Das Jahr neigt sich seinem Ende zu und mit ihm womöglich auch die Korrektur am Gold- und Silbermarkt. Über dreieinhalb Monate dauert bereits die Korrektur des vorherigen starken Anstiegs. In den letzten acht Jahren bildete der Goldpreis fast immer Mitte Dezember bis Neujahr einen Boden aus, um dann mit neuer Kraft im neuen Kalenderjahr wieder anzusteigen. Angesichts der bereits relativ langen Korrekturphase ist eine Fortsetzung des Musters denkbar. Es gibt jedoch auch politische Risiken, die dagegensprechen und den Goldpreis noch einmal bis in das neue Jahr hinein belasten könnten. Die Umverteilung von Geld über die Druckerpresse zur Linderung der kurzfristigen Finanzprobleme von Unternehmen und Verbrauchern, die unter dem erneuten Lockdown in Teilen Europas und den USA leiden, verzögert sich aktuell hüben wie drüben. Dadurch fehlt in der aktuellen Rezession neues Zentralbankgeld zur Bekämpfung deflationärer Tendenzen, die mit der wachsenden Kreditkontraktion aufgrund zunehmender Unternehmenspleiten wieder stärker werden.
In sieben der letzten acht Jahre beendete der Goldpreis zum Jahreswechsel seine Korrektur
In den USA ist die Wahl des 46. Präsidenten immer noch nicht entschieden und Republikaner sowie Demokraten kämpfen um das höchste Amt sowie die Mehrheit im US-Senat. Die Fronten sind verhärtet und es herrscht ein offener Konflikt zwischen den beiden großen Parteien Amerikas. Das von den Börsenbullen lang erhoffte Wirtschaftspaket in Höhe von zwei Billionen US-Dollar liegt damit auf Eis und wird womöglich erst nach der Vereidigung des neuen Präsidenten am 20. Januar 2021 beschlossen werden können. Auch dann dürfte noch einmal Zeit vergehen, bis letztlich die Schecks an die Bevölkerung verschickt werden. Je nachdem, wer die Wahl für sich entscheiden und die Mehrheit im Senat erringen kann, könnte das Hilfspaket viel kleiner ausfallen als es sich die Börsenbullen wünschen.
USA und EU – eine ähnliche Situation
In Europa ist die Lage ähnlich, denn hier verhindern Ungarn und Polen mit ihrer Stimme die Verabschiedung von 1,8 Billionen Euro für den EU-Haushalt und den „Corona-Wiederaufbaufonds“. Polen lehnt eine weitergehende Integration über den Rechtsstaatsmechanismus ab, mit dem die EU in letzter Konsequenz die Mittel kürzen kann, wenn ein Mitgliedsland nicht auf der Gemeinschaftslinie ist. Polen und Ungarn wünschen unabhängige Nationen in einem Zusammenschluss von Staaten in einem Binnenmarkt zu sein, wogegen sie den EU-Superstaat ablehnen. Man nutzt die Gunst der Stunde, um zum Widerstand gegen eine zu mächtig gewordene Union aufzurufen.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erklärte, die schwachen Mitglieder der Union würden durch den Rechtsstaatsmechanismus in die Ecke gedrängt. Viktor Orban fürchtet gar, die EU könne eine „zweite Sowjetunion“ werden. Während die Verfechter eines EU-Superstaats kaum bereit sind, eine Verwässerung des Rechtsstaatsmechanismus hinzunehmen, gehe es Polen und Ungarn an diesem Punkt nicht mehr um Geld, sondern um deren Identität und nationale Souveränität.
Die Europäische Union befindet sich an einem politischen Scheideweg, ebenso wie die USA, die aktuell so gespalten sind wie zuletzt vor dem Bürgerkrieg. Bei der US-Wahl stehen sich auch Parteien mit Werten und Ideen gegenüber, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Die politische Handlungsunfähigkeit sorgt beiderseits dafür, dass die rezessiven Marktkräfte wieder Überhand gewinnen und deflationäre Effekte ein Problem für die Hausse an den Märkten werden könnten.
Im März hatte die US-Regierung ein Stimuluspaket in Höhe von 2,2 Billionen US-Dollar geschnürt, doch acht Monate später beginnt es bereits, seine inflationäre Wirkung zu verlieren. Die Banken könnten durch weitere Kreditausfälle in Schieflage geraten und eine Pleitewelle droht die Märkte selbst nominal zu belasten, während sie sich seit letztem Jahr real bereits in einem Bärenmarkt befinden. Deshalb drängt beispielsweise der CEO von JP Morgan, Jamie Dimon, den US-Kongress zur Verabschiedung eines zweiten Stimuluspaketes. In Europa sieht die EZB Kredite im Volumen von 1,4 Billionen Euro als gefährdet an, was die schwachen europäischen Banken an den Rand des Abgrunds bringen könnte, wenn diese ausfallen.
Die fehlende Inflation zum Jahresende könnte nun noch einmal zu einer Korrektur am Aktienmarkt sowie am Edelmetallmarkt in den nächsten Wochen führen. Wir rechnen jedoch damit, dass womöglich gegen Jahresende oder spätestens Ende Januar den Märkten neue Liquidität zur Verfügung stehen und somit weitere Pleiten und Ausfälle verschoben werden können. Die neuen Schulden werden über die Schaffung von Geld aus dem Nichts über die Notenbanken als Käufer der emittierten Staatsanleihen finanziert werden, was den Euro sowie den US-Dollar abwerten wird. Gold und Silber dürften dann ihre Korrektur beenden und wieder die Vorjahreshochs anvisieren. Im neuen Kalenderjahr erwarten wir eine weitere massive Inflation der Zentralbankgeldmenge und somit weiter steigende Edelmetallpreise.