Nachrichten über eine neue Corona-Variante aus Südafrika haben für einen kräftigen Kursrutsch bei S&P500, DAX und Öl gesorgt. Die jüngsten Aussagen von Fed-Chef Jay Powell haben für zusätzlichen Abwärtsdruck gesorgt.

Schlimmer konnte es kaum kommen: Mitten in die vierte Welle der Corona-Pandemie in vielen Ländern gab es am vergangenen Freitag, 26. November News von Omikron, einer neuen Corona-Variante aus Südafrika, woraufhin die Konjunktursorgen der Investoren stark zugenommen haben. Daraufhin sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kollabiert, während S&P500, DAX und der Ölpreis eingebrochen sind, zumal Stephane Bancel, der Vorstandschef von Moderna gesagt hatte, dass die bisherigen Impfstoffe wahrscheinlich deutlich weniger effektiv sein würden gegen Omikron als gegen die bisherigen Varianten, wie Delta.

In dem Umfeld war der Goldpreis zwar auf Berg- und Talfahrt, hatte den Tag schlussendlich aber auf dem Niveau des Vortages abgeschlossen. Damit war das Edelmetall einmal mehr in turbulenten Börsenzeiten seiner Stellung als sicherem Hafen gerecht geworden.

Allerdings war Omikron nicht die Ursache für den Kurseinbruch an den weltweiten Börsen, sondern der Auslöser. Ursache für den Kursrutsch bei Aktien und Öl ist die Mitte November gestartete Drosselung der QE-Anleihekäufe („Tapering“) der Fed. Weil die Liquiditätsschwemme von Monat zu Monat geringer werden soll, trüben sich die Aussichten für die US-Wirtschaft ein, während gleichzeitig der Rückenwind für den Aktienmarkt schnell nachlässt.

Powell gießt Öl ins Feuer

Und was tut Fed-Chef Jay Powell, der monatelang gebetsmühlenartig betont hatte, der rasante Inflationsanstieg sei nur „vorübergehend“? Powell gießt plötzlich Öl ins Feuer. „Es ist an der Zeit, den Ausdruck „vorübergehend“ für die Inflation zu streichen“, sagte Powell am Dienstag, 30. November. „Wir (er und seine Fed-Kollegen) könnten erwägen, das Tapern schon einige Monate früher zu beenden“, so der Fed-Chef.

Er signalisiert also eine mögliche Beschleunigung der Drosselung der Anleihekäufe, womit sie nicht wie angekündigt bis Mitte 2022 laufen würden, sondern möglicherweise bereits im März oder April auslaufen könnten. Nachdem die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen zuvor wegen der Sorge um die US-Konjunktur eingebrochen waren, sind daraufhin die Zinsen etwas gestiegen. Das hat den Goldpreis ein wenig belastet, woraufhin er mit Kursen von rund 1.780 US-Dollar je Unze in die Nähe des Ein-Monats-Tiefs gesunken ist.

Powell steckt in der Klemme

Die Frage ist nur, warum Powell das ausgerechnet zu einem Zeitpunkt signalisiert, da die Aktienmärkte ohnehin unter Druck sind. Ich kann es mir nur so erklären, dass US-Präsident Joe Biden den Fed-Chef unter Druck gesetzt hat, etwas gegen die galoppierende Inflation zu unternehmen, schließlich sind Bidens Umfragewerte auf Talfahrt. Nach Powells Aussagen haben sich die Kursverluste beim Ölpreis ausgeweitet, was die Inflationssorgen dämpft. Zur Erinnerung: die US-Inflation war im Oktober auf 6,2 % nach oben geschossen, das war das höchste Niveau seit 1990 – als ein 31-Jahres-Hoch!

Allerdings müsste Powell doch bewusst sein, dass er sich selbst und die Fed insgesamt schwer in die Bredouille bringt. Zwar kann er mit falkenhaften Aussagen, also jenen in Richtung einer schnelleren Verschärfung der Geldpolitik, den Ölpreis nach unten reden und damit die Inflation ein wenig bekämpfen.

