Nach der EZB- ist vor der Fed-Sitzung. Letztere könnte für Kursauschläge bei Gold sorgen, nachdem der Kurs zuletzt deutlich unter Druck war.

Das Jahr 2024 geht zügig zu Ende und viele Anleger dürften sehr zufrieden sein, sind doch S&P 500 und DAX auf Rekordfahrt. Während der US-Index gegenüber Ende 2023 um stattliche 27,5 Prozent nach oben geschossen ist, hat der DAX trotz der schwachen Konjunktur in Deutschland und der Eurozone immerhin um 20,8 Prozent zugelegt.

Zwar hat der Goldpreis zuletzt deutlich nachgegeben. Das lag neben den deutlich gestiegenen Zinsen für 10-jährige US-Anleihen auch an dem gestiegenen Dollar. Dennoch hat die Notierung des Edelmetalls gegenüber Ende 2023 um herbe 28,2 Prozent zugelegt. Das kann sich mehr als sehen lassen.

Inflation in der Eurozone steigt

Am vergangenen Donnerstag waren die Augen vieler Investoren auf die EZB-Sitzung gerichtet. Dabei hat die EZB den Zinssatz für Bankeinlagen – darüber steuert die EZB aktuell die Geldpolitik – um 25 Basispunkte (0,25 Prozentpunkte) auf 3,0 Prozent gesenkt. Das war die vierte Zinssenkung in Folge, womit der Zinssatz auf dem niedrigsten Niveau seit April 2023 liegt.

Der Grund für die Zinssenkung kann kaum die Inflationsrate gewesen sein, ist sie doch in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen und lag im November mit 2,3 Prozent auf dem höchsten Niveau seit Juli (2,6 Prozent). Die EZB behauptet zwar, dass der jüngste Anstieg der Inflationsrate nur auf Sondereffekte zurückzuführen sei und dass die Inflationsrate künftig zurückgehen werde, von 2,3 Prozent für das erste Quartal 2025, über jeweils 2,1 Prozent für das zweite und das dritte, um schließlich im vierten Quartal bei 2,0 Prozent zu landen.

Letzteres war die Begründung, weshalb die EZB bereits bei der Sitzung am 18. Juli 2024 mit ihrem Zinssenkungszyklus begonnen hatte. Ich bin allerdings der Überzeugung, dass die Inflationsraten ab Frühjahr nicht zurückgehen, sondern vielmehr steigen dürften, weil sich das Wachstum der Geldmenge in der Eurozone in den vergangenen Monaten deutlich beschleunigt hat.

Und wenn die Wirtschaft der Eurozone in den nächsten Quartalen – unter anderem wegen den möglichen Strafzölle des nächsten US-Präsidenten Donald Trump – schwach sein sollte und sich gleichzeitig das Wachstum der Geldmenge weiter beschleunigen sollte, dann dürfte auch die Inflationsrate – entgegen der Behauptung von EZB-Chefin Christine Lagarde – ab Frühjahr 2025 wieder steigen. Umso wichtiger wäre es, sich weiter mit dem Besitz von physischem Gold, gegen den anhaltenden Kaufkraftverlust zu schützen.

EZB öffnet Tür weit für weitere deutliche Zinssenkungen

Auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung hat Lagarde gesagt, dass die Geldpolitik künftig nicht mehr „restriktiv“ sein müsse, also die Zinsen nicht mehr so hoch sein müssten, um die Wirtschaft zu bremsen und so die Inflation zu bekämpfen. Im Klartext: Die EZB hat die Tür weit aufgemacht für weitere deutliche Zinssenkungen.

Klar hat Lagarde einmal mehr beteuert, dass mögliche weitere Zinssenkungen „datenabhängig“ seien und die EZB „von Sitzung zu Sitzung“ entscheiden werde. Allerdings sollte jedermann klar sein, dass bei einer anhaltenden Konjunkturschwäche die EZB in den nächsten Quartalen die Zinsen kräftig senken dürfte. Meiner Meinung nach sollte es bis Jahresmitte 2025 zügig auf 2,0 Prozent abwärts gehen, und anschließend noch deutlich tiefer gehen. Je tiefer aber die Zinsen sinken sollte, umso attraktiver würde Gold werden.

Deutsche Wirtschaft befindet sich im Niedergang

Einer der größten Belastungsfaktoren für die Wirtschaft der Eurozone ist leider die deutsche Wirtschaft. Dass der ifo Geschäftsklimaindex im Dezember von 85,6 auf 84,7 Punkten gesunken ist, und damit das niedrigste Niveau seit Mai 2020, also dem Höhepunkt der Pandemie, erreicht hat, sollte niemanden überraschen.

