Die Aktienmärkte sind ebenso auf Höhenflug wie der Goldpreis. Umso entspannter warten Investoren auf die nächste Zinssenkung der EZB.

Die Stimmung vieler Anleger könnte besser kaum sein, schließlich steigen S&P 500 und DAX von einem Rekordhoch zum nächsten. Zudem ist der Goldpreis zuletzt in die Nähe seines Rekordhochs geklettert.

Die Gründe für diese Entwicklungen bei Aktien und dem Edelmetall haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten zahllose Male besprochen, von den alltäglichen Ankündigungen neuer Stimulus-Maßnahmen in China, über die Zinssenkungen der Fed und die US-Präsidentschaftswahl am 5. November, bis hin zu den Zinssenkungen der EZB.

All diese Faktoren haben eins gemeinsam: Sie kurbeln die Wirtschaft an und heizen damit die Inflation an. Gleichzeitig wollen Fed und EZB die Zinsen weiter senken, wodurch der Realzins (Nominalzins minus Inflationsrate) sinkt. Das ist ein prächtiges Umfeld, sowohl für Aktien als auch für Gold.

Das Edelmetall notiert bei rund 2.675 Dollar je Unze und bei der kleinsten positiven Nachricht dürfte der Preis auf neue Rekordhochs klettern.

Dabei waren die jüngsten Inflationsdaten aus den USA etwas schlechter als erwartet. Zwar war die Inflationsrate im September leicht zurückgegangen auf 2,4 Prozent und damit auf das niedrigste Niveau seit Februar 2021. Das lag allerdings leicht über den Schätzungen der Volkswirte von 2,3 Prozent, nach 2,5 Prozent für August.

Zudem war die Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, im September leicht gestiegen auf 3,3 Prozent, nach 3,2 Prozent für August.

Nachdem die US-Inflationsdaten also etwas schlechter waren als erwartet und der am 4. Oktober veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht viel besser war als erwartet, gehen Investoren davon aus, dass die Fed bei der nächsten Sitzung am 7. November, also 2 Tage nach der Präsidentschaftswahl vom 5. November, den Leitzins dennoch um 25 Basispunkte auf 4,5 bis 4,75 Prozent senken dürfte. Das heizt die Party an den Aktienmärkten und bei Gold an.

Warten auf EZB-Sitzung

Als nächstes sind die Augen der Investoren allerdings auf die EZB-Sitzung am Donnerstag, 17. Oktober gerichtet. Um 14.15 Uhr gibt die EZB die Ergebnisse ihrer Sitzung bekannt, um 14.45 Uhr beginnt die Pressekonferenz mit EZB-Chefin Christine Lagarde.

Für viele Investoren ist es ausgemachte Sache, dass die EZB die Zinsen diesmal erneut senkt, das wäre schon die dritte Senkung in diesem Zyklus. So soll der Einlagenzins für die Banken – darüber steuert die EZB die Geldpolitik – diesmal um 25 Basispunkte auf 3,50 Prozent sinken.

Der Hauptgrund für die andauernden Zinssenkungen der EZB sollte jedermann klar sein: Es liegt meiner Meinung nach nicht etwa daran, dass die Inflationsrate in der Eurozone im September auf 1,8 Prozent gesunken war und damit zum ersten Mal seit Juni 2021 (1,9 Prozent) unter dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB lag. Schließlich hat EZB-Chefin Lagarde selbst angekündigt, dass die Inflation im vierten Quartal 2024 wieder steigen werde, was allerdings an Sondereffekten liege.

Zur Erinnerung: Die Verbraucherpreise in der Eurozone liegen um rund 20 Prozent über dem Niveau von vor dem Beginn der Corona-Pandemie. Da ist es absolut kein Trost, wenn die Inflationsrate mal einen Monat unter dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB liegt. Denn eine Inflationsrate von 1,8 Prozent bedeutet einen entsprechenden Kaufkraftverlust. Ich und viele Verbraucher in der Eurozone habe allerdings absolut kein Interesse daran, dass unsere Kaufkraft immer weiter sinkt.

Der Hauptgrund für die Zinssenkungen der EZB ist die schwache Konjunktur in der Eurozone, meiner Meinung nach gibt es praktisch kein Wirtschaftswachstum, vielmehr dürfte die Wirtschaft am Rande der Stagnation sein. Also nimmt die EZB ihren Fuß noch weiter von der Bremse, obwohl das die Inflation anheizt.

Wie macht die EZB weiter?

Zudem dürfte die EZB einmal mehr betonen, dass die nächsten Maßnahmen der EZB „datenabhängig“ seien. Das bedeutet nichts anderes, als dass im Fall weiterer schwacher Konjunkturdaten aus der Eurozone die EZB bei der darauffolgenden Sitzung am 12. Dezember den Einlagenzins für die Banken erneut senken wird.

Gespannt bin ich auch, wie oft Lagarde auf der Pressekonferenz das Wort „Disinflation“ verwenden wird, also einen Rückgang der Inflationsraten. Je öfter Lagarde das Wort benutzen sollte und damit Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen schüren würde, umso mehr sollte das die Zinsen in der Eurozone nach unten ziehen – und damit gleichzeitig den Euro belasten.

Der Grund für die jüngste Schwäche des Euro gegenüber dem Dollar ist meiner Meinung nach, dass viele Investoren davon ausgehen, dass die Fed nach einer Serie überraschend guter US-Konjunkturdaten den Leitzins in den nächsten Monaten eventuell doch nicht so stark senken könnte, wie zuvor erwartet.

Je aggressiver allerdings die EZB die Zinsen senken sollte im Vergleich zur Fed, umso mehr würde der Euro gegenüber dem Dollar unter Druck kommen, was die Inflation in der Eurozone weiter anheizen würde. Umso wichtiger ist es, sich gegen diese Politik der EZB, dich ich in den vergangenen Jahren zahllose Male als „irrwitzig“ bezeichnet habe, durch den Besitz von physischem Gold zu schützen.

Meiner Meinung nach hat die EZB selbst vor allem ein Ziel: die Zinsen für die hochverschuldeten Südländer Spanien, Italien, Frankreich und Griechenland so niedrig wie möglich zu halten, damit die Schuldensause der dortigen Regierungen weitergehen kann. Den Preis dafür zahlen alle Bürger der Eurozone mit einem massiven Kaufkraftverlust. Das ist die bittere Realität!

Die mittel- und langfristigen Aussichten für Gold bleiben hervorragend. Ein Umfeld, in dem sich meiner Meinung nach eine neue, heftige Inflationswelle aufbaut, während gleichzeitig Fed und EZB die Zinsen senken, und damit der Realzins sinkt, ist ein sensationelles Umfeld für das Edelmetall.

Daher macht es weiter Sinn, die eigenen Bestände an physischem Gold weiter deutlich aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.