Allerdings sorgen Powells Aussagen zwangsläufig für zusätzlichen Abwärtsdruck auf den Aktienmarkt. Je schneller die mit weitem Abstand größte Blase aller Zeiten am Aktienmarkt platzen sollte und umso größer die Vermögensverluste der Aktienbesitzer damit sein sollten, umso mehr verschlechtert sich allerdings deren Stimmung, worauf sich die Verbraucher beim Konsum zurückhalten würden. Das würde die stark vom Konsum abhängige US-Wirtschaft schwer belasten, was wiederum zu neuen Turbulenzen am Aktienmarkt führen würde. Wie Powell aus dieser Zwickmühle herauskommen kann, ist mir völlig unklar.

Galoppierende Inflation in Deutschland und der Euro-Zone

Ebenso wie in den USA kennen die Verbraucherpreise auch in Deutschland und der Euro-Zone nur eine Richtung: nach oben. So war die Inflationsrate in Deutschland im November auf 5,2 % nach oben geschossen, das war das höchste Niveau seit 1992. Wenn man die Inflation nach der in der Euro-Zone üblichen Maßstäben berechnet, liegt sie in Deutschland sogar bei 6,0 %. Gleichzeitig ist die Inflation in der Euro-Zone auf 4,9 % nach oben geschossen – das ist ein Rekordhoch seit der Euro-Einführung im Januar 1999 – und lag damit weit über den Schätzungen der allzeit optimistischen Volkswirte von 4,4 %. Ich weiß wirklich nicht, warum die Volkswirte nicht endlich kapieren, dass wir eine rasant steigende Inflation haben.

Und was will die EZB dagegen tun? Na, absolut nichts. Zwar hat EZB-Direktorin Isabel Schnabel zuletzt ein paar Plattitüden verbreitet. “Sie müssen ja auch sehen, dass die EZB dem Ziel der Preisstabilität verpflichtet ist. Das heißt: wenn wir sehen, dass sich die Inflation dauerhaft auf einem höheren Niveau als 2 % festsetzen könnte, dann werden wir natürlich ganz entschlossen reagieren.” Allerdings würde eine kurzfristige Verschärfung der Geldpolitik die Konjunktur bremsen und damit den Arbeitsmarkt belasten.

Das sind allerdings nichts anderes als die üblichen Ausreden, wenn man trotz der höchsten Inflationsraten seit mehr als 30 Jahren von einer Verschärfung der Geldpolitik nichts wissen will. Schnabel weiß ganz genau, dass jede noch so kleine Verschärfung der Geldpolitik durch eine Drosselung der Anleihekäufe die Zinsen für hochverschuldete Länder, wie Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Portugal etwas nach oben treiben würden, woraufhin deren Schuldenmachen schnell gedämpft würde.

Dann wären diese Länder schnell in einer Rezession, während plötzlich die Sorgen der Investoren vor einer erneuten Schuldenkrise in der Euro-Zone hochkochen würden. Das können EZB-Chefin Christine Lagarde, Schnabel und viele ihrer Kollegen unter keinen Umständen zulassen. Umso mehr halten sie mit ihrer Politik den Euro auf Talfahrt gegenüber dem Dollar, was zwangsläufig die Inflation zusätzlich anheizt.

In dem Umfeld dürfte die Marke von 1,10 US-Dollar je Euro schnell näher rücken. Das wäre das niedrigste Niveau seit Mai 2020. Umso wichtiger ist es, sich gegen die immer höhere Inflation und die Talfahrt des Euro mit physischem Gold zu schützen. Gegenüber dem Stand von vor einem Jahr ist der Goldpreis auf Euro-Basis um 5,5 % gestiegen. Das kann sich mehr als sehen lassen, zumal das Risiko steigt, dass sich der jüngste Kursrückgang beim DAX in den nächsten Wochen deutlich ausweitet.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.