Der kräftige Anstieg an den Aktienmärkten hatte durch die Rede von Fed-Chef Jay Powell neuen Rückenwind bekommen. Allerdings gab es anschließend einen deutlichen Dämpfer für die Party. Umso wichtiger wird die Fed-Sitzung am kommenden Mittwoch.

Die Verunsicherung vieler Investoren hat zuletzt merklich zugenommen. Könnte nach der rasanten Erholung der vergangenen Wochen bei S&P 500, Nasdaq und DAX die von vielen Anlegern erhoffte Jahresendrally etwa ausfallen und die Märkte stattdessen nach unten drehen? Das Risiko dafür ist zuletzt deutlich gestiegen.

Dabei hatte nach der Rede von Fed-Chef Jay Powell vom vergangenen Mittwoch, 30. November noch alles so rosig ausgesehen. Powell hatte gesagt, dass die sogenannte Terminal Rate, als der Höhepunkt bei den Leitzinsen in diesem Zyklus, nur „etwas höher“ sein werde, als die Fed bei ihrer Sitzung im September prognostiziert hatte. Das ist nur eine kleine Veränderung, nachdem Powell bei der darauffolgenden Sitzung im November noch von „höher“ gesprochen hatte, umso euphorischer hatten Investoren Powells Aussage gefeiert.

Zudem hatte Powell gesagt, dass ein „soft Landing“ gelingen könne, dass also am Ende des Zinserhöhungszyklus die US-Wirtschaft leicht wachsen könnte und damit eine Rezession verhindert werden könne. Außerdem würde es „zaghafte“ Lichtblicke bei der Inflation geben, nachdem die Inflationsrate in den vergangenen Monaten gesunken sei. Auf Powells Aussagen hin waren die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen eingebrochen, während die Terminal Rate auf unter 5,0 Prozent kollabiert ist. Im Gegenzug waren S&P 500, Nasdaq und DAX nach oben geschossen.

Gleichzeitig hatten die sinkenden US-Zinsen den Dollar mit nach unten gezogen, woraufhin der Goldpreis gleich von zwei Seiten Rückenwind hatte und bis auf 1.800 Dollar je Unze nach oben geschossen war. Damit lag die Notierung des Edelmetalls in der Nähe des Dreieinhalb-Monats-Hochs.

Überraschend starke US-Daten sorgen für Kurseinbruch bei Aktien

Die Party an den Aktienmärkten dauerte allerdings nur wenige Tage, gab es doch anschließend einige überraschend gute US-Konjunkturdaten. Sie haben die Sorge geschürt, dass die Fed die Leitzinsen doch stärker anheben könnte als zuvor erwartet, woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kurz nach oben geschossen sind und S&P 500 und Nasdaq eingebrochen sind.

So war der am Montag, 5. Dezember veröffentlichte Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management (ISM) für den US-Dienstleistungssektor im November von 54,4 Punkte auf 56,5 Punkte nach oben geschossen, wohingegen Volkswirte einen Rückgang auf 53,5 Punkte vorhergesagt hatten. Der November-Wert signalisiert einem Boom in dem Bereich, der rund 70 Prozent der US-Wirtschaftsleistung ausmacht. Der Kursrutsch an den US-Aktienmärkten hatte auch den DAX etwas mit nach unten gezogen.

US-Anleihenmarkt schreit Rezession

Genau so schnell wie die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen aber nach oben geschossen waren, sind sie anschließend aber wieder nach unten gerauscht. Denn Investoren wissen, dass je höher die Fed die Zinsen anheben wird und je länger sie auf einem hohen Niveau sind, umso schwerer wird die anschließende Rezession der hochverschuldeten US-Wirtschaft werden.

Powells andauernde Aussagen, dass die Fed die Leitzinsen weiter erhöhen will, wenn auch in etwas geringerem Ausmaß als bislang, müssten eigentlich die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nach oben treiben. Stattdessen sind sie zuletzt aber auf 3,50 Prozent eingebrochen. Das ist ein Einbruch um 70 Basispunkte (0,7 Prozentpunkte) gegenüber dem Stand von vor einem Monat – das ist eine gewaltige Bewegung und zeigt, wie stark die Rezessionssorgen der Investoren zunehmen!

Und was haben S&P 500, Nasdaq und DAX bislang gemacht? Na Party, hauptsächlich wegen der Hoffnung, dass die Fed bald eine „Zinspause“ einlegen könnte, gefolgt von anschließend umso kräftigeren Zinssenkungen – das ist der eigentliche Grund für die Rally an den Aktienmärkten. Dass die Fed die Zinsen aber nur im Umfeld einer Rezession senken dürfte, wobei die Gewinne der US- und der deutschen Unternehmen einbrechen dürften, diesen Gedanken ignorieren viele Anleger bislang.

