Die Massenmedien und zahlreiche Experten haben den US-Arbeitsmarktbericht gefeiert. Komischerweise sind aber die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach unten gerauscht. Das hat den Goldpreis beflügelt.

Nachdem die Fed bei der Sitzung am 16. Juni mit der Diskussion über die Drosselung der QE-Anleihekäufe begonnen hatte, hatten Investoren noch gespannter als ohnehin üblich auf den Arbeitsmarktbericht für Juni gewartet. Er ist am vergangenen Freitag, 2. Juli veröffentlicht worden. Denn je nachdem wie er ausfallen würde, könnte das laut der Einschätzung der Anleger dazu führen, dass die US-Notenbank ihre Diskussion noch schneller vorantreiben würde als zuvor erwartet. Der Bericht hat tatsächlich für Furore gesorgt, wie die Reaktion bei US-Zinsen, S&P500 und US-Dollar klar gezeigt haben.

So waren im Juni 850.000 neue Jobs geschaffen worden, das lag deutlich über den Schätzungen der Volkswirte von rund 700.000. Daher haben etliche Massenmedien und Experten die Daten als „stark“ bezeichnet. Dennoch stagnierte die Zahl der Beschäftigten bei 151,6 Mio., während die Zahl der Arbeitslosen sogar von 9,3 Mio. auf 9,5 Mio. geklettert ist. Laut diesen Zahlen sind also praktisch keinerlei neue Jobs entstanden.

Wie kann das sein, wenn doch angeblich 850.000 neue Jobs geschaffen sein sollen? Das Problem ist, dass die Zahlen aus zwei verschiedenen Umfragen stammen. Die Zahl der neu geschaffenen Jobs stammt aus einer Umfrage unter rund 144.000 Unternehmen und staatlichen Behörden, während die Daten zu den Beschäftigten und Arbeitslosen aus einer Umfrage unter 60.000 privaten Haushalten stammt. Dass sich die Zahlen aus beiden Umfragen teilweise völlig widersprechen, ficht das Arbeitsministerium, dass die Daten veröffentlicht, in keinster Weise an – es feiert die Zahl der neu geschaffenen Stellen in seiner Pressemeldung.

Einbruch der US-Zinsen zieht US-Dollar mit nach unten

Offensichtlich haben die Investoren am US-Anleihenmarkt aber ihre eigenen Schlüsse gezogen – sprich die Zahlen als schwach eingestuft und auf Konjunktursorgen kräftig Anleihen gekauft, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf 1,43 % eingebrochen sind – das ist ein Vier-Monats-Tief. Zumal die Arbeitslosenquote leicht gestiegen ist von 5,8 % auf 5,9 %, während Volkswirte einen Rückgang auf 5,6 % vorhergesagt hatten.

Daraufhin ist der S&P500 auf ein neues Rekordhoch geklettert, weil Investoren auf der verzweifelten Suche nach Rendite bei sinkenden Zinsen bei Aktien zugegriffen haben. Das war der 7. Tag in Folge mit einem Rekordhoch in Folgen, letztmals gab es das 1997. Zudem hatte sich der Goldpreis nach der Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts bis auf 1.795 US-Dollar je Unze erholt, ehe die Notierung einen Teil der Gewinne abgegeben hat.

Der Grund: der Realzins auf Basis zehnjähriger Inflationsgeschützter Anleihen – üblicherweise ein starker Einflussfaktor auf den Goldpreis – ist auf minus 0,89 % eingeknickt. Damit nähert er sich allmählich dem Rekordtief von minus 1,08 % vom 4. Januar 2021. Die US-Wirtschaft ist offenbar so „stark“, dass sich der Realzins dem Rekordtief nähert.

Viele Investoren und ich muss gestehen ich auch, verweisen häufig auf diesen Realzins, zumal man dessen Chart leicht im Internet findet. Der tatsächliche Realzins ist aber viel niedriger. Bei Zinsen für „normale“ zehnjährige US-Anleihen von 1,43 % und einer offiziellen Inflationsrate von 5,0 % liegt der Realzins bei minus 3,57 % – das ist das niedrigste Niveau seit 1980!

Die US-Wirtschaft ist so „stark“, dass die Fed den Realzins auf das tiefste Niveau seit 1980 drücken musste und dort auch halten müsste, um die hochverschuldete US-Wirtschaft am Laufen zu halten – Wahnsinn.

Der Einbruch der US-Zinsen hat den US-Dollar nach der kräftigen Erholung seit der Fed-Sitzung etwas mit nach unten gezogen, woraufhin der Goldpreis von einer zweiten Seite aus Rückenwind hatte.

Fed will sich gegen die Blase am Aktien- und Immobilienmarkt stemmen

Ich gehe davon aus, dass die Fed trotz des meiner Meinung nach schwachen Arbeitsmarktberichts in den nächsten Wochen und Monaten die Diskussion über eine Drosselung der Anleihekäufe weiter anheizen wird. Wieso? Weil meiner Meinung nach die Fed versucht zu verhindern, dass die größten Blasen aller Zeiten am Aktien- und Immobilienmarkt noch größer werden. Jeden Monat, an dem die Fed nicht gegensteuert, sondern weiterhin für netto 120 Mrd. US-Dollar Staats- und Hypothekenanleihen kauft und damit die Zinsen niedrig hält, pumpt die Fed die Blasen immer weiter auf.

Wenn sie allerdings eines Tages platzen sollten, hätte das verheerende Folgen für die US-Wirtschaft. Wenn die Amerikaner Vermögenverluste in Billionenhöhe erleiden sollten, würden die Verbraucher kräftig auf die Ausgabenbremse treten, woraufhin die stark konsumabhängige Wirtschaft schnell in eine Rezession abrutschen würde. Das muss die Fed unter allen Umständen verhindern, ansonsten muss sie in der nächsten Krise noch viel mehr Geld drucken als bislang ohnehin schon, um die Lage unter Kontrolle zu bringen – sprich die Blase erneut aufpumpen.

Die Aussichten für Gold bleiben hervorragend. Je mehr die Fed die Diskussion über die Drosselung anheizt, umso mehr sollten die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf Talfahrt bleiben, weil die Fed weniger Geld als bislang in das Finanzsystem und damit teilweise in die Realwirtschaft pumpen würde, womit sich die Konjunkturperspektiven eintrüben. Umso mehr verbessert sich aber das Umfeld für Gold, weil der Realzins weiter sinken dürfte, während gleichzeitig der US-Dollar auf Talfahrt sein sollte. Und umso mehr sollte es sich lohnen, die günstigen Goldpreise zu nutzen, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.