Die US-Inflationsdaten für August deuten auf eine etwas nachlassende Aufwärtsdynamik hin, woraufhin die US-Zinsen eingebrochen sind. Das beflügelt den Goldpreis. Nun warten Investoren auf die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch.

Kräftiger Rutsch nach unten bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen: Grund sind die US- Inflationsdaten für August. So waren die Verbraucherpreise um lediglich 0,3 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Das war der niedrigste Zuwachs im Monatsvergleich seit Januar und lag unter der Prognose der Volkswirte von 0,4 %, nach 0,5 % für Juli. Die Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Inflationsdynamik etwas abschwächt. Gleichzeitig lagen die Zahlen zum Monatsvergleich zum 1. Mal seit November 2020 unter den Schätzungen der Volkswirte.

So hat sich der Anstieg bei den Lebensmittelpreisen und beim Wohnen abgeschwächt. Gleichzeitig sind die Preise für Gebrauchtwagen nach der Preisexplosion der vergangenen Monate im August um 1,5 % gesunken. Damit lagen die Verbraucherpreise im August um 5,3 % über dem Vorjahresniveau. Der Wert liegt damit minimal unter jenen 5,4 % für Juli, der das höchste Niveau seit August 2008 egalisiert hatte.

Für kräftigen Abwärtsdruck auf die US-Zinsen hat zudem gesorgt, dass die Kernrate der Inflation, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigten Verbraucherpreise, im August um lediglich 0,1 % gegenüber dem Vormonat gestiegen ist. Damit ist die Jahresrate im August von 4,3 % auf 4,0 % zurückgegangen, was deutlich unter den Schätzungen der Analysten von 4,2 % lag.

Warten auf Fed-Sitzung

Der Einbruch der US-Zinsen signalisiert, dass viele Investoren davon ausgehen, dass eine mögliche Drosselung der QE-Anleihenkäufe („Tapering“) bei der nächsten Fed-Sitzung am Mittwoch, 22. September kein Thema sein dürfte. Vielmehr dürfte Fed-Chef Jay Powell, der in den vergangenen Monaten wiederholt angedeutet hat, dass er es mit dem „Tapern“ absolut nicht eilig hat, das Thema frühestens bei der übernächsten Sitzung am 3. November auf die Tagesordnung setzen dürfte.

Wegen des Rutsches bei den US-Zinsen hat der Goldpreis einen kleinen Hüpfer nach oben gemacht und notiert damit erneut an der Marke von 1.800 US-Dollar je Unze. Dabei gab es nur eine geringe Bewegung bei Euro-Dollar, weshalb die Notierung des Edelmetalls von der Seite her keinen Rückenwind hatte.

Werden US-Einzelhandelsumsätze erneut schwach sein?

Umso gespannter warten Investoren auf die US-Einzelhandelsumsätze am Donnerstag, 16. September und das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan am Freitag. Mich würde es nicht wundern, wenn die Einzelhandelsumsätze deutlich schwächer ausfallen würden als erwartet, was die US-Zinsen erneut nach unten drücken dürfte.

Schließlich kamen die letzten Stimulus-Schecks der Regierung von Joe Biden im Frühjahr, während die Programme zur Unterstützung der Arbeitslosen während der Pandemie, wodurch das Arbeitslosengeld quasi verdoppelt worden war, am 6. September ausgelaufen sind. Demnach müssen rund 8,8 Mio. Amerikaner, die bislang Geld aus diesen Programmen erhalten haben, sich nun bald einen neuen Job suchen, ansonsten müssen sie kräftig auf die Ausgabenbremse treten oder neue Schulden machen. Das könnte allerdings vielen hochverschuldeten Amerikanern etwas schwerfallen.

Und das in einem Umfeld, in dem sich das US-Wirtschaftswachstum ohnehin kräftig abkühlt und die Wirtschaft meiner Meinung nach zügig auf eine Stagflation, also eine Kombination aus stagnierender Wirtschaft und hoher Inflation zusteuert. Schließlich lag die Inflation im August den 4. Monat in Folge bei mehr als 5,0 % und dürfte in den nächsten Monaten bestenfalls sehr langsam zurückgehen, falls gerade die Mieten nicht so kräftig steigen sollten.

Anleihen-„König“ Gundlach sieht US-Inflation von 12 %

Ich gehe von einem kräftigen Mietenanstieg aus. Ich erwarte allerdings, dass das die offiziellen Daten kaum widerspiegeln werden, weil sie kräftig saisonal bereinigt werden. Der Anleihen-„König“ Jeff Gundlach hat zuletzt gesagt, dass die Inflation in den USA bei 12,0 % liegen würde, wenn man bei der Inflationsberechnung statt den bereinigten Zahlen zum Wohnen den tatsächlichen Anstieg der Häuserpreise nehmen würde. Diese Argumentation macht großen Sinn, schließlich treiben die stark gestiegenen Preise für Häuser und Wohnungen zwangsläufig die Mieten nach oben.

Zudem würde es mich nicht wundern, wenn auch das US-Verbrauchervertrauen, das die Universität Michigan am Freitag veröffentlicht, deutlich schwächer ausfallen sollte als erwartet, was für einen erneuten Einbruch bei den Zinsen für zehnjährige US-Anleihen sorgen dürfte. Vielen Amerikanern sollte es zusehends dämmern, dass sie durch die hohe Inflation erheblich belastet werden.

Laut einer monatlichen Umfrage der Notenbank von New York erwarten die befragten Verbraucher im Schnitt auf Ein-Jahres-Sicht eine Inflationsrate von 5,2 % – Rekord. Für das 3. Jahr wird eine Rate von 4,0 % erwartet – das ist ebenfalls Rekord. Das sollte allerdings noch längst nicht das Ende der Fahnenstange sein. Wie sehr sinkende US-Zinsen den Goldpreis in den nächsten Wochen beflügeln können, dürfte zudem davon abhängen, ob sie für eine Trendwende nach unten beim US-Dollar sorgen. Dann bekäme der Goldpreis von einer zweiten Seite Rückenwind.

Umso gespannter werde ich mir die Ergebnisse der Fed-Sitzung am kommenden Mittwochabend und die Pressekonferenz mit Powell anschauen.

Dass der Goldpreis mit Kursen von rund 1.800 US-Dollar um 5 % unter dem Niveau von Ende 2020 liegt, obwohl die Fed seit damals rund eine Billion Dollar gedruckt hat, macht absolut keinen Sinn. Umso mehr verstehe ich die Enttäuschung vieler Gold-Fans bezüglich des Kursrückgangs. Je länger der Goldpreis aber künstlich nach unten manipuliert wird, umso stärker dürfte er später steigen – das ist meine feste Überzeugung -, weil Fed, EZB und viele andere Notenbanken in der nächsten Krise noch viel mehr Geld drucken werden als jemals zuvor. Daher sollten sich die aktuellen Goldpreise als hervorragende Gelegenheit herausstellen, um die eigenen Bestände an physischem Gold aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.