Vielen Investoren dämmert es zunehmend, dass die Fed und die EZB in den nächsten Monaten die Leitzinsen weiter deutlich anheben dürften. Das belastet die Aktienmärkte und leider auch den Goldpreis.
Hat an den Aktienmärkten in den USA eine Trendwende nach unten begonnen? Das dürften sich viele Investoren fragen, nachdem der S&P 500 gegenüber dem Sechs-Monats-Hoch vom 2. Februar um 5,0 Prozent nachgegeben und zuletzt auch allmählich den DAX belastet hat.
Für Abwärtsdruck an den Aktienmärkten diesseits und jenseits des Atlantiks sorgt vor allem der kräftige Zinsanstieg. So sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen mit knapp unter 2,7 Prozent auf das höchste Niveau seit 2011, also ein 12-Jahres-Hoch, nach oben geschossen. Zudem sind die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen auf 3,95 Prozent geklettert und nehmen damit das Hoch vom Oktober 2022 bei 4,25 Prozent ins Visier, was zugleich das höchste Niveau seit 2007 war.
In dem Umfeld war der Goldpreis zwischenzeitlich mit knapp unter 1.810 Dollar je Unze auf ein Zwei-Monats-Tief gesunken. Zuletzt hat sich die Notierung des Edelmetalls allerdings bis auf 1.345 Dollar erholt, weil der Dollar etwas nachgegeben hat.
Inflationsrate in Deutschland dreht nach oben…
Verantwortlich für den kräftigen Zinsanstieg sind Inflationsdaten aus Deutschland, anderen Euro-Ländern und den USA, die anzeigen, dass sich der Inflationsanstieg nach dem zwischenzeitlichen deutlichen Rückgang der vergangenen Monate, zumindest in den USA, plötzlich beschleunigt hat. Zudem gab es ein paar US-Konjunkturdaten, wie die Verkäufe neuer Häuser, die viel besser waren als Volkswirte vorhergesagt hatten. Das deutet daraufhin, dass die US-Wirtschaft besser läuft als erwartet, was laut der Einschätzung von Experten die Inflation einheizt. Das Motto dabei ist klar: Je besser die Konjunktur läuft, umso höher ist die Inflation, und umgekehrt.
So war die Inflationsrate in Deutschland im Januar auf herbe 8,7 Prozent gestiegen, nach 8,1 Prozent für Januar. Damit hat sich die Inflation also beschleunigt. Gleichzeitig ist die Kernrate, also die um Nahrungsmittel und Energie bereinigte Inflationsrate, von Dezember auf Januar von 5,2 auf 5,6 Prozent gestiegen. Meiner Meinung nach macht eine Kernrate absolut keinen Sinn, weil niemand auch nur ein paar Tage ohne Nahrungsmittel und Energie leben kann. Die Kernrate war ehemals eine Erfindung der Fed, weshalb aber Investoren umso mehr auf die Kernrate schauen.
… und auch in den USA
Ähnlich unerfreulich wie in Deutschland war die Inflationsentwicklung in den USA, zuletzt bei der Kernrate des PCE-Preisindex, dem bevorzugten Inflationsindikator der Fed. Die Kernrate hat sich im Januar auf 4,7 Prozent beschleunigt, während der Wert für Dezember von 4,4 auf 4,6 Prozent nach oben korrigiert worden ist. Volkswirte hatten für Januar aber einen leichten Rückgang auf 4,3 Prozent vorhergesagt, dann kann allerdings einmal mehr die Realität dazwischen.
Der PCE-Preisindex ist eine Erfindung der Fed. Dabei tut man so, dass die Amerikaner bei steigenden Preisen in dem einen Bereich auf preisgünstigere Güter ausweichen. Wenn also die Preise für Steaks kräftig steigen, steigen die Amerikaner auf Hamburger um, womit die Inflation also künstlich nach unten gerechnet wird. Bei der Kernrate wird zudem der Preisindex um Nahrungsmittel und Energie bereinigt.
Diese Daten schüren die Sorge, dass die Fed in den nächsten Monaten den Leitzins stärker anheben könnte als bislang erwartet. So ist die Terminal Rate, also der Höhepunkt beim Leitzins in einem Zyklus, auf knapp 5,4 Prozent für Juli gestiegen, während laut den Wetten vieler Investoren die Fed den Zins bis zum Jahresende auf dem hohen Niveau halten soll.
Welche Folgen weiter steigende Zinsen für die hochverschuldete US-Wirtschaft haben dürfte, kann sich jeder selbst ausmalen. So sind die Zinsen für 30-jährige Hypotheken- ebenso wie für Autokredite auf rund 7,0 Prozent gestiegen. Während der Immobilienmarkt längst erheblich schwächelt, sollte der Automarkt innerhalb weniger Monate folgen.