Wie verheerend die Aussichten für die hochverschuldete US-Wirtschaft aber tatsächlich sind, zeigt der Zinsaufschlag für zehnjährige US-Anleihen gegenüber zweijährigen unmissverständlich. Er ist auf minus 82 Basispunkte kollabiert, das ist der niedrigste Wert seit 41 Jahren. Der US-Anleihenmarkt schätzt also die Aussichten für die US-Wirtschaft als so schlecht ein, wie seit mehr als 41 Jahren nicht mehr!

Viele Anleger hoffen, dass – ebenso wie in den vergangenen Wochen – die sinkenden US-Zinsen die Aktienmärkte nach oben treiben könnten. Allerdings könnten sich Investoren plötzlich darauf fokussieren, dass die sinkenden US-Zinsen plötzlich eine schnell heraufziehende Rezession widerspiegeln dürften. Umso kräftiger könnten Investoren in dem Umfeld den Verkaufen-Knopf bei Aktien drücken.

Warten auf Fed-Sitzung…

Umso gespannter warten Investoren auf die Veröffentlichung der US-Inflationsdaten am Dienstag, 13. Dezember, tags darauf findet die Fed-Sitzung statt. Laut den Schätzungen der Volkswirte soll die US-Inflationsrate im November leicht zurückgegangen sein auf 7,6 Prozent, nach 7,7 Prozent für Oktober. Das war das niedrigste Niveau seit Januar (7,5 Prozent).

Für viele Investoren ist es ausgemachte Sache, dass die Fed die Leitzinsen am kommenden Mittwoch, 14. Dezember um 50 Basispunkte auf 4,25 bis 4,5 Prozent anheben wird. Von großer Bedeutung wird dann die Pressekonferenz mit Fed-Chef Jay Powell sein. Er muss versuchen, die plötzlich zunehmenden Rezessionssorgen zu zerstreuen. Wenn ihm das nicht gelingen sollte, dürften die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen einbrechen und gleichzeitig die Aktienmärkte nach unten rauschen.

Da die möglicherweise sinkenden Zinsen auch den Dollar mit nach unten ziehen dürften, sollte der Goldpreis neuen Auftrieb bekommen. Bei der Rückkehr der Turbulenzen an den Aktienmärkten sollte Gold als sicherer Hafen in den Fokus rücken.

… und EZB-Sitzung

Tags drauf am Donnerstag, 15. Dezember findet die EZB-Sitzung statt. Im November war die Inflationsrate in der Euro-Zone auf 10,0 Prozent gesunken, nach 10,6 Prozent für Oktober. Trotz der horrenden Inflationsrate gehen viele Investoren davon aus, dass die EZB die Leitzinsen bei der Sitzung um lediglich 50 Basispunkte auf mickrigen 2,5 Prozent anheben dürfte.

Um es noch einmal klar zu sagen: Damit wird die EZB die Inflation weiterhin nicht bekämpfen!

Um das tatsächlich zu tun, müssten die EZB die Leitzinsen über das Niveau der Inflationsrate anheben. Das ist unvorstellbar, sind doch viele Länder der Euro-Zone, wie Italien, Spanien, Frankreich, Griechenland und Portugal hoch verschuldet, weshalb jede noch so kleine Zinserhöhung diese Länder schwer in die Bredouille bringen würde.

Allerdings sind auch Deutschlands Schulden zuletzt auf mehr als 2,5 Billionen Euro nach oben geschossen. Das ist eine besorgniserregende Zahl, obwohl es „nur“ 67,2 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung sind. Vor dem Hintergrund dieser Schuldenmisere wird die EZB meiner Meinung nach auch in den nächsten Jahren gar nichts, aber auch absolut nichts zur Bekämpfung der Inflation tun. Umso unverzichtbarer wird der Besitz von physischem Gold sein, um sich gegen anhaltend hohe Inflation und damit den erheblichen Kaufkraftverlust zu schützen.

Ich werde die Entwicklung der Zinsen für zehnjährige US-Anleihen und die Reaktion der Aktienmärkte darauf weiter genau beobachten. Sollten die Zinsen weiter nach unten rauschen und die Aktienmärkten dennoch deutlich nachgeben, wäre das ein ganz schlechtes Zeichen. Umso mehr sollte Gold in einem Umfeld möglicherweise sinkender US-Zinsen und damit des sinkenden Dollar gefragt sein. Und umso mehr Sinn macht es, die eigenen Bestände an physischem Gold weiter deutlich aufzustocken.

Über den Autor

Egmond Haidt begann nach seiner Bankausbildung und dem BWL-Studium im Jahr 2000 als Redakteur bei BÖRSE ONLINE. Seit dem Verkauf von BÖRSE ONLINE an den Finanzen Verlag im Januar 2013 arbeitet Egmond als freier Finanzjournalist und schreibt über Themen wie Wirtschaft, Aktien, Währungen, Rohstoffe und Edelmetalle. Seit der 2008er-Schuldenkrise beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema Gold.