Liebe Leserinnen und Leser,

nach einigen überraschend guten US-Konjunkturdaten schüren deutlich steigende Infektionszahlen aus einigen US-Bundesstaaten die Angst, dass die Konjunkturerholung nur schwach ausfallen dürfte. Für zusätzlichen Verkaufsdruck auf die Aktienmärkte sorgen zunehmende politische Spannungen, wie jene zwischen China und Indien.

Die Verunsicherung vieler Investoren bei S&P 500 und DAX nimmt deutlich zu. Während sich zahlreiche Anleger hierzulande vor allem mit dem Bilanzskandal beim Zahlungsdienstleister Wirecard beschäftigen, haben sich viele Investoren am US-Markt gefragt, ob er nach dem jüngsten Höhenflug in die Nähe des Rekordhochs deutlich nach unten drehen könnte.

Nachdem der S&P 500 in den vergangenen Wochen einzig und allein von der gigantischsten Liquiditätsschwemme aller Zeiten von der Fed nach oben getrieben worden war, hat eine Nachricht von Apple für Verunsicherung gesorgt. Da die Zahl von Neuinfektionen mit Corona in einigen US-Bundesstaaten, wie Arizona und Kalifornien, auf einen Rekord gestiegen war, macht der iPhone-Hersteller fast ein Dutzend seiner Filialen in vier US-Bundesstaaten dicht. Nachdem der Aktienmarkt die Sorge vor einer zweiten Corona-Welle lange Zeit ignoriert hatte, ist sie mit der Apple-Meldung plötzlich hochgekocht, was am vergangenen Freitag, den 19. Juni 2020 für einen Kursrückgang beim S&P 500 gesorgt hat.

Goldpreis klettert in die Nähe des Siebeneinhalb-Jahreshochs

Gleichzeitig sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf mickrige 0,7 % gesunken und liegen damit auf dem gleich niedrigen Niveau wie Mitte März und das obwohl der Arbeitsmarktbericht und die Einzelhandelsumsätze für Mai viel besser ausgefallen waren als Volkswirte vorhergesagt hatten. Allerdings hat sich der Anleihenmarkt davon nicht beeindrucken lassen, sondern schätzt die langfristigen Perspektiven für die US-Wirtschaft schlechter ein als selten zuvor, denn die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen liegen um lediglich rund 20 Basispunkte (0,2 Prozentpunkte) über dem Rekordtief vom 8. März. Kein Wunder, dass der Goldpreis zuletzt deutlich nach oben gedreht ist und nur noch knapp unter dem Siebeneinhalb-Jahreshoch liegt.

Das Risiko, dass sich die US-Wirtschaft wegen einer zweiten Welle der Pandemie nur allmählich erholen dürfte und es zu keiner V-förmigen Erholung kommen dürfte, hat zuletzt Fed-Chef Jay Powell einmal mehr aufgezeigt. „Die Rückkehr wird Zeit und Arbeit benötigen. Der vor uns liegende Weg dürfte eine Herausforderung werden”, sagte Powell und hat den Kongress aufgefordert weitere Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur zu beschließen. Sie werden immer stärker mit der Notenpresse der Fed finanziert, was den Dollar entwertet und im Gegenzug den Goldpreis beflügelt.

Geopolitische Spannungen nehmen zu

Für zusätzlichen Rückenwind beim Goldpreis sorgen zunehmende geopolitische Spannungen, womit der sichere Hafen Gold immer mehr gefragt ist. So ist der Streit zwischen China und Indien an deren Landesgrenzen im Himalaja eskaliert, woraufhin auf beiden Seiten Soldaten getötet worden sind. Damit nehmen die Spannungen zwischen zwei Atommächten mit den größten Bevölkerungen der Welt weiter zu, woraufhin Indien schnell 33 russische Kampfjets kaufen möchte.

Gleichzeitig bleibt die Lage zwischen den USA und China weiter angespannt, zumal US-Präsident Donald Trump die Corona-Pandemie als Wahlkampfthema hochzieht, um so seine Chancen für eine mögliche Wiederwahl im November zu verbessern. Nachdem China seinen Verpflichtungen aus dem Phase-1-Deal, unter anderem kräftig US-Agrarprodukte zu kaufen, bislang nicht nachgekommen ist, hat Trump zuletzt mit dem Abbruch aller wirtschaftlichen Beziehungen zu China gedroht. Eine „vollständige Entkoppelung“ von China sei eine „Politikoption“, sagte der US-Präsident.

Ein weiterer Risikofaktor sind die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea. Nachdem Nordkorea das Verbindungsbüro an der Grenze gesprengt hat, hat das Land gedroht, Truppen in der entmilitarisierten Zone zu stationieren und die „nächste Aktion gegen den Feind“ angekündigt.

Eine weitere Eskalation der oben aufgezeigten Spannungen könnte für zusätzlichen Abwärtsdruck auf die Aktienmärkte rund um den Globus sorgen  und im Gegenzug für Aufwärtsdruck beim Goldpreis. Zumal die Fed in dem Umfeld schnell reagieren und die Geldpressen noch schneller laufen lassen dürfte als ohnehin schon. Die US-Notenbank hatte zuletzt angekündigt, dass das Gelddrucken „mindestens“ mit dem aktuellen Tempo weitergehen wird, also insgesamt „mindestens“ 120 Mrd. Dollar pro Monat für den Kauf von Staats- und Hypothekenanleihen aufgewendet werden.

EU-Wiederaufbaufonds kommt Deutschland teuer zu stehen

Auch in der Eurozone werden die Geldpressen weiterhin auf Hochtouren laufen. Am vergangenen Freitag, den 19. Juni, hat sich EZB-Chefin Christine Lagarde auf einer Videokonferenz an die Staats- und Regierungschefs der EU gewandt, und sie zu einer Einigung auf den 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds gedrängt.

„Die EU-Wirtschaft erlebt einen dramatischen Absturz“, so Lagarde. Die Arbeitslosenquote in der Eurozone könne bis auf 10 % nach oben schießen. „Je schneller das Konjunkturpaket vereinbart wird, desto besser für die EU-Wirtschaft“, so die EZB-Chefin.

Sollten sich die 27 EU-Länder tatsächlich einstimmig auf den 750 Mrd. Euro schweren Wiederaufbaufonds einigen, womit die Vergemeinschaftung von Staatsschulden verschiedener Länder endgültig Realität wäre, kämen enorme Belastungen auf Deutschland zu. Denn nach dem Austritt Großbritanniens steigt Deutschlands Anteil am EU-Haushalt von 21 % auf rund 25%. Damit müsste der deutsche Steuerzahler in den nächsten Jahrzehnten rund 190 Mrd. an Krediten aus dem Wiederaufbaufonds tilgen.

Die Bundesregierung hat ausgerechnet, dass die jährlichen Zahlungen aus Berlin an Brüssel um fast die Hälfte auf 41 Mrd. Euro nach oben schießen würden. Was davon als Nettozahlung übrigbleiben wird hängt davon ab, wie viel Geld aus der EU nach Deutschland zurückfließt. Die Zahlen für 2018 sehen wie folgt aus: Während Deutschland 25,3 Mrd. nach Brüssel überwiesen hat, blieben 13,4 Mrd. als Nettozahlung übrig.

EZB finanziert Schuldenexplosion mit Notenpresse

Dass in dem Umfeld die Geldpressen der EZB soweit das Auge reicht auf Hochtouren laufen werden, sollte jedermann klar sein, schließlich müssen auch noch die Konjunkturprogramme der einzelnen Länder finanziert werden. Dabei ist die Bilanzsumme der EZB seit Mitte März um knapp eine Billion Euro auf den Rekord von 5,6 Billionen nach oben geschossen. Das sind horrende 47,3 % der jährlichen Wirtschaftsleistung.

Das ohnehin prächtige Umfeld für Gold wird von Tag zu Tag besser. Je mehr eine zweite Corona-Welle die Aussichten für die US-Wirtschaft eintrübt, umso mehr dürfte sich Powell genötigt sehen die Geldpressen noch schneller laufen zu lassen. Gleichzeitig laufen jene der EZB auf Hochtouren. Daher könnte der Goldpreis sehr bald das Siebeneinhalb-Jahreshoch nach oben durchbrechen, woraufhin es zügig in Richtung des Spitzenwerts vom August 2011 gehen sollte. Umso mehr Sinn macht es, dass Sie Ihre physischen Bestände weiter aufstocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.