Jeder weitere Zinsanstieg in den USA sollte den dortigen Aktienmarkt noch stärker als ohnehin schon belasten, was auch für zunehmenden Abwärtsdruck auf den DAX sorgen dürfte. Da weiter steigende US-Zinsen zudem den Dollar nach oben ziehen sollten, hätte der Goldpreis allerdings weiterhin Gegenwind von zwei Seiten. Daher könnte sich der Kursrückgang bei der Notierung des Edelmetalls kurzfristig noch etwas ausweiten, leider.
Warten auf Inflationsdaten für Eurozone
Umso nervöser warten Investoren auf die Inflationsdaten für die Eurozone, die am Donnerstag, 2. März um 11 Uhr veröffentlicht werden. Denn sollten sie höher als erwartet ausfallen, dürften die Zinsen für Bundesanleihen weiter steigen und damit jene für US-Anleihen weiter nach oben drücken. Laut den Schätzungen der Volkswirte soll die Inflationsrate in der Eurozone im Februar etwas zurückgehen auf 8,2 Prozent, nach 8,6 Prozent für Januar. Damit wäre die Rate aber immer noch sehr hoch.
Zudem soll die Kernrate für Februar bei 5,3 Prozent liegen, womit das Rekordhoch vom Januar egalisiert würde. Das zeigt, wie hoch die unterliegende Inflation in der Eurozone weiterhin ist. Vor dem Hintergrund sollte es niemanden überraschen, dass die EZB bei der nächsten Sitzung am 16. März den Leitzins um 50 Basispunkte (0,5 Prozentpunkte) auf 3,5 Prozent anheben will.
Inzwischen gehen immer mehr Investoren davon aus, dass die Terminal Rate im Laufe des Jahres bis auf 4,0 Prozent, oder sogar noch etwas darüber hinaus klettern könnte. Damit kann man zwar eine Inflationsrate von 8 Prozent nicht bekämpfen, denn dazu müsste der Leitzins oberhalb der Inflationsrate liegen. Dennoch freuen sich Sparer über jede Zinserhöhung der EZB.
Möglicherweise sind die Inflationsdaten für die Eurozone für Februar sogar schlechter als erwartet. So waren die Inflationsraten für Frankreich und Spanien stärker gestiegen als erwartet. Das sorgt für Aufwärtsdruck bei der Rate für die Eurozone.
Die Frage ist allerdings, ob die EZB in den nächsten Monaten tatsächlich so kräftig an der Zinsschraube drehen wird. Schließlich war beispielsweise die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal überraschend um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft. Sollte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal diesen Jahres erneut zurückgehen – was ich für sehr wahrscheinlich halte -, womit ein zweites Minus in Folge zu Buche stünde, wäre die deutsche Wirtschaft in einer Rezession. Kein Wunder, halten sich doch Verbraucher bei der horrenden Inflation beim Konsum zurück.
Einkaufsmanagerindex für US-Dienstleistungssektor im Fokus
Tags darauf am Freitag, 3. März veröffentlicht das Institute for Supply Management (ISM) den vielbeachteten Index für den US-Dienstleistungssektor. Volkswirte haben einen leichten Rückgang bei dem Indikator vorhergesagt, womit sich das kräftige Wachstum in dem Sektor etwas abkühlen würde. Investoren hoffen, dass der Index schlechter ausfällt als erwartet, damit die Inflations- und damit die Zinsängste der Investoren zumindest kurz nachlassen. Falls es tatsächlich so kommt, könnte es zu einer Erholung an den Aktienmärkten und beim Goldpreis kommen.
Wie oben geschrieben, könnte der Goldpreis kurzfristig zwar noch etwas sinken. Das sollte sich allerdings als gute Gelegenheit herausstellen, um die eigenen Bestände an physischem Gold weiter aufzustocken. Denn ich bin weiterhin der festen Überzeugung, dass so hochverschuldete Volkswirtschaften wie die USA und viele Länder der Eurozone auf Dauer keine hohen Zinsen verkraften können. Das geht schlicht und einfach nicht!
Sollte es sich daher zur Jahresmitte abzeichnen, dass eine Rezession in den USA unmittelbar bevorsteht, sollte die Fed – entgegen der aktuellen Erwartung vieler Investoren – schnell auf einen Zinssenkungskurs umschwenken. Und die EZB sollte dem „Vorbild“ der Fed wie üblich sehr schnell folgen. Dann dürfte der Goldpreis in Richtung des Rekordhochs vom August 2020 bei rund 2.070 Dollar laufen und anschließend auf neue Spitzenwerte klettern.