Zwar haben die deutschen Unternehmen ihre aktuelle Lage als etwas besser eingeschätzt als im November, allerdings sind die Erwartungen im Dezember auf 84,4 Punkte eingebrochen – das ist der niedrigste Wert seit Januar 2024. Die Aussichten für die deutsche Industrie sind also leider zappenduster.

Die Menschen in unserem Land können daher nur hoffen, dass die neue Regierung nach der Wahl am 23. Februar 2025 eine drastische Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik einleitet und den weiteren Niedergang der hiesigen Wirtschaft verhindert. Das wird allerdings ein sehr schwieriges Unterfangen.

In USA verharrt Inflation seit Monaten auf erhöhtem Niveau

Erst einmal rückt aber die Fed-Sitzung am Mittwochabend, 18. Dezember in den Fokus der Investoren. Viele von ihnen erwarten, dass die Fed den Leitzins erneut um 25 Basispunkte auf dann 4,25 bis 4,5 Prozent senken wird.

Dabei ist die Inflation auch in den USA schon seit etlichen Monaten nicht mehr auf dem Weg nach unten, sondern stagniert vielmehr auf einem erhöhten Niveau. So ist die Kernrate des PCE-Preisindex, also der um Nahrungsmittel und Energie bereinigte PCE-Preisindex, im Oktober auf 2,8 Prozent gestiegen, nach 2,6 Prozent für September. Das war das höchste Niveau seit April 2024. Die Kernrate ist der bevorzugte Inflationsindikator der Fed und nicht etwa die offizielle Inflationsrate.

Auch die Fed-Mitglieder behaupten, dass der Anstieg der Kernrate auf Sondereffekte zurückzuführen und damit vorübergehend sei. Das Problem dabei: auch in den USA hat sich in den vergangenen Monaten das Wachstum der Geldmenge deutlich beschleunigt.

Und wenn der neue Präsident Trump wie erwartet massiv Schulden machen sollte, und es damit erneut eine Dollar-Schwemme geben sollte, dürfte das die Inflation zusätzlich anheizen.

Wie sieht Zinsprognose der Fed aus?

Das gäbe der Fed auf den ersten Blick einen hervorragenden Grund, im nächsten Jahr die Zinsen nicht so stark zu senken wie bislang signalisiert. Bei der Sitzung im September 2024 hatte nämlich die Fed für Ende 2025 einen Zinssatz von 3,4 Prozent in Aussicht gestellt, was der Mitte der Spanne von 3,25 bis 3,5 Prozent entspricht.

Inzwischen erwarten viele Investoren für Ende 2025 aber einen Zinssatz von 3,75 bis 4,0 Prozent.  Damit würde die Fed im Jahr 2025 die Zinsen um lediglich 50 Basispunkte senken. Sollte die Fed das nach der Sitzung am 18. Dezember 2024 so ankündigen, könnte das für etwas Unruhe an den Märkten sorgen, läge die neue Prognose doch um 50 Basispunkte über der bisherigen.

Wie auch immer die neue Zinsprognose der Fed aussehen mag, Investoren sollten sich davon nicht verunsichern lassen. Denn ich bin weiterhin der festen Überzeugung, dass Trump nach seinem Amtsantritt massiven Druck auf Fed-Chef Jay Powell ausüben wird, damit er trotz erhöhter oder möglicherweise sogar weiter steigender Inflationsraten den Leitzins nicht etwa erhöhen, sondern vielmehr senken wird.

Zur Erinnerung: die Zinszahlungen der Regierung in Washington sind im dritten Quartal 2024 auf annualisiert 1,1 Billionen Dollar gestiegen – ein neuer Rekord. Trump wird es wohl kaum zulassen, dass die Zinszahlungen des Staates auf Dauer der mit weitem Abstand größte Posten im Haushalt sein werden, will doch Trump unter anderem kräftig die Steuern senken und gleichzeitig verstärkt in die Rüstung investieren. Da sind sehr niedrige Zinsen ein Muss!

Sollte meine Erwartung Realität werden, – und bis zu Trumps Amtsantritt dauert es kaum mehr als einen Monat -, wäre das ein glänzendes Umfeld für Gold. Steigende Inflationsraten und dennoch sinkende Zinsen – kann es ein besseres Umfeld für das Edelmetall geben? Ich glaube nicht.

Lassen Sie sich daher nicht von dem jüngsten Kursrücksetzer bei Gold verunsichern. Meiner Meinung nach sind die Aussichten für das Edelmetall weiterhin glänzend. Daher macht es Sinn, die etwas niedrigeren Kurse zu nutzen, um den Bestand an physischem Gold weiter aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.