Trotz des jüngsten Kurseinbruchs ist die Blase am US-Aktienmarkt größer als selten zuvor. Daher hatten sich viele Investoren gefragt, ob das möglicherweise ein Grund für die Fed sein könnte, die extrem lockere Geldpolitik ein wenig zurückzufahren. Nach der jüngsten Fed-Sitzung hat Jay Powell eine unmissverständliche Antwort gegeben – umso wichtiger ist es, physisches Gold zu besitzen.

Mit einer so schnellen Verschlechterung der Stimmung der Investoren bei S&P 500 und DAX hatten wohl nur die wenigsten Anleger gerechnet: Nachdem am Anfang der vergangenen Woche noch Euphorie geherrscht hatte und die Rekordhochs bei beiden Indizes nur noch eine Frage der Zeit schienen, begannen die Kursverluste nach der Fed-Sitzung vom vergangenen Mittwoch, den 10. Juni. Mehr dazu können Sie im Beitrag „Trüber Fed-Ausblick sorgt für Einbruch bei Aktien und US-Zinsen“ vom 12. Juni nachlesen.

Mit dem Start in die neue Handelswoche hatten sich die Kursverluste am Montag, den 15. Juni anfangs ausgeweitet, vor allem nachdem deutlich gestiegene Infektionszahlen in Peking die Sorgen vor einer zweiten Welle der Corona-Epidemie geschürt hatten, zumal auch die Zahlen in etlichen Städten und Bundesstaaten der USA, wie in Texas, kräftig geklettert sind.

Anschließend hat die Fed allerdings angekündigt, dass sie nun endlich mit dem Kauf von Unternehmensanleihen beginnen werde, nachdem die Fed bereits seit einem Monat Anleihen-ETFs kauft, um den Markt zu stützen und die Zinsen in den Keller zu treiben, was die Konjunktur stützt. Obwohl die Pressemeldung absolut keine Neuigkeiten enthielt, haben die Algorithmen, also der Computerhandel, kräftig US-Aktien gekauft, woraufhin der S&P 500 den Handel am Montag nach dem anfänglichen Kurseinbruch mit einem Plus von 0,8 % abgeschlossen hat.

Ebenso wie am US-Aktienmarkt kam es gestern auch zu einer Berg- und Talfahrt beim Gold. Das kann ich mir nur so erklären, dass Investoren ihre Verluste durch Spekulation auf Kredit am Aktienmarkt anfangs decken mussten und sich dazu Geld durch den Verkauf von Gold besorgt haben. Nachdem der Aktienmarkt nach oben gedreht ist, ging es auch mit der Notierung des Edelmetalls deutlich nach oben. Abgesehen von dieser kurzfristigen Bewegung ist das fundamentale Umfeld für Gold besser denn je, gerade nach der Pressekonferenz von Fed-Chef Jay Powell nach der jüngsten Sitzung.

Sinkende Kurse bedeuten für Powell ein Versagen des Marktes

Nachdem es auf der Konferenz üblicherweise nur die seichten Fragen der Vertreter der Massenmedien gegeben hatte, ging es bei der letzten Frage, die ein Reporter der Nachrichtenagentur Bloomberg gestellt hatte, ausnahmsweise ans Eingemachte. Er fragte doch tatsächlich, ob das Gelddrucken der Fed eine Blase am Finanzmarkt, sprich vor allem am Aktienmarkt geschaffen habe und ob die Fed mit ihrer Politik die Ungleichheit zwischen Arm und Reich vergrößere.

Während sich Powell nur wenig mit dem zweiten Teil der Frage beschäftigte, ist es umso wichtiger, was er zum ersten Teil gesagt hat. Er verwies auf den Einbruch der Märkte zwischen dem Rekordhoch des S&P 500 und dem Mehr-Jahres-Tief am 23. März. In der Zeit hätten die weltweiten Investoren nur verkaufen wollen. „Was dann passiert ist, die Märkte haben aufgehört zu funktionieren, sie haben aufgehört zu funktionieren. Unternehmen konnten keine Schulden machen, sie konnten ihre Kredite nicht verlängern, die Leute (Verbraucher) konnten keine Schulden machen“, sagte Powell.

Daher hätte die Fed einschreiten müssen, „um die Funktionsfähigkeit des Marktes wiederherzustellen“, so Powell. Der Fed-Chef hat also suggeriert, dass ein Einbruch am Aktienmarkt bedeute, dass er nicht funktioniere. Powells Aussage ist völliger Blödsinn: Wenn weltweit Investoren massiv Aktien verkaufen, weil die Investoren zurecht Angst haben, dass die Pandemie die Weltwirtschaft in eine Depression, also einen schweren Konjunktureinbruch stürzen werde, dann ist das geradezu die Bestätigung, dass der Markt funktioniert.

Gigantischste Blase aller Zeiten am US-Aktienmarkt

„Wir versuchen nicht irgendein Niveau bei irgendwelchen Vermögenswerten zu erreichen. Wir wollen, dass Investoren Risiken einpreisen, wie es Märkte tun sollen. Dass die Schuldner Schulden machen, die Gläubiger Kredite vergeben, die Märkte funktionieren“, so Powell. Damit hat er einmal mehr so getan, dass nach der zwischenzeitlichen, kräftigen Erholung am US-Aktienmarkt sowie bei Unternehmensanleihen, die Märkten funktionieren würden. Schließlich notiert der S&P 500 trotz des jüngsten Rückgangs nur um rund 10 % unter dem Rekordhoch vom 19. Februar.

Wenngleich nun das „Problem“ gelöst sei, will die Fed die Geldschleusen trotz der gigantischsten Blase aller Zeiten am US-Aktienmarkt weiter ganz weit offenhalten und für insgesamt 120 Mrd. Dollar pro Monat Staats- und Hypothekenanleihen kaufen – sprich mehr Geld drucken, als je zuvor. Dabei ist die Bilanzsumme der Fed allein seit Anfang März um herbe 3 Billionen auf den Rekord von 7,2 Billionen Dollar explodiert. Dadurch wächst die Geldmenge um horrende 30,3 % gegenüber dem Vorjahr.

Die Folge der gigantischen Geldschwemme: Der Börsenwert des marktbreiten Wilshire 5000 Index beläuft sich auf mehr als 140 % der jährlichen Wirtschaftsleistung der USA. Damit liegt die Bewertung zwar unter dem Rekordhoch von Mitte März, welches bei 158 % lag. Dass eine derart hohe Bewertung in Zeiten der schwersten Depression seit der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren aber absolut keinen Sinn macht, sollte jedermann klar sein.

Powell und seine Kollegen wissen sehr wohl, dass sie mit dem jüngsten Gelddruckprogramm eine noch viel größere Blase geschaffen haben, als je zuvor. Das werden Powell und die anderen Fed-Mitglieder aber nie öffentlich einräumen, vielmehr werden sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um die Blase am Leben zu halten und sie noch zu vergrößern.

Powell will trotz Aktienblase die Geldschleusen ganz weit offenhalten

„Wenn wir uns zurückhalten würden, was wir nie tun würden, … nur weil wir denken, die Preise für Vermögenswerte wären zu hoch… Was würde (dann) mit jenen Leuten passieren, denen wir von Gesetz wegen dienen sollen? Wir sollen ein Höchstmaß an Beschäftigung und stabile Preise erreichen, und (dieses Ziel) verfolgen wir“, sagte Powell. Die Tatsache ist aber, dass der Börsenanstieg um Billionen von Dollar seit dem 23. März keinerlei Jobs für jene 22 bis 24 Mio. Arbeitslose in den USA schafft, für die Powell vorgibt, sich einzusetzen. Tatsächlich will er vor allem den Aktienmarkt nach oben treiben, das ist sein Hauptziel!

Wie will man auch durch das immer weitere Aufblähen der gigantischsten Blase aller Zeiten am US-Aktienmarkt Arbeitsplätze schaffen? Wie soll das gehen? Allerdings vergrößert die Politik der Fed die Ungleichheit zwischen Arm und Reich, wie ich schon oft geschrieben habe. Auf der einen Seite sind die Reichen, von denen die reichsten 10 % der Amerikaner rund 85 % aller Aktien besitzen, die sämtliche Amerikaner insgesamt besitzen. Und auf der anderen Seite sind die Armen, die durch die Krise arbeitslos geworden sind und vorher schon auf einen Schuldenberg gesessen waren.

Umso wichtiger sind Powells Aussagen für Gold-Fans, wie Sie und mich. Der Fed-Chef hat klar gemacht, dass die Fed unter keinen Umständen einen größeren Kursrückgang am US-Aktienmarkt zulassen will, sondern notfalls noch viel mehr Geld drucken wird, als durch die derzeitigen Anleihenkäufe. Bei der kleinsten Krise dürfte Powell die Käufe massiv aufstocken. Aus seiner Politik gibt es keine Umkehr.

Damit entwertet die Fed die Fiat-Währung Dollar umso schneller, was zwangsläufig nicht nur für Auftrieb am Aktienmarkt sorgen, sondern mittel- und langfristig gerade auch den Goldpreis kräftig beflügeln sollte. Das sollte vielen Investoren nach Powells Aussagen auf der Pressekonferenz endgültig klar geworden sein, weshalb die Notierung des Edelmetalls schon bald das Siebeneinhalb-Jahres-Hochs ins Visier nehmen sollte, um es diesmal endgültig nach oben zu durchbrechen. Es war nie wichtiger als heute, möglichst viel physisches Gold zu besitzen.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.