröffentlichten Inflationsdaten für Mai deutlich besser als erwartet. So ist die Inflationsrate im Mai leicht zurückgegangen auf 3,3 Prozent und lag damit unter den Schätzungen der Volkswirte von 3,4 Prozent.
Zudem ist die Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, etwas zurückgegangen auf 3,4 Prozent und lag damit unter den Erwartungen von 3,5 Prozent.
Nach dem Bekanntwerden der Daten waren die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen eingebrochen, was die Börsen-Party in den USA angeheizt hatte, was wiederum den DAX in die Nähe des Rekordhochs mit nach oben gezogen hatte. Der US-Zinseinbruch hatte gleichzeitig für einen Sprung nach oben beim Goldpreis gesorgt.
Wenige Stunden später am Mittwochabend hat dann die Fed-Sitzung allerdings für etwas Verunsicherung bei Investoren gesorgt. Nachdem die Inflationsrate in den Vormonaten bis April kaum gesunken war, haben die Fed-Mitglieder signalisiert, dass sie bis Ende 2024 den Leitzins nur noch 1 Mal senken könnten, statt der zuvor geplanten 3 Mal.
… und schwache Einzelhandelsumsätze halten US-Zinsen auf Talfahrt
Viele Investoren gehen allerdings von zwei Zinssenkungen bis zum Jahresende aus, zumal die am Dienstag, 18. Juni veröffentlichten Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen zuletzt schwächer waren als erwartet. Das zeigt, dass sich die Konjunktur deutlich abkühlt, was die Inflationserwartungen dämpft und damit wiederum Hoffnungen auf Zinssenkungen der Fed schürt.
So waren die Einzelhandelsumsätze im Mai um lediglich 0,1 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen, das lag unter den Schätzungen der Volkswirte, die einen Zuwachs um 0,3 Prozent vorhergesagt hatten. Zudem sind die April-Zahlen nach unten korrigiert worden. Statt der vorherigen Stagnation (0,0 Prozent) steht für April nun ein Rückgang um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat zu Buche.
Daraufhin waren die Zinsen für 10-jährige US-Anleihen einmal mehr eingebrochen, was die Aktienmärkte diesseits und jenseits des Atlantiks ebenso gestützt hat wie den Goldpreis.
Die Daten zu den US-Einzelhandelsumsätzen haben mich einmal mehr in meiner Einschätzung bestärkt, dass sich die US-Wirtschaft wegen der hohen Inflation und der hohen Zinsen rapide abkühlt, weshalb die Inflationserwartungen der Investoren auf Talfahrt sind, und gleichzeitig die Hoffnungen auf Zinssenkungen zunehmen. Das ist ein gutes Umfeld für Gold.
Wichtige US-Daten im Fokus
Umso gespannter waren Investoren auf die nächsten US-Daten. Um Donnerstag, 20. Juni werden die Zahlen zu den Neubaubeginnen und Baugenehmigungen ebenso veröffentlicht wie der Einkaufsmanagerindex der Notenbank von Philadelphia, der üblicherweise einer der wichtigsten Frühindikatoren für die US-Wirtschaft insgesamt ist.
Tags drauf am Freitag folgt der Einkaufsmanagerindex für die US-Wirtschaft von S&P Global, sowie die Verkäufe bestehender Häuser. Mich würde es nicht überraschen, wenn etliche Daten vom Häusermarkt schwächer wären als erwartet, was die Talfahrt bei den Zinsen für 10-jährige US-Anleihen beschleunigen würde. Umso mehr Auftrieb hätten die Aktienmärkte und der Goldpreis.
Unabhängig von der kurzfristigen Kursentwicklung bleiben die Aussichten für das Edelmetall hervorragend. Daher halte ich es weiterhin für sinnvoll, die